China markiert einen bedeutenden Wendepunkt in der globalen Energieentwicklung durch den erfolgreichen Bau und Betrieb des weltweit ersten funktionierenden Thorium-Schmelzsalzreaktors (Molten Salt Reactor, MSR). Diese Errungenschaft, die auf Jahrzehnte alter, aufgegebener amerikanischer Forschung basiert, ist nicht nur ein technologischer Triumph, sondern auch ein entscheidender Schritt hin zu sauberer, sicherer und nachhaltiger Kernenergie. Seit jeher ist Kernenergie ein zweischneidiges Schwert – einerseits bietet sie enorme Energiemengen bei vergleichsweise geringer Umweltbelastung, andererseits aber auch das Risiko von gesundheitsschädlichem radioaktivem Abfall und der Möglichkeit der Nutzung für Waffenzwecke. Die bisher dominante Kernspaltungstechnologie beruht auf Uran, dessen Verarbeitung und Abfallproblematik die Branche vor zahlreiche Herausforderungen stellt. China geht mit dem Einsatz von Thorium nun einen neuen Weg, der diese Probleme weitgehend umgehen könnte.
Thorium ist ein natürlich vorkommendes radioaktives Element, das als Brennstoff für Kernreaktoren benutzt werden kann. Im Gegensatz zu Uran produziert Thorium bei der Kernspaltung weniger langlebigen und weniger gefährlichen radioaktiven Abfall. Zudem ist die Gefahr der Nutzung von Thorium zur Herstellung von Kernwaffen erheblich geringer, was sowohl nationalen als auch internationalen Sicherheitsbedenken entgegenkommt. Darüber hinaus ist Thorium weltweit in großen Mengen vorhanden, was die Versorgungssicherheit langfristig verbessern kann. Der Kern des technologischen Fortschritts Chinas liegt in der Entwicklung eines Schmelzsalzreaktors, in dem das Thorium nicht in herkömmlichen festen Brennstäben, sondern als Teil eines geschmolzenen Salzes vorliegt, das gleichzeitig als Kühlmittel dient.
Dieses Design bringt erhebliche Sicherheitsvorteile mit sich, denn die schmelzende Salzlösung ermöglicht eine sehr effektive Wärmeabfuhr und verhindert ebenso Überhitzung oder Katastrophen wie Kernschmelzen, die bei klassischen Reaktortypen auftreten können. Zudem erlaubt es eine kontinuierliche Entfernung von Spaltprodukten, was den Reaktorbetrieb effizienter und langlebiger macht. Der derzeit existierende Thorium-MSR in China hat eine Leistung von zwei Megawatt und wurde 2018 im trockenen Klima der Gobi-Wüste in Betrieb genommen. Interessanterweise begann die Forschung an dieser Technologie bereits in den 1960er Jahren in den Vereinigten Staaten. Die amerikanischen Wissenschaftler untersuchten damals die Möglichkeiten für MSR-Technologien, entschlossen sich jedoch später, die Entwicklung zugunsten der Uran-basierten Reaktoren einzustellen.
Die damals wertvollen Forschungsergebnisse wurden öffentlich zugänglich gemacht und dienten somit als Grundlage für die heutigen chinesischen Ingenieure, die die alten Experimente nicht nur erfolgreich nachbauten, sondern die Technologie auch maßgeblich weiterentwickelten. Xu Hongjie, der leitende Wissenschaftler des Projekts, betonte, dass sein Team die amerikanischen Forschungen vollständig beherrschte und darüber hinaus neue Techniken entwickelte, die das offene Wissen um viele Jahre voranbringen. Diese Kombination aus bewährtem Wissen und innovativer Weiterentwicklung führte zum Erfolg bei der Inbetriebnahme des funktionierenden Thorium-MSRs. Neben der technologischen Seite sind auch die ökologischen und ökonomischen Vorteile dieses Fortschritts nicht zu unterschätzen. Im Vergleich zur Verbrennung von fossilen Brennstoffen wie Kohle und Erdgas ermöglicht der Thorium-MSR eine energieerzeugung ohne die Freisetzung von Treibhausgasen.
