Am 28. April 2025 ereignete sich auf der Iberischen Halbinsel ein weitreichender Stromausfall, der Spanien und Portugal gleichzeitig betraf. Dieser Vorfall lenkte die Aufmerksamkeit nicht nur auf die Stabilität der Stromversorgung in dieser Region, sondern auch auf die empfindliche Verknüpfung zwischen Energieinfrastruktur und digitaler Konnektivität. Während der Stromausfall selbst Schlagzeilen machte, ist die Analyse der Auswirkungen auf das Internet-Ökosystem ebenso spannend: Sie offenbart Muster, die das Verständnis moderner Netzwerke und deren Abhängigkeiten von der Energieversorgung vertiefen. Die folgenden Abschnitte beleuchten die Hintergründe, Messmethoden, geografischen Besonderheiten, beteiligte Akteure und die im Ausfallzeitraum beobachteten Veränderungen bei verschiedenen Gerätetypen im öffentlichen Internet.
Bereits zwei Wochen vor dem Ereignis gab es einen historischen Meilenstein für Spanien: Am 16. April 2025 wurde erstmals an einem Wochentag fast neun Stunden lang der komplette Strombedarf des Landes ausschließlich durch erneuerbare Energien gedeckt. Wind-, Solar- und Wasserkraft dominierten den Energiemix und stellten eindrucksvoll die Fortschritte der Energiewende unter Beweis. Dieses Ereignis verlief jedoch eher unbemerkt, da es keine unmittelbaren Störungen oder Ausfälle mit sich brachte. Ganz anders verhielt es sich am 28.
April. Am Vormittag dieses Tages kam es zu einem umfassenden Stromausfall, dessen unmittelbare Ursache zunächst unklar war. Das Versorgungsnetz auf der iberischen Halbinsel erlebte einen drastischen Nachfragerückgang, der eine Kaskade von Effekten nach sich zog – darunter insbesondere einschneidende Beeinträchtigungen bei der Stromversorgung mit Auswirkungen auf eine Vielzahl von internetfähigen Geräten. Um die Folgen des Stromausfalls greifbar zu machen, analysierten Datenwissenschaftler von Driftnet ein großes Repository von Internet-Scans. Das Unternehmen betreibt eine der leistungsfähigsten Internet-Scanner-Infrastrukturen und beobachtet tausende IP-Adressen und Ports weltweit über IPv4 und IPv6.
Ihr System zeichnet bei jedem Scan erfolgreiche Verbindungen zu öffentlichen Diensten auf und wiederholt die Abfrage aller drei Tage, wodurch ein nahezu konsistentes und zufällig verteiltes Abbild der globalen Internetpräsenz entsteht. Die Idee war, dieses Datenvolumen selektiv auf die Region Spanien und Portugal anzuwenden, um Veränderungen in der Zahl der aktiven IP-Adressen und somit mögliche Auswirkungen des Stromausfalls erkennbar zu machen. Die geografische Zuordnung der IP-Adressen erfolgte mittels von Driftnet entwickelter Methoden unter Einsatz von großen Sprachmodellen (LLMs), die eine präzise Bestimmung erlauben. Mit dieser Zuordnung konnten alle Scan-Ereignisse verlässlich mit den jeweiligen Ländern ES (Spanien) und PT (Portugal) markiert werden, um regional differenzierte Muster zu untersuchen. Auffällig war, dass die Anzahl der aktiv kommunizierenden IP-Adressen während des Stromausfalls von 9 bis 10 Uhr UTC zeitgleich mit einer Halbierung des Stromverbrauchs sank.
Dieses Phänomen korrelierte nahezu exakt mit den veröffentlichten Daten des spanischen Netzbetreibers Red Eléctrica. Obwohl der Stromverbrauch nach einigen Stunden wieder anstieg, blieb die Erholung bei den IP-Adressen verzögert, was vermutlich mit manuellen Eingriffen zur Inbetriebnahme betroffener Geräte zusammenhängt. Interessant ist, dass der Rückgang der Internetaktivität keineswegs gleichmäßig über alle geographischen Regionen verteilt war. Obwohl in ländlicheren Gegenden der Effekt deutlicher sichtbar wurde, blieben in den Hauptstädten Madrid und Lissabon die Zahlen der aktiven IPs relativ stabil. Dies liegt aller Wahrscheinlichkeit nach daran, dass große Unternehmen und Provider oft mit ihrer Hauptstelle in diesen Metropolen registriert sind, wodurch die tatsächlich betroffenen Endkunden in peripheren Gebieten weniger stark repräsentiert werden.
