Der Bergbau für Übergangsmineralien, die in der globalen Energiewende eine zentrale Rolle spielen, steht in Brasilien im Fokus einer wachsenden Debatte über Umwelt- und Sozialverträglichkeit. Ein aktueller Bericht des Mining Observatory zeigt deutlich, dass die Ausweitung dieses Rohstoffabbaus erhebliche Risiken birgt. Die Bundesstaaten Pará, Minas Gerais, Goiás und Bahia, welche wichtige Knotenpunkte der brasilianischen Bergbauindustrie bilden, sind besonders anfällig für klimabedingte Herausforderungen wie Wasserknappheit, extreme Wetterereignisse und Umweltzerstörung. Die Folgen sind nicht nur ökologisch, sondern treffen vor allem die dort lebenden Gemeinschaften, darunter indigene Völker und Quilombola, welche in diesen Gebieten ihre Heimat und Lebensgrundlage sehen. Daraus ergibt sich dringender Handlungsbedarf für Regierungen und Unternehmen, striktere Standards und Schutzmechanismen zu etablieren.
Der Bergbau in Brasilien trägt signifikant zur globalen Versorgung mit kritischen Mineralien wie Lithium, Nickel, Graphit und Niobium bei. Das Land besitzt weltweit zweitgrößte Eisenerzproduktion und stellt über 90 Prozent des Niobiumangebots her. Zudem beherbergt Brasilien beträchtliche Reserven an seltenen Erden und Graphit, die für Technologien der Energiewende unverzichtbar sind. Nicht zuletzt signalisiert die milliardenschwere Investitionsförderung durch die Nationalbank für wirtschaftliche und soziale Entwicklung (BNDES) und das Forschungsförderungsinstitut Finep eine beschleunigte Entwicklung strategischer Bergbauprojekte. Trotz dieser wirtschaftlichen Bedeutung warnt der Mining Observatory Bericht davor, dass ohne bessere Sozial- und Umweltschutzmaßnahmen der Bergbau die Klimarisiken verschärft und durch die Initiierung zahlreicher sozioökologischer Konflikte diese Regionen destabilisiert.
Insbesondere indigene und traditionelle Gemeinschaften leiden unter direkten Eingriffen in ihre Territorien und Lebensräume. Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass mehr als zwei Drittel der Projekte für Energiewende-Mineralien auf oder nahe dem Land von indigenen Völkern und bäuerlichen Gemeinschaften errichtet werden. Dies führt vielfach zu Umsiedlungen, Verlust traditioneller Ressourcen und verschlechterten Klimaregulierungsfunktionen der natürlichen Ökosysteme, wie den Amazonas-Regenwäldern und dem Cerrado, einer der artenreichsten Savannen weltweit und kritischem Wasserspeicher für weite Teile Südamerikas. Die Wasserknappheit stellt eine der größten Herausforderungen im Kontext des Bergbaus dar. Beispielsweise leidet Minas Gerais unter immer häufiger auftretenden Dürren, die nicht nur die Wasserversorgung der Bevölkerung belasten, sondern auch den energieintensiven Bergbaubetrieb gefährden.
Die katastrophalen Dammbrüche in Mariana 2015 und Brumadinho 2019 stehen beispielhaft für die anhaltenden Gefährdungen durch Bergbauunfälle mit katastrophalen Umwelt- und Sozialfolgen. In Pará, Heimat mehrerer großer Bergbaubetriebe, führt der Bergbau zu Verunreinigungen von Flüssen, Einschränkungen im Fischfang und der Verschlechterung der Lebensqualität in Flussanrainer- und Quilombola-Gemeinden. Die Skandale um die Minerações Rio do Norte und Vale zeigen, dass trotz offizieller Unternehmensangaben zum Schutz indigener Rechte und Umweltstandards oft erhebliche Lücken zwischen Anspruch und Realität bestehen. Vertreter indigener Gemeinschaften kritisieren zudem das Fehlen von Freier, Vorheriger und Informierter Zustimmung (FPIC), einem internationalen Menschenrechtsstandard, der sicherstellen soll, dass betroffene Gruppen in Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Die Vernachlässigung dieser Konsultationen führt nicht nur zu sozialen Spannungen, sondern gefährdet auch die Erhaltung ökologisch sensibler Gebiete, die eine wichtige Rolle im globalen Klimasystem spielen.
Innerhalb des Cerrado-Beckens, der „Wiege der Wasserquellen“, bedrohen unkontrollierter Bergbau sowie Landwirtschaft die lokalen Wasserkreisläufe erheblich. Dadurch wird nicht nur die Biodiversität beeinträchtigt, sondern auch die Nahrungs- und Energiesicherheit für Millionen Menschen gefährdet. Die regionale Folge ist eine drastische Reduktion von Flussläufen und das Austrocknen von Quellen, was den Wasserstress für Menschen und Ökosysteme weiter erhöht. Die Ausweitung des Bergbaus in diesem fragilen Ökosystem fordert den Schulterschluss von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Die Forderungen des Mining Observatory gehen über bloße regulative Maßnahmen hinaus.
Die Experten plädieren für integrative Strategien, die Klimaanpassung, Umweltkontrolle und soziale Gerechtigkeit miteinander verbinden. Essentiell ist dabei die Einbindung von Rechteinhabern vor Ort, die als politische Akteure anerkannt werden müssen, um langfristige und legitime Lösungen zu erzielen. Fachleute aus dem Bereich des Bergbaus, wie Vertreter des International Council on Mining and Metals (ICMM), unterstützen diesen Ansatz und heben hervor, dass technologischer Fortschritt und ökologische Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen müssen. Erfolgreiche Bergbauunternehmen implementieren bereits heute umfassende Risikomanagementsysteme, die Klimarisiken systematisch analysieren und in ihre Betriebsstrategien integrieren. Dabei dient der aktuelle Erkenntnisstand des Weltklimarats (IPCC) als Grundlage, um Szenarien zu bewerten und die Widerstandsfähigkeit der Lieferketten zu gewährleisten.
Trotz technischer Fortschritte reicht es nicht aus, wenn Unternehmen allein Verantwortung übernehmen. Ein effektives Monitoring und eine strenge Regulierung durch staatliche Akteure sind unabdingbar, um die Einhaltung von Standards zu garantieren und die Bevölkerung vor den oft irreversiblen Folgen des Bergbaus zu schützen. Nur so kann der Konflikt zwischen der weltweiten Nachfrage nach klimafreundlichen Technologien und dem Schutz von Menschenrechten und Umwelt fair ausgeglichen werden. Insgesamt steht Brasilien vor der Herausforderung, seine bedeutende Rolle in der globalen Energiewende mit nachhaltigen und sozial gerechten Bergbaustrategien zu verknüpfen. Die Gefahr, dass der Abbau von Übergangsmineralien soziale Ungerechtigkeiten verschärft und ökologische Systeme zerstört, muss unbedingt eingedämmt werden.
Ein verbindliches Regelwerk, mehr Transparenz, Beteiligungsrechte der betroffenen Gemeinschaften und evidenzbasierte Klimaanpassungsstrategien sind fundamentale Bausteine, damit der Bergbau nicht zur Belastung, sondern zum Motor einer ökologisch verantwortbaren Entwicklung wird. Nur durch eine konsequente, multidimensionale Regulierung kann Brasilien seine mineralischen Ressourcen so nutzen, dass sie sowohl den globalen Klimazielen dienen als auch die Rechte und Lebensweisen seiner Bevölkerung respektieren und schützen.