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Das Dilemma der digitalen Wissensaneignung: Die Ethik hinter dem Einsatz von Raubkopien im KI-Training

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Stealing Books to Teach Machines

Die Nutzung von frei zugänglichen und oft illegal verbreiteten Büchern zur Schulung Künstlicher Intelligenz wirft komplexe ethische, rechtliche und kulturelle Fragen auf. Ein tiefgehender Blick auf die Kontroverse rund um LibGen, Urheberrechte und die Zukunft des Lernens im digitalen Zeitalter.

Im digitalen Zeitalter erleben wir eine Revolution des Wissenszugangs, die einerseits vielfältige Möglichkeiten eröffnet, andererseits aber auch tiefgreifende ethische Fragestellungen hervorruft. Insbesondere die wachsende Praxis, Künstliche Intelligenz (KI) durch das Training an millionenfach verbreiteten Büchern aus sogenannten Schattenbibliotheken wie LibGen zu schulen, stellt unsere Vorstellungen von Eigentum, Lernen und Innovation auf die Probe. Dieses Phänomen wirft grundlegende Fragen darüber auf, wie Wissen heute geteilt, weitergegeben und weiterentwickelt werden sollte und in welchem Maße die Nutzung solcher Quellen gerechtfertigt sein kann. Eine kritische Analyse zeigt, dass es dabei nicht nur um das Rechtliche geht, sondern vor allem um die moralische Dimension des Wissenstransfers und der Verantwortung gegenüber den ursprünglichen Autoren und Inhaltsschöpfern. Das erste zentrale Spannungsfeld entsteht bei der Frage, was Lernen eigentlich bedeutet – und ob eine Maschine, die riesige Mengen an Digitaltexten verarbeitet, mit menschlichem Lesen vergleichbar ist.

Während der menschliche Lesende aktiv interpretiert, reflektiert, annotiert und nun auch oft in einen disruptiven Kontext setzt, trägt eine KI lediglich Daten statistisch zusammen, verdichtet und abstrahiert. Hier liegt eine grundsätzliche Verwechslung vor: Das bloße Einspeisen von Texten in eine algorithmische Verarbeitung ist technisch möglicherweise kein „Lesen“ im herkömmlichen Sinne, sondern eher eine Form des Kalkaustauschs oder der massenhaften Vervielfältigung. Das führt unweigerlich zu der Frage, ob von einem Diebstahl gesprochen werden kann, wenn das Urheberrecht umgangen wird, auch wenn der so genutzte Texteingang nicht mit menschlichem Erwerb von Wissen gleichzusetzen ist. Ein weiterer Aspekt ist die jahrhundertealte Tradition des kulturellen „Aneignens“ und des Remixens. Schon immer basierte kulturelle Produktion auf der Nutzung und Adaptation früherer Werke.

Philosophen wie Heidegger sprechen von „Appropriation“ als einem Grundakt des Menschen, der darin besteht, das Fremde zu eigen zu machen. Auch die jüdische Midrasch-Tradition zeigt, dass das kreative Interpretieren und Neueinbetten von Texten essenziell für intellektuelles Wachstum ist. Berühmte Künstler und Schriftsteller wie Shakespeare und Duchamp haben demokratisch übernommen und transformiert, was vor ihnen war, um eigene, innovative Ergebnisse hervorzubringen. Westliche Kultur ist somit ein riesiges Archiv aus fortlaufendem kulturellem Dialog und gegenseitiger Einflussnahme. Problematisch wird es jedoch, wenn im Kontext moderner KI die Dimensionen der Nutzung auf ein beispielloses Ausmaß anwachsen und dabei Transparenz sowie Einverständnis der Urheber fehlen.

Während Einzelpersonen oder akademische Forscher auf einzelne Werke zugreifen, nutzen KI-Modelle oft massive Mengen an Daten, auf deren Herkunft nicht ausreichend geachtet wird. Dadurch entziehen sich etablierte Mechanismen von Erlaubnis und fairem Ausgleich zunehmend der Kontrolle. Damit eröffnet sich ein rechtliches und ethisches Vakuum, das dringend diskutiert werden muss, wenn nicht das Vertrauen in Wissensgemeinschaften verloren gehen soll. Das Beispiel von LibGen illustriert eine weitere Facette dieses Dilemmas. Die Schattenbibliothek agiert in einer Grauzone zwischen Legalität und illegalem Angebot, ist jedoch für viele Nutzer weltweit essentiell, um Zugang zu wissenschaftlichen Publikationen, Hochschulbüchern und anderen Inhalten zu erhalten, die andernfalls aufgrund hoher Preise oder institutioneller Zugangsbarrieren verschlossen bleiben würden.