Zudem stellten Forscher fest, dass Provider unterschiedlich stark betroffen waren: Anbieter mit Fokus auf Zugangsdienste wie Telefónica, Xtra Telecom und Orange verzeichneten signifikante Rückgänge, während Hosting-Provider wie OVH oder IONOS nahezu von der Störung unberührt blieben. Die Differenz lässt sich dadurch erklären, dass beim Stromausfall eher Endkunden-Hardware betroffen war, während Rechenzentren und Hosting-Infrastrukturen, die oft über bessere Notstromlösungen verfügen, weiterhin online blieben. So war beispielsweise der Provider Loading.es in der Lage, bis zu acht Stunden nach Beginn des Stromausfalls die Konnektivität zu halten, bevor auch dort ein temporärer Ausfall eintrat. Dies demonstriert die Vielfalt der Ausfallmuster in Abhängigkeit von Geschäftsmodell und Infrastruktur.
Die Auswertung anhand der Gerätetypen bestätigte den Einfluss des Stromausfalls auf Endkunden-Hardware. Hausrouter, die typischerweise in Privathaushalten zum Internetzugang dienen, waren deutlich häufiger offline als Remote Desktop Protocol (RDP)-Server. Da Driftnet nicht auf spezielle Ports angewiesen ist, sondern Protokolle auch bei Portwechseln detektieren kann, ist die Identifizierung dieser Unterschiede statistisch aussagekräftig. Besonders auffällig war der erhebliche Impact auf industrialisierte Netzwerke: Rund drei Viertel der IP-Adressen mit bekannten Industrial Control Systems (ICS)-Protokollen waren offline während des Ereignisses. Dieses Ergebnis unterstreicht die kritische Verwundbarkeit der industriellen Infrastruktur gegenüber Stromausfällen.
Eine der komplexeren Fragestellungen betrifft die Verantwortung und das Management solcher Ausfälle. Das koordinierte Wiedereinschalten elektrischer Geräte nach einem großflächigen Stromverlust erfordert häufig menschliches Eingreifen. Die Daten zeigen deshalb auch eine schrittweise Erholung über mehrere Stunden. Zudem offenbart die Analyse der Kommunikationsdaten, dass es keine einheitliche Auswirkung des Ausfalls auf die Stabilität des Internets gab. Vielmehr sind Home- und Unternehmensnetze unterschiedlich stark beeinträchtigt, was sich unter anderem in der Verteilung der betroffenen autonomen Systeme (ASNs) widerspiegelt.
Die Netzbetreiber in Spanien wurden zum Teil durch Nachbarländer bei der Wiederherstellung der Stromversorgung unterstützt: Marokko und Frankreich spielten dabei eine Rolle, was regional unterschiedliche Auswirkungen erklären kann. Aus der Datensicht ist allerdings zu bedenken, dass IP-Geo-Lokalisierungssysteme und Firmensitzzuordnungen häufig klassische Zentren wie Hauptstädte bevorzugen, was die Analyse des räumlichen Musters erschwert. Dennoch bieten die gesammelten Daten einzigartige Einblicke in die Wechselwirkungen zwischen Energiesektoren und digitaler Infrastruktur. Der Stromausfall auf der Iberischen Halbinsel im April 2025 zeigt beispielhaft, wie stark moderne Gesellschaften vom Zusammenspiel zwischen Energieversorgung und digitaler Vernetzung abhängen. Insbesondere in Zeiten der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung kritischer Infrastrukturen wird die Resilienz von Stromnetzen zu einem entscheidenden Faktor für Stabilität und Sicherheit in Wirtschaft und Alltag.
Gleichzeitig machen die Datenanalysen deutlich, dass es erhebliche Unterschiede bei den Auswirkungen gibt, die sich an der Art der Infrastruktur, dem Betreiber und dem geografischen Standort orientieren. Endkunden-Hardware wie Router erwies sich als besonders anfällig, während professionelle Hosting-Infrastrukturen besser geschützt waren. Industrial Control Systems, die beispielsweise zur Steuerung von Industrieprozessen genutzt werden, zeigten eine überraschend hohe Ausfallrate, was die Sensibilität und mögliche Gefährdung industrieller Anlagen verdeutlicht. Die Fähigkeit der Zugangsdienstleister, schnell und geordnet wieder online zu kommen, ist ebenfalls eine wichtige Herausforderung, wie die beobachtete Verzögerung beim Anstieg der aktiven IPs zeigt. Insgesamt ist die Verbindung von Stromnetzereignissen und deren Einfluss auf das Internet eine spannende Forschungsrolle, die in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnt.