Die Welt der Bücher birgt nicht nur Wissen und Kultur, sondern teilweise auch unerwartete Gefahren. Insbesondere grüne Buchcover aus dem 19. Jahrhundert präsentieren eine unterschätzte gesundheitliche Bedrohung. Die Universität St Andrews hat kürzlich ein neues Gerät entwickelt, das helfen kann, diese giftigen Bücher schnell und sicher zu identifizieren. Dieses innovative Werkzeug zieht nicht nur die Aufmerksamkeit von Bibliotheken und Sammlern weltweit auf sich, sondern zeigt auch, wie interdisziplinäre Forschung moderne Herausforderungen lösen kann.
Die Geschichte hinter den giftigen Buchcovern reicht zurück ins 19. Jahrhundert, als die leuchtend smaragdgrüne Farbe durch eine Mischung aus Arsen und Kupfer erzeugt wurde. Arsen, ein bekanntes Gift, wurde damals genutzt, um einen besonders intensiven Grünton zu erhalten, der viele Künstler und Verleger faszinierte. Diese Farbgebung fand nicht nur in der Buchbinderei Anwendung, sondern ebenso bei Tapeten, Kleidung und anderen Produkten der Zeit. Doch was damals als künstlerische Innovation galt, entpuppt sich heute als erhebliches gesundheitliches Risiko.
Das Problem bei den arsenhaltigen Buchcovern besteht darin, dass sie mit der Zeit zerfallen können und dadurch giftige Pigmente und Staub freisetzen. Wird dieser Staub eingeatmet oder berührt, können Reizungen der Augen, Nase und des Rachens auftreten. In schwerwiegenderen Fällen sind auch chronische Gesundheitsprobleme nicht ausgeschlossen, vor allem bei regelmäßigem Umgang mit solchen Büchern. Aus diesem Grund haben viele Bibliotheken bereits vorsorglich den Zugang zu grün gebundenen Büchern eingeschränkt oder diese sicher verwahrt. Bislang war die Identifikation giftiger Bücher eine kostspielige und langwierige Angelegenheit, da aufwendige chemische Tests notwendig waren.
Dies führte dazu, dass Tausende von Büchern lediglich isoliert und unzugänglich gemacht wurden, ohne ihren tatsächlichen Gefährdungsgrad genau zu kennen. Das Beispiel der Universität Bielefeld in Deutschland verdeutlicht dies eindrucksvoll: Dort wurden in einem ähnlichen Fall rund 60.000 Bücher vorsorglich eingelagert, was die Nutzung und den kulturellen Austausch deutlich einschränkt. Die Entwicklung an der Universität St Andrews bringt nun eine bahnbrechende Lösung. Das Forschungsteam nutzte zunächst ein Gerät aus der Geowissenschaft, das mit Hilfe von Lichtreflexion Mineralien analysiert.
Die Entdeckung, dass sich der einzigartige Reflexionsmuster des smaragdgrünen Pigments auch bei Buchcovern im sichtbaren Lichtspektrum nachweisen lässt, markierte einen entscheidenden Wendepunkt. Durch die Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern der Astronomie und Physik entstand ein tragbares, handliches Gerät, das mit verschiedenen Lichtfarben das Buchcover bestrahlt und die reflektierte Lichtmenge misst. Diese Messung erzeugt eine Art Fingerabdruck des Pigments, der eindeutig auf das smaragdgrüne, arsenhaltige Pigment hinweist. Innerhalb weniger Sekunden lässt sich so jedes Buch prüfen – ein großer Fortschritt im Vergleich zu den bisherigen Methoden. Der praktische Nutzen dieses Instruments ist enorm.
Bibliotheken können nun ihre Bestände schnell und ohne großen Aufwand überprüfen. Dabei können gefahrlose Bücher weiterhin öffentlich zugänglich gemacht werden, während jene mit arsenhaltigen Einbänden sicher verwahrt und mit Vorsichtsmaßnahmen gehandhabt werden. Angezeigt werden etwa das Tragen von Handschuhen oder die Lagerung in luftdichten Beuteln, um eine Ausbreitung von Partikeln zu verhindern. Dieses Vorgehen hat auch den Vorteil, den kulturellen und wissenschaftlichen Zugang zu den Werken zu erhalten. Viele der betroffenen Bücher enthalten wertvolle historische und literarische Inhalte, die durch eine vorsorgliche Sperrung verlorengehen könnten.
Die neue Technologie schafft somit einen verantwortungsvollen Weg, um vermeintlich gefährliche Bücher wieder zugänglich zu machen – ohne Gefahr für die Gesundheit der Leser. Die Entwickelnden des Geräts betonen zudem, dass das Risiko für die breite Öffentlichkeit zwar grundsätzlich gering sei, die Gefahr jedoch bei häufiger und längerfristiger Nutzung ohne Schutzmaßnahmen nicht zu unterschätzen ist. Besonders für Bibliothekare, Konservatoren und Wissenschaftler ist daher die sichere Identifizierung und Handhabung dieser Bücher von größter Bedeutung. Neben der reinen Identifikation eröffnet das Projekt weitere interessante Einblicke in die Materialgeschichte und Buchkunst. Die Erforschung der Farbstoffe und deren Herstellung informiert nicht nur über vergangene Herstellungsprozesse, sondern auch über historische^Gefahren, die oft unbemerkt blieben.
Aus konservatorischer Sicht hilft das Wissen über das eingesetzte Material zudem bei der Entwicklung geeigneter Aufbewahrungs- und Restaurierungsverfahren. Die Universität St Andrews macht ihre Forschungsergebnisse transparent und bietet nicht nur das Gerät selbst an, sondern veranstaltet auch eine Ausstellung mit dem Titel „Poisonous books – Dangers from the past“. Diese Ausstellung verdeutlicht die Risiken und die Geschichte der giftigen Buchcover gleichzeitig und sensibilisiert die Öffentlichkeit für die Geschichte, Wissenschaft und Sicherheit rund um alte Bücher. Das Projekt zeigt, wie moderne wissenschaftliche Methoden und interdisziplinäre Zusammenarbeit helfen können, kulturelles Erbe zu bewahren und gleichzeitig gesundheitliche Risiken zu minimieren. Es unterstreicht die Wichtigkeit, vermeintliche Risiken nicht aus Angst pauschal auszuschließen, sondern mit gezieltem Wissen und Technologie verantwortungsvoll zu begegnen.
Damit entsteht eine Balance zwischen Schutz und Zugang, die Bibliotheken, Museen und Sammlern weltweit neue Perspektiven eröffnet. Das Gerät könnte künftig auch in größerem Umfang eingesetzt werden, beispielsweise bei öffentlichen Büchersammlungen, Privatbesitz oder bei Restaurierungsarbeiten, wo ein genauer Pigmentnachweis hilfreich ist. Insgesamt markiert das Gerät der Universität St Andrews einen bedeutenden Fortschritt für den Umgang mit historischen Büchern und betont die Bedeutung von Technologie in der Bewahrung und Zugänglichmachung unseres kulturellen Erbes. Es verbindet Vergangenheit und Gegenwart, indem es uns erlaubt, wertvolle Bücher weiterhin zu nutzen, ohne dabei die eigene Gesundheit zu gefährden. Die Geschichte dieser grünen Buchcover erinnert daran, dass sich Technik und Kultur immer weiterentwickeln und dass das Wissen von gestern neue Herausforderungen für heute schaffen kann.
Mit innovativen Lösungen wie dem neuen Erkennungsgerät steht uns eine sichere und informative Zukunft im Umgang mit historischen Schätzen bevor.