Nordkoreas Informationsgesellschaft steht an einem entscheidenden Wendepunkt. Mit der Verabschiedung des überarbeiteten Informationsgesetzes im Jahr 2022 hat das Regime in Pjöngjang seine Bemühungen zur Kontrolle und Selbstversorgung im digitalen Bereich erheblich verstärkt. Dieses neue Gesetz, das aus fünf Kapiteln mit insgesamt 43 Artikeln besteht, ist ein bedeutendes Instrument, um den wachsenden Einfluss der Informationstechnologie sorgfältig zu steuern und an die ideologischen und politischen Ziele Nordkoreas anzupassen. Es etabliert nicht nur eine strenge Regulierung der IT-Branche, sondern legt auch den Grundstein für eine stärker zentralisierte Verwaltung und Entwicklung einheimischer Technologien. Das Ziel des Gesetzes ist klar: Nordkorea will seine technologische Abhängigkeit von externen Quellen minimieren und sich wirtschaftlich sowie administrativ durch den Einsatz von Informationstechnologie modernisieren.
Die Tatsache, dass alle staatlichen Institutionen, Unternehmen und Organisationen verpflichtet sind, IT-Pläne von staatlichen Planungseinheiten genehmigen zu lassen, zeigt den hohen Grad der Kontrolle, den die Regierung über digitale Entwicklungen ausübt. Dies umfasst die Pflicht zur Registrierung bei einer eigens geschaffenen Informationsleitungsbehörde sowie die detaillierte Berichterstattung über die Umsetzung der Pläne, was eine lückenlose Überwachung ermöglicht. Im Kern liegt ein besonderes Augenmerk auf der Standardisierung. Nordkorea hat die Verpflichtung eingeführt, dass IT-Arbeiten strikt nach genehmigten Spezifikationen und Designvorgaben durchgeführt werden müssen. Dies soll eine homogene und kontrollierte Entwicklung der technischen Infrastruktur gewährleisten.
Durch diese Massnahmen entsteht ein geschlossenes System, in dem neue Infrastrukturen, Datenbanken und Informationssysteme nicht nur geplant, sondern auch regelmäßig operativ überprüft werden. Ein weiteres zentrales Anliegen des Gesetzes ist die IT-Sicherheit. Artikel 19 schreibt vor, dass alle IT-Systeme Sicherheitsvorkehrungen entsprechend den vom Staat festgelegten Normen implementieren müssen. Kombiniert mit einer obligatorischen Überprüfung und Registrierung dieser Systeme strebt das Gesetz eine strikte Kontrolle an, die in gewisser Weise eine digitale Verlängerung von Nordkoreas traditionellem, sicherheitspolitischem Alltag ist. Um das Ziel der technologischen Autarkie zu erreichen, nimmt Artikel 27 eine Schlüsselstellung ein.
Es wird vorgeschrieben, dass alle Hardware und Software gemäß staatlicher Pläne produziert werden müssen. Dabei wird ausdrücklich betont, dass die Technologie „unser Stil unserer Informationstechnologie“ sein soll – eine Formulierung, die auf die Förderung heimischer Entwicklungen und die Minimierung von Importen hinweist. Vor dem Hintergrund internationaler Sanktionen ist dies ein logischer Schritt, um die Abhängigkeit von ausländischen Technologien zu reduzieren und ein eigenständiges IT-Ökosystem aufzubauen. Die ökonomischen Herausforderungen Nordkoreas stehen jedoch im Widerspruch zu den ambitionierten Zielen des Gesetzes. Obwohl Artikel 33 Investitionen in IT-Projekte fordert und Artikel 34 die Schaffung eines IT-Fonds vorsieht, ist unklar, inwieweit diese Vorhaben langfristig durchführbar sind.
Fachleute weisen darauf hin, dass die hohe Belastung der Gesamtwirtschaft eine Umsetzung erschweren könnte, was die Effizienz und Nachhaltigkeit des Gesetzes infrage stellt. Das überarbeitete Informationsgesetz legt ausserdem konkrete Sanktionen für Verstöße fest. Artikel 42 behandelt unterschiedliche Delikte wie das Nicht-Einhalten von IT-Plänen, das Abgeben falscher Berichte oder den Betrieb von Systemen ohne Genehmigung. Die Strafen reichen von Verwarnungen über unbezahlte Arbeit bis hin zu arbeitsrechtlichen Maßnahmen wie Degradierungen oder Entlassungen. Schwere Verstöße können nach Artikel 43 sogar strafrechtlich verfolgt werden, wodurch die politische Dimension dieses Gesetzes deutlich wird.
Rückblickend ist das Gesetz in einem geopolitisch angespannten Umfeld entstanden, in dem Informationssouveränität als strategische Ressource gilt. Die Schaffung eines „digitalen Eisernen Vorhangs“ ist eine Reaktion auf die zunehmende Bedeutung von Daten und Kommunikation in globalen Machtverhältnissen. Nordkoreas konsequenter Ausbau einer eigenen IT-Infrastruktur zielt darauf ab, ein autarkes Netzwerk aufzubauen, das nicht nur der Wirtschaft dient, sondern auch der Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Kontrolle. Das Gesetz spiegelt somit nicht nur technologische, sondern auch ideologische Aspekte wider. Es sichert der Führung digitale Kontrolle, schützt vor fremder Einflussnahme und fördert die Erhaltung der politischen Ordnung.
In Kombination mit der starken Konzentration auf heimische Produktion und Sicherheit prägt das Gesetz das Bild eines abgeschotteten, jedoch technisch fortschrittlichen Staates, der unter internationalen Sanktionen nach Lösungen für seine Entwicklung sucht. In der Praxis bedeutet dies für das nordkoreanische IT-Personal und die Verwaltung eine signifikante Erhöhung der Verantwortung und Überwachung. Die Nutzer müssen sich auf streng kontrollierte IT-Umgebungen einstellen, in denen keine Abweichungen von den staatlichen Richtlinien toleriert werden. Die Einhaltung der Sicherheitsstandards wird zur Pflicht, die bei Missachtung gravierende Konsequenzen nach sich ziehen kann. Auch die internationale Community beobachtet die Entwicklungen mit großem Interesse.
Experten und Analysten bewerten das Gesetz als ein weiteres Mittel, mit dem Nordkorea seine Souveränität im digitalen Sektor behaupten will. Die innerstaatlichen Restriktionen und der Antrieb hin zur Selbstversorgung können als Teil einer langfristigen Strategie gewertet werden, die das Land auf mögliche technologische und wirtschaftliche Herausforderungen vorbereiten will. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Nordkoreas Informationstechnologie-Gesetz von 2022 eine umfassende Neuordnung der digitalen Landschaft im Land darstellt. Es etabliert detaillierte Kontrollmechanismen, fördert die heimische Entwicklung und setzt Sicherheitsstandards, die tief in die ökonomische und politische Struktur des Regimes eingreifen. Die langfristigen Effekte werden von verschiedenen Faktoren abhängig sein, darunter die wirtschaftlichen Ressourcen und die Fähigkeit, innovative Technologien unter eingeschränkten Bedingungen zu entwickeln.
Dennoch macht das Gesetz unmissverständlich klar, dass Nordkorea die Digitalisierung als wesentlichen Bestandteil seines Staatsaufbaus betrachtet und bereit ist, dafür erhebliche Anstrengungen zu unternehmen.