Die Realität des heutigen akademischen Verlagswesens mit seinen teuren Abo-Modellen steht in starkem Gegensatz zu historischen Formen der Wissensverbreitung, die auf Offenheit und gemeinschaftlichem Nutzen basierten. Bewegungen wie Open Access oder Open Source zeigen, dass alternative Modelle möglich sind, die Wissen freier zugänglich machen. Die Verantwortung der großen Technologieunternehmen, die KI-Plattformen entwickeln, ist in diesem Zusammenhang immens. Das Argument, dass das Ausgangsmaterial der KI häufig selbst das Produkt gemeinschaftlicher Anstrengungen war, führt zu einer moralischen Pflicht zur Gegenseitigkeit und Fairness. Es reicht nicht aus, sich lediglich auf juristische Grauzonen oder auf die Abwesenheit rechtlicher Sanktionen zu berufen.

Vielmehr muss eine neue Art von Gesellschaftsvertrag rund um Wissen und seinen digitalen Gebrauch finden, der Respekt, Anerkennung und Feedbackschleifen ermöglicht. In der Frage des Eigentums an Wissen lassen sich philosophische Perspektiven heranziehen. John Locke zeigte mit seiner Arbeitswerttheorie, dass Eigentum dort entsteht, wo Mensch Arbeit investiert. Dies lässt sich auch auf Bücher und Wissen übertragen, da ihre wahre Wertschöpfung nicht nur in der Reproduktion von Worten, sondern im bewussten Lesen, Verstehen und Verarbeiten liegt. KI hingegen extrahiert Inhalte auf statistische Weise ohne das tiefergehende menschliche Verständnis.

Daraus ergeben sich komplexe Gedanken zur Frage, ob man auf diese Weise „liest“ oder „liest“ stehlt. Diese Debatte wird umso komplexer, wenn wir Platon ins Spiel bringen, der im Phaidros bereits darauf hinwies, dass Schrift als Medium die lebendige Konversation verzerrt und verfremdet – womit sich die Grenzen zwischen menschlicher Rezeption und maschineller Verarbeitung weiter verwischen. Ein ironisches Moment liegt außerdem darin, dass manche Denker wie Proudhon, der einst die Formel „Eigentum ist Diebstahl“ prägte, heute unbeabsichtigt als ideologische Stichhaltigkeit für die Geschäftsmodelle großer Tech-Konzerne fungieren. Dies führt zu einer Paradoxie, bei der anti-eigentumsorientierte Argumente für kommerzielle Zwecke instrumentalisiert werden und die ethische Debatte zusätzlich weiter komplizieren. Aus der Fülle der Facetten ergibt sich die dringende Notwendigkeit, neue ethische und juristische Kategorien zu entwickeln, die über die traditionelle Rechtsprechung hinausgehen.

Es braucht differenzierte Begriffe, um die Grenzen zwischen Lernen und bloßem massenhaftem Extrahieren, zwischen schöpferischer Umgestaltung und reinem Recycling, zwischen authentischem Urheberschaftsanspruch und bloßer Wirkung klar zu ziehen. Die Suche nach Antworten ist dabei nicht rein normativ, sondern narrativ geprägt: Welche Geschichten erzählen wir über das Lesen, das Denken, das Forschen und das Teilen im digitalen Zeitalter? Wie definieren wir den Wert von Gedanken, wenn sie das Gehirn verlassen und in digitale Archive gelangen? Wer besitzt letztlich die Form, die ein Gedanke annimmt, wenn er einmal niedergeschrieben oder kodiert wurde? Das Thema „Stehlen von Büchern zum Lehren von Maschinen“ berührt somit einen der sensibelsten Punkte unserer Zeit: Wie gestalten wir den Umgang mit Wissen in einer Welt, in der Daten die wichtigste Ressource sind? Ohne einen sorgfältigen Ausgleich von Interessen laufen wir Gefahr, die soziale Basis von Innovation und Lernen selbst zu zerstören. Es bedarf eines neuen gesellschaftlichen Konsenses, der sowohl die Rechte der einzelnen Schöpfer als auch das Interesse der Allgemeinheit an freiem Zugang berücksichtigt und eine verantwortungsvolle Nutzung fördert. Letztlich steht hinter all dem die Frage, wie wir in einer hybriden Welt, in der Mensch und Maschine vernetzt lernen, kreativ sind und Wissen produzieren, eine Ethik des Miteinanders schaffen. Die Herausforderung liegt darin, Technologie nicht als raubritterisches Instrument zu begreifen, sondern als Chance für gemeinsame Erfindungen und nachhaltigen Fortschritt.

Nur wenn wir diese neue Dimension anerkennen und die klassischen Vorstellungen von Eigentum, Autorenrecht und Lesart weiterdenken, können wir den ungeheuren Potenzialen der Künstlichen Intelligenz gerecht werden, ohne das kulturelle Fundament der Gesellschaft zu erschüttern.

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