Angesichts der globalen Klimakrise ist dies ein vielversprechender Schritt zur Dekarbonisierung energierelevanter Sektoren. Zudem kann die saubere Kernenergie preislich wettbewerbsfähig sein und so zur Stabilisierung der Energiemärkte beitragen. Die chinesischen Pläne gehen jedoch über den kleinen Prototyp hinaus. Momentan wird ein leistungsstärkerer Reaktor mit zehn Megawatt entwickelt, der voraussichtlich bis 2030 in Betrieb gehen soll. Darüber hinaus plant China, den Einsatz des Thorium-MSRS auch in anderen Industriezweigen zu etablieren.
So soll zum Beispiel die maritime Industrie von diesem Fortschritt profitieren. China beabsichtigt, mit Thorium betriebene Containerschiffe zu entwickeln, um die erhebliche Menge an CO2-Emissionen, die durch den internationalen Schiffsverkehr entstehen, drastisch zu verringern. Diese Innovation könnte die Umweltauswirkungen einer entscheidenden Handelslogistikquelle signifikant senken. Diese Entwicklung findet vor dem Hintergrund von Chinas umfassender Führungsrolle im Bereich der erneuerbaren Energien statt. Das Land investiert massiv in Wind-, Solar- und andere nachhaltige Technologien.
Es beherbergt bereits zwei der größten Solarfarmen weltweit und hat gerade das größte schwimmende Windkraftprojekt eröffnet. Außerdem steckt China signifikantes Kapital in Batterieforschung und andere Energiespeicherlösungen – damit ist es auf dem besten Weg, seine Energieversorgung zukünftig noch sauberer und unabhängiger zu gestalten. Für Deutschland und andere Länder bieten Chinas Erfolgsgeschichten im Bereich Thorium sowie sauberer Kernenergie wertvolle Impulse. Während europäische und amerikanische Fortschritte bei alternativen Kernenergietechnologien im Vergleich langsamer voranschreiten, demonstriert China eindrucksvoll, wie öffentliche Forschungsdaten und international verfügbare Erkenntnisse zur Beschleunigung der eigenen Fähigkeiten genutzt werden können. Dies soll nicht zuletzt auch als Anreiz verstanden werden, die Forschungsförderung und internationale Zusammenarbeit im Energiesektor zu intensivieren.
Insgesamt offenbart das Erreichen dieses Meilensteins durch China nicht nur Fortschritte bei einer spezifischen Technologie, sondern auch eine strategisch wichtige Ausrichtung auf eine nachhaltige Energiewende. Die Kombination von Thorium als Brennstoff mit den einzigartigen Sicherheits- und Effizienzvorteilen der Schmelzsalztechnologie hat das Potenzial, die Kernenergie grundlegend zu verändern. Die langwierigen Probleme von Atommüll, Risiken von Unfällen und nuklearer Proliferation könnten dadurch erheblich entschärft werden. China ist damit Vorreiter einer neuen Ära, die den Planeten mit sicheren und klimafreundlichen Energiequellen versorgen will. Die internationale Energie- und Umweltgemeinschaft wird diesen Erfolg genau beobachten und von den gemachten Erfahrungen lernen, um die Zukunft der Energieversorgung weltweit nachhaltiger zu gestalten.
Dass eine in den USA aufgegebene Forschung nun durch die Innovationskraft Chinas zu neuem Leben erweckt wurde, zeigt, wie wichtig der freie Zugang zu Wissen und die internationale Vernetzung für den Fortschritt in der Wissenschaft sind. Abschließend verdeutlicht die chinesische Pionierarbeit im Bereich der Thorium-MS-Reaktoren, wie globale Herausforderungen mit innovativen Lösungen und partnerschaftlichem Wissensaustausch gemeistert werden können. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie groß das Potenzial dieser Technologie wirklich ist und welchen Beitrag sie zur globalen Energiewende leisten kann.