Raspberry Pi OS, das offizielle Betriebssystem für alle Raspberry Pi Computer, hat mit seiner neuesten Version 5.6 eine beeindruckende Palette an Neuerungen vorgestellt. Diese Verbesserungen betreffen insbesondere sicherheitsrelevante Funktionen wie den Login-Prozess und die Bildschirmsperre, ebenso wie praktische Anwendungen im Alltag – etwa die Druckerverwaltung und den Umgang mit Touchscreens. Diese Innovationen sind besonders wichtig für Anwender, die das Potenzial ihres Raspberry Pi optimal ausschöpfen wollen, sei es im privaten Umfeld, im Bildungsbereich oder im industriellen Einsatz. Ein zentraler Bestandteil des Updates ist die Einführung eines neuen Bildschirmsperr-Systems.
Bislang gab es hier nur wenig visuelles Feedback, was insbesondere für Nutzer, die den Geräten in öffentlich zugänglichen oder gemeinsamen Arbeitsbereichen einsetzen, ein Sicherheitsrisiko darstellen konnte. Die neu entwickelte Bildschirmsperre basiert auf einer modifizierten Version von swaylock, einem bekannten Sperrprogramm im Linux-Umfeld, wurde jedoch mit einer benutzerfreundlicheren Oberfläche erweitert. Während die ursprüngliche Software nur einen weißen, leeren Bildschirm zeigte, erhalten Anwender nun visuelle Hinweise wie eine Passwort-Eingabebox, welche den Status der Sperre eindeutig verdeutlichen. Die Sperre lässt sich bequem durch die Tastenkombination Strg + Alt + L oder über das Hauptmenü aktivieren, was eine schnelle Sicherung des Systems ermöglicht. Darüber hinaus wurde eine häufig übersehene Sicherheitslücke geschlossen, die mit der bisherigen Umsetzung der automatischen Anmeldung verbunden war.
Bei Verwendung der Autologin-Funktion wurde nicht nur der Desktop automatisch angemeldet, sondern auch die Konsolen-TTY-Sitzungen (Terminal-Emulatoren), die über die Tastenkombinationen Strg + Alt + F1 bis F7 erreichbar sind. Das bedeutete, dass Nutzer screenlock hätten aktivieren können, ohne dass tatsächlich eine Abmeldung auf der Konsole erfolgte. Somit war es für versierte Benutzer möglich, mittels Umschalten auf eine dieser TTYs ungehinderten Zugriff auf das System zu erlangen, obwohl der Bildschirm eigentlich gesperrt war. In der aktuellen Version wurden die Einstellungen für den Konsolen- und den Desktop-Autologin voneinander getrennt. Anwender haben nun mehr Kontrolle und können die Konsolenanmeldung separat deaktivieren, um ein echtes Sperren des Systems sicherzustellen.
Diese Einstellung ist über die Raspberry Pi Konfiguration und das Kommandozeilenwerkzeug raspi-config zugänglich und erhöht die Systemsicherheit erheblich. Ein weiterer wichtiger Fortschritt betrifft das Drucken unter Raspberry Pi OS. Bisher war die Druckersteuerung auf das System-config-printer-Paket angewiesen, das sich zwar funktional, aber im Benutzerinterface als teilweise grob und wenig intuitiv erwies. Im neuesten Release wurde dieses Konzept durch eine komplette Neuentwicklung ersetzt, bei der die Druckerkontrollschnittstelle aus dem GNOME Desktop Control Center extrahiert und eigenständig als „Printers“-Anwendung umgesetzt wurde. Diese schlankere und deutlich übersichtlichere App findet sich im Bereich der Systemeinstellungen und ist speziell darauf ausgelegt, den Nutzerfluss bei der Einrichtung, dem Hinzufügen und der Verwaltung von Druckern zu vereinfachen.
Durch dieses direkte und aufgeräumte Interface wird die Druckerverwaltung nun für Einsteiger und erfahrene Nutzer gleichermaßen zugänglicher. Die Verbesserung der Touchscreen-Unterstützung ist ein weiterer Schwerpunkt des aktuellen Updates. Das Raspberry Pi OS nutzt mittlerweile Wayland als Display Server-Protokoll, eine moderne Alternative zum traditionellen X11, die bedeutende Vorteile bei Performance, Sicherheit und Funktionalität bietet. Jedoch gab es initial Einschränkungen bei der Behandlung von Touch-Bedienelementen: etwa Funktionen wie der Doppelklick per Tippen oder natürliches Scrollen per Wisch-Gesten standen zunächst nicht wie erwartet zur Verfügung. Um diese Defizite zu umgehen, wurde bisher eine Mouse-Emulation aktiviert, bei der Touch-Eingaben als Mausklicks interpretiert wurden.
