Der Finanzmarkt befindet sich in einem stetigen Wandel. Mit dem Fortschreiten der Digitalisierung und der zunehmenden Globalisierung der Märkte gewinnt der 24-Stunden-Handel an den Aktienbörsen immer mehr an Bedeutung. Thomas Peterffy, Chairman von Interactive Brokers, einem der weltweit größten Online-Broker, beschreibt diese Entwicklung beim Piper Sandler Global Exchange & Trading Conference als einen Trend, der bereits nicht mehr aufzuhalten ist. Er vergleicht den 24-Stunden-Handel mit einem „Genie“, das einmal aus der Flasche gelassen, nur schwer zurückzudrängen sei. Diese Aussage unterstreicht, wie sehr sich der Markt weltweit verändert und wie wichtig es ist, sich auf diese neuen Realitäten einzustellen.
Der traditionelle Aktienhandel ist in der Vergangenheit meist auf die regulären Handelszeiten der jeweiligen Börsen beschränkt gewesen. So finden zum Beispiel die meisten Geschäfte an der New Yorker Börse und Nasdaq während der regulären Handelszeiten von etwa 9:30 bis 16:00 Uhr Ortszeit statt. Doch mit steigender Nachfrage von Investoren, global verteilten Marktteilnehmern und einer Zunahme des internationalen Kapitalflusses wird es immer wichtiger, den Handel rund um die Uhr zu ermöglichen. Insbesondere Anleger in Regionen wie dem Nahen Osten oder dem Fernen Osten profitieren von Handelszeiten, die ihren Zeitzonen entgegenkommen. Für diese Märkte bieten die verlängerten Handelszeiten einen erheblichen Mehrwert und erleichtern den Zugang zu lukrativen Aktienmärkten der USA.
Interactive Brokers hat diesen Trend früh erkannt und bereits im November 2022 den Handel über Nacht eingeführt. Die Zahlen sprechen für sich: Im Mai 2025 entfielen bereits rund 2,2 Prozent des Handelsvolumens von Interactive Brokers auf die Nachtzeiten. Peterffy zeigt sich überzeugt, dass sich dieser Anteil in den kommenden zwei Jahrzehnten auf 25 bis 30 Prozent erhöhen wird. Dies verdeutlicht, wie schnell sich die Handelsaktivitäten über die traditionellen Börsenöffnungszeiten hinaus ausweiten.Der Einstieg in den 24-Stunden-Handel ist jedoch nicht ohne Herausforderungen.
Ein zentrales Thema ist die Regulierung. Ken Griffin, CEO von Citadel Securities, wies im April 2025 gegenüber der US-Börsenaufsichtsbehörde SEC darauf hin, dass ein umfassender und klar definierter regulatorischer Rahmen nötig ist, um den 24-Stunden-Handel sicher und effizient zu gestalten. Ohne eine solche Regulierung könnten potenzielle Risiken wie Systemausfälle, Manipulationsmöglichkeiten oder Liquiditätsengpässe entstehen. Neben der Regulierung spielt auch die Infrastruktur eine entscheidende Rolle: Eine stabile, robuste und schnelle IT-Umgebung ist essenziell, um den reibungslosen Handel auch nachts zu gewährleisten. Intercontinental Exchange, die Betreiberin der New Yorker Börse, Nasdaq und Cboe Global Markets haben bereits Pläne angekündigt, ihre Handelszeiten deutlich zu verlängern, um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen.
Technologisch geht Interactive Brokers über den bloßen Zeitrahmen hinaus und erschließt neue Möglichkeiten durch innovative Tools. Peterffy sprach auf der Konferenz über die Entwicklung eines sogenannten Forecast Traders, der auf der Analyse von ereignisabhängigen Daten basiert. Dieser Ansatz erlaubt es, zukünftige Marktentwicklungen besser vorherzusagen. Als Beispiel nannte er die Analyse von Klimadaten und Wettermustern. Die Idee dahinter ist, den Anlegern Instrumente zur Verfügung zu stellen, mit denen sie nicht nur auf Marktbewegungen reagieren, sondern diese auch proaktiv beeinflussen können.
Dabei betonte Peterffy die Bedeutung eines kollektiven, koordinierten Handelns in der Gesellschaft, das dennoch den individuellen Selbstbestimmungsrechten der Anleger entspricht. Dies zeigt die zunehmende Verzahnung von Technologien, Datenanalyse und sozialer Verantwortung im modernen Finanzmarkt.Der globale Aktienmarkt, insbesondere der US-Markt, zieht seit Jahren eine stetig wachsende Anzahl an privaten Investoren und institutionellen Anlegern aus aller Welt an. Die Möglichkeit, außerhalb der regulären Handelszeiten aktiv zu sein, eröffnet dabei völlig neue Chancen, aber auch Herausforderungen. Für Händler bedeutet dies eine bessere Anpassung an eigene Zeitzonen, eine erhöhte Flexibilität und die Chance, auf aktuelle Nachrichten und Ereignisse sofort zu reagieren, egal zu welcher Uhrzeit sie auftreten.
Gleichzeitig bringt dies aber auch eine erhöhte Marktvolatilität und das Risiko unerwarteter Kursbewegungen in Randzeiten mit sich.Die Ausweitung der Handelszeiten trägt auch zur Globalisierung der Finanzmärkte bei. Während der traditionelle Handel lange Zeit regional orientiert war, werden Märkte durch den 24-Stunden-Handel enger miteinander verflochten. Dies kann zu einer verbesserten Preiskonsistenz und effizienteren Kapitalallokation führen. Gleichzeitig stehen Marktteilnehmer vor der Aufgabe, ihre Strategien und Risikomanagementansätze zu überdenken, um mit den schnelleren und kontinuierlicheren Veränderungen umgehen zu können.
Auch regulatorisch stehen Aufsichtsbehörden vor neuen Herausforderungen. Die Öffnung der Handelszeiten rund um die Uhr erfordert internationale Koordination und Anpassungen der bestehenden Rahmenbedingungen. Dabei müssen Schutzmechanismen für Anleger gestärkt und gleichzeitig Innovationen nicht erschwert werden. Die Diskussionen um eine klare Regulierung, wie von Citadel Securities eingebracht, werden deswegen in den kommenden Jahren intensiv bleiben.Peterffys Ausführungen verdeutlichen, wie sehr sich die Börsenlandschaft und die Rolle der Akteure verändern.
Interactive Brokers als Vorreiter im Bereich des elektronischen Handels nutzt moderne Technologien nicht nur, um Handelszeiten auszudehnen, sondern auch, um die Analyse und Prognose komplexer Zusammenhänge zu verbessern. Diese Entwicklungen eröffnen Anlegern neue Möglichkeiten, tragen aber auch die Verantwortung, den Handel transparenter, sicherer und gerechter zu gestalten.Abschließend lässt sich sagen, dass der 24-Stunden-Handel das Potenzial besitzt, die Finanzmärkte wesentlich zu transformieren. Die Integration globaler Märkte, der Einsatz fortschrittlicher Technologien und die Anpassung der Regulierung sind zentrale Faktoren für den Erfolg dieses Trends. Für Anleger und Marktteilnehmer weltweit bedeutet dies, sich auf eine neue Ära des Handels einzustellen, in der Flexibilität, Wissen und technologische Kompetenz entscheidend sind.
Der „Genie“, der mit dem 24-Stunden-Handel aus der Flasche gelassen wurde, wird die Finanzwelt in Zukunft nachhaltig prägen und neue Chancen eröffnen, die bisher undenkbar schienen.