Der Mediensektor durchlebt derzeit eine Phase des Umbruchs, die tiefgreifende Auswirkungen auf die Struktur und Ausrichtung vieler Unternehmen hat. Eine Vielzahl von etablierten Medienkonzernen steht vor der Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle zu überdenken und sich strategisch neu auszurichten. In diesem Kontext spricht der CEO von Starz, Jeff Hirsch, von einer bevorstehenden "great shedding"-Phase, einer großen Aussortierung und Veräußerung von Vermögenswerten, die den Boden für eine spätere Welle von Fusionen und Übernahmen (M&A) bereiten soll. Dieser Wandel ist nicht nur eine Reaktion auf veränderte Marktbedingungen, sondern auch auf regulatorische Herausforderungen und technologische Disruptionen, die die Branche fundamental verändern. Die Hintergründe und Auswirkungen dieser Entwicklung sind komplex und verdienen eine ausführliche Betrachtung.
Die Medienlandschaft hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Klassische lineare Fernsehsender und Kabelanbieter sehen sich einem massiven Rückgang der Abonnentenzahlen gegenüber, was hauptsächlich auf die rasante Verbreitung von Streaming-Diensten und den damit verbundenen Wandel im Konsumentenverhalten zurückzuführen ist. Konsumenten bevorzugen zunehmend On-Demand-Inhalte und digitale Plattformen, was die traditionellen Einnahmequellen wie Kabelgebühren und lineare Werbeeinnahmen empfindlich trifft. Diese Entwicklung hat die finanzielle Stabilität vieler etablierter Medienunternehmen ins Wanken gebracht. Vor diesem Hintergrund bemerken Branchenexperten wie Jeff Hirsch, dass viele Medienunternehmen aktuell in eine Phase der Selbstreflexion eintreten.
Sie versuchen, ihr Kerngeschäft zu identifizieren und ihre Stärken zu schärfen, um in einem immer komplexer werdenden Wettbewerbsumfeld bestehen zu können. Diese Orientierungssuche führt zwangsläufig dazu, dass Unternehmen einige ihrer weniger profitablen oder nicht mehr als strategisch relevant betrachteten Vermögenswerte abstoßen. Dieses „Shedding“ - also die bewusste Ausgliederung oder der Verkauf von Assets - stellt eine kritische Phase dar, die letztlich die Voraussetzungen für einen neuen M&A-Boom schaffen soll. Wer die eigenen Stärken genau kennt und sich von Altlasten trennt, kann mit einem klareren Fokus neue Übernahmen tätigen oder selbst zum attraktiven Übernahmekandidaten werden. Die Regulierung spielt dabei eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Angesichts steigender politischer und regulatorischer Anforderungen müssen Medienunternehmen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch compliance-technische Risiken in ihre strategischen Überlegungen einbeziehen. Dies führt vielerorts zu einer vorsichtigeren Haltung bei der Planung von Fusionen und Übernahmen. Zudem erschweren derzeit Unsicherheiten im Bereich von Handelstarifen und erhöhte Zinsen die Finanzierung von Transaktionen, was den Markt für M&A-Aktivitäten aktuell abkühlen lässt. Dennoch sehen einige Marktteilnehmer gerade in dieser Ruhephase eine Gelegenheit. Als eigenständiges Unternehmen mit Fokus auf Premium-Kabel- und Streaminginhalte positioniert sich Starz so, dass es potentiell weniger krisengeschüttelte, aber im Strom der Umbrüche verworrene Assets erwerben kann.
Starz will nicht nur Vermögenswerte übernehmen, sondern auch technologische Unterstützung für traditionelle Player bieten, die im Umbruch des Streamingzeitalters ins Hintertreffen geraten sind. Es entsteht somit ein neues Zusammenspiel zwischen klassischen Medienhäusern und dynamischeren, agileren Streaming- und Kabelnetzwerken. Die großen Medienhäuser wie Comcast, Warner Bros. Discovery und Disney sind Beispiele für die laufenden Umstrukturierungen. Comcast plant, einen Großteil seiner Kabelanlagen in ein eigenständiges Unternehmen namens Versant auszulagern.
Dies erlaubt eine Konzentration auf Wachstum und Innovation in anderen Bereichen wie Streaming. Warner Bros. Discovery verfolgt einen ähnlichen Ansatz und trennt sein Netzwerkgeschäft mit CNN, TBS, TNT und weiteren Kanälen von wachstumsorientierten Einheiten wie Studios und der Streamingplattform Max. Auch Disney hat Ideen zur Abspaltung seiner traditionellen TV-Sparte formuliert, um sich stärker auf zukunftsträchtige Segmente fokussieren zu können, obwohl CEO Bob Iger diese Pläne vorerst zurückgestellt hat. Der Trend geht eindeutig in Richtung Fokussierung auf digitale und wachstumsstarke Geschäftsmodelle sowie die Bündelung von Angeboten, um Kunden neue attraktive Optionen zu schaffen.
Dies manifestiert sich in der Einführung von werbefinanzierten Streamingmodellen, Paketen aus verschiedenen Diensten und der Anpassung von Preisen. Solche Maßnahmen sollen Umsatzverluste aus dem traditionellen Geschäft auffangen und die Rentabilität in einem zunehmend digitalen Medienumfeld sichern. Für Investoren und Marktbeobachter bietet diese Phase der großen Vermögensumschichtung viel Potenzial und Unsicherheit zugleich. Die „great shedding“-Phase ist eine Art notwendiger Reinigungsprozess, der oftmals schmerzhaft, aber essenziell ist, um die Zukunftsfähigkeit der Unternehmen zu gewährleisten. Nach Abschluss dieser Phase wird mit einem verstärkten Interesse an Übernahmen gerechnet, da Unternehmen dann bessere Ausgangspositionen haben, um sich weiter strategisch zu konsolidieren und Synergien zu realisieren.
Fusionen und Übernahmen könnten dadurch eine neue Dynamik gewinnen, die nach der momentanen Investitionszurückhaltung eine langanhaltende Wachstumsphase einleitet. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Mediensektor sich aktuell in einer bedeutenden Transformationsphase befindet. Die anstehende Phase des „great shedding“ markiert einen tiefgreifenden Einschnitt, der von strategischer Selbstfindung und Umschichtung geprägt ist. Diese Bereinigung bereitet den Boden für eine spätere Renaissance von Fusionen und Übernahmen, die wahrscheinlich eine neue Ära der Konsolidierung und Innovation in der Branche einleiten wird. Für Medienunternehmen wie Starz entsteht eine Chance, sich als eigenständige und technologisch versierte Akteure zu etablieren, die sowohl traditionelle als auch neue Marktteilnehmer sinnvoll ergänzen könnten.
In einer Zeit grundlegender Umwälzungen ist dies eine Schlüsselstrategie, um langfristig erfolgreich zu bleiben und die Herausforderungen des digitalen Zeitalters zu meistern.