Diese Methode verhinderte allerdings native Touch-Gesten und damit die Nutzung moderner Touchscreen-Funktionalitäten. Das aktuelle Update bringt nun die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob man die klassische Mouse-Emulation oder eine native Touchscreen-Bedienung bevorzugt. Diese Einstellung kann komfortabel im Kontextmenü unter „Touchscreen“ in den Bildschirmkonfigurationen geändert werden. Für jene, die native Touch-Gesten verwenden, stehen einige Workarounds bereit, etwa die Option „Dateien mit einem Klick öffnen“ im Dateimanager oder die alternative Öffnung per langem Tastendruck. Damit werden Benutzeranforderungen unterschiedlichster Art optimal bedient, was gerade im Bildungs- und Industrieumfeld von großer Bedeutung ist, wo unterschiedliche Eingabegeräte und Bedienkonzepte eingesetzt werden.
Das Update führt zudem die Nutzung von Version 0.8.1 des labwc Wayland Window Managers ein, eines eigens für den Raspberry Pi angepassten Fenstermanagers, der sich durch Stabilität und Ressourcenschonung auszeichnet. Obwohl die Version hinter dem allerneuesten Release hinterherhinkt, garantiert sie eine ausgereifte Nutzererfahrung. Zudem wird ein neuer Linux Kernel der Version 6.
12 verwendet, der eine höhere Hardware-Kompatibilität und Performance mit sich bringt. Erwähnenswert ist auch die Optimierung der Squeekboard On-Screen-Tastatur, welche jetzt besonders bei Multi-Monitor-Setups flexibler genutzt werden kann. Anwender können nun bestimmen, auf welchem Bildschirm die virtuelle Tastatur angezeigt werden soll, was den Workflow bei komplexen Arbeitsumgebungen stark verbessert. Ein relevanter Punkt, der viele Nutzer betreffen dürfte, ist die Veränderung bei den vorinstallierten Werbeblockern im Browser Chromium. Aufgrund von Änderungen seitens der Chromium-Entwickler ist die bisher übliche Installation des uBlock Origin-Adblockers nicht mehr möglich.
Als Alternative wird nun mit uBlock Origin Lite eine abgespeckte Version vorinstalliert, die weiterhin eine Grundabsicherung gegen Werbung bietet. Nutzer, die vollständige Funktionen wünschen, können nach wie vor eigenständig Software nachinstallieren. Weiterhin wurde die Startzeit des wf-panel-pi, dem Panel am unteren Bildschirmrand, optimiert, was den Start des Desktops nach dem Bootvorgang deutlich beschleunigt. Die Umstellung auf ein eigenes, effizienteres Dialog-Tool namens „zenoty“ anstelle von zenity führt ebenfalls zu schnelleren Systemstarts und reduziert die Notwendigkeit, zusätzliche Pakete zu installieren. Zahlreiche kleine Bugfixes und Interface-Verbesserungen runden die Aktualisierung ab.
Das Update ist sowohl über reguläre Paketupdates per apt verfügbar als auch als komplett neues Image auf der offiziellen Seite zum Download bereitgestellt. Nutzer, die regelmäßig mit apt aktualisieren, haben die meisten Änderungen bereits integriert. Für alle, die ein frisches System aufsetzen möchten, empfiehlt sich die Nutzung des Raspberry Pi Imagers, der das Flashen unkompliziert gestaltet. Abschließend lässt sich sagen, dass die Version 5.6 von Raspberry Pi OS einen durchdachten Mix aus Sicherheitsverbesserungen, Bedienfreundlichkeit und moderner Technologie darstellt.
Die neuen Funktionen adressieren vor allem praktische Herausforderungen in verschiedensten Nutzungsszenarien und machen es Anwendern leichter, den Raspberry Pi vielseitig und effizient einzusetzen. Die bessere Trennung von Login-Optionen erhöht die Systemsicherheit, während die neue Drucker-App und die Touchscreen-Optionen die Benutzererfahrung angenehm ergänzen. Dank der Stabilitätsverbesserungen und Performance-Optimierungen bleibt Raspberry Pi OS auch weiterhin ein zuverlässiges Betriebssystem für Anfänger und Profis. Zukünftige Versionen, besonders jene basierend auf dem kommenden Debian „Trixie“, versprechen weitere spannende Entwicklungen. Bis dahin können Anwender mit der aktuellen „Bookworm“-Basis das Beste aus ihren Raspberry Pi Systemen herausholen und aktiv zur Weiterentwicklung durch Feedback und Community-Beiträge beitragen.
Raspberry Pi OS bleibt somit ein innovativer Begleiter für die kleine, aber leistungsstarke Einplatinencomputerserie, der in einem sich rasant wandelnden Linux-Ökosystem stets mit zeitgemäßen Funktionen überzeugt.