Die moderne Arbeitswelt ist geprägt von zahllosen Meetings, eingehenden Gesprächen und einer Flut an Informationen, die es zu dokumentieren gilt. Hierbei setzen viele auf innovative Tools wie Granola.ai, die eine automatische Transkription von Besprechungen ermöglichen und die Nachbereitung von Meetings erleichtern. Doch trotz der Leistungsfähigkeit von Granola.ai stellt sich oft die Herausforderung, die wertvollen Notizen auch zentral und nachhaltig zu speichern.
Viele Anwender bevorzugen dafür Obsidian, eine vielseitige Softwarelösung, die mit ihrem einfachen, textbasierten Markdown-Format und vielseitigen Plugins einen effizienten Umgang mit Wissen erlaubt. Der Wunsch, Granola-Notizen automatisiert in Obsidian zu transferieren, ist daher naheliegend und eröffnet neue Möglichkeiten für produktives Arbeiten. Doch wie lässt sich eine solche Integration realisieren, wenn Granola keine offizielle API anbietet? Das Schlüsselwort heißt Reverse Engineering. Durch die Analyse des Datenverkehrs zwischen der Granola Desktop-App und deren Backend können wichtige Erkenntnisse gewonnen werden, wie Notizen abgerufen und verarbeitet werden. Dies ermöglicht es, individuelle Lösungen zu entwickeln, um die Transkripte in das eigene Obsidian Repository einzuspeisen.
Ein pragmatischer Einstieg in dieses Unterfangen ist die Beobachtung, dass Granola eine get-documents Schnittstelle nutzt, über die die Notizen abgerufen werden. Ohne offizielle Dokumentation lässt sich durch einen sogenannten Proxy, der als Vermittler zwischen der App und dem Internet fungiert, der Datenverkehr analysieren und verstehen. Dabei wurde festgestellt, dass die API eine Authentifizierung mittels Bearer Token verlangt, was eine wichtige Sicherheitsmaßnahme darstellt. Das Token kann lokal aus der Datei supabase.json extrahiert werden, die Granola auf dem System hinterlässt.
Mit diesm Authentifizierungsnachweis ist es möglich, gezielt Daten von Granola abzurufen. Um die gewonnenen Daten sinnvoll weiterzuverarbeiten, müssen die Inhalte aus ihrem Originalformat übersetzt werden. Granola nutzt für die Strukturierung seiner Notizen das sogenannte ProseMirror JSON-Format. Dieses Datenformat beschreibt die Textstruktur ähnlich wie ein Baukasten mit hierarchisch verschachtelten Elementen für Überschriften, Absätze und Listen. Um es in Obsidian nutzen zu können, ist es erforderlich, dieses Format in Markdown zu konvertieren, das bevorzugte Notiz- und Dokumentformat von Obsidian.
Hierzu wurden Programmierlogiken entwickelt, die rekursiv durch die Baumstruktur navigieren und die jeweiligen Bestandteile als Markdown-Syntax ausgeben. Beispielsweise werden Überschriften mit der Anzahl an Rautezeichen markiert, Listenpunkte mit Bindestrichen vorangestellt und Absätze mit absorbierbaren Zeilenumbrüchen versehen. Das Ergebnis ist ein lesbares Markdown-Dokument, das sich direkt in Obsidian einbinden lässt. Für viele Anwender ist es ambitioniert, die gesamte Transformation komplett von Hand zu schreiben. Doch nach der Analyse des Datenflusses und der Datenstrukturen war es möglich, einen automatisierten Python-Skript zu entwickeln.
Dieses Skript übernimmt sämtliche Arbeitsschritte – das Laden der Authentifizierungsdaten, das Abrufen der Dokumente von Granola, die Umwandlung des ProseMirror-Inhalts in Markdown und das Speichern der resultierenden Dateien in einem frei wählbaren Verzeichnis, zum Beispiel dem eigenen Obsidian-Vault. Die Automatisierung sorgt nicht nur für eine erhebliche Zeitersparnis, sondern eliminiert auch Fehlerquellen und erlaubt eine wiederholbare Synchronisation der Notizen. Das Skript ist robust konzipiert, es prüft die Verfügbarkeit der Credentials, validiert die Antwort der API und behandelt potenzielle Ausnahmen während des Ladevorgangs. Für jede erfolgreich konvertierte Notiz wird eine eigene Markdown-Datei mit passendem Dateinamen inklusive Sicherheitsmechanismen für ungültige Zeichen erstellt und als fertiges Notizdokument abgespeichert. Zur besseren Nachverfolgung erhalten die Dateien einen YAML-Frontmatter Abschnitt, der Metadaten wie Titel, Erstellungs- und Aktualisierungszeitpunkt sowie die interne Granola-ID enthält.
Dies ermöglicht eine strukturierte und nachvollziehbare Verwaltung innerhalb Obsidian. Die praktische Umsetzung dieses Reverse Engineering-Projekts verdeutlicht, dass die Kombination aus technischer Neugier, Analysegeschick und moderner Programmierung selbst bei fehlender offizieller Schnittstelle Lösungen schafft. Nutzer profitieren von der Flexibilität, ihre Granola-Notizen an einem Ort zu bündeln, indem sie die Stärken beider Werkzeuge verbinden: die automatischen Transkriptionen von Granola und die vielseitigen Möglichkeiten zur Wissensorganisation in Obsidian. Darüber hinaus eröffnet der Ansatz spannende Perspektiven für weiterführende Entwicklungen. So ließe sich aus dem Verfahren eine dedizierte Obsidian-Plugin-Integration bauen, die den Prozess noch intuitiver gestaltet und mit einem Interface in der Obsidian-Umgebung bedient werden kann.
Auch weitere Funktionalitäten der Granola-API können erkundet und für nützliche Anwendungen erschlossen werden. Technisch interessierte Anwender haben mit diesem Ansatz die Möglichkeit, tief in die Systemarchitektur einzutauchen und wertvolle Erkenntnisse über Sicherheit, Datenformate und Systemkommunikation zu gewinnen. Gleichzeitig wird deutlich, wie wichtig es ist, sensible Daten wie Access Tokens verantwortungsvoll zu behandeln, um Datenschutz und Privatsphäre dauerhaft zu sichern. Für Nutzer, die regelmäßig Meetings dokumentieren und auf qualitativ hochwertige, gut zugängliche Notizen angewiesen sind, bedeutet diese Lösung einen erheblichen Mehrwert. Die zentrale Ablage der Notizen in Obsidian kann signifikant zur Verbesserung von Produktivität und Wissenstransfer in Teams und individuellen Arbeitsabläufen beitragen.
Zudem unterstützt die offene Textdatei-Struktur eine einfache Versionierung und die Nutzung von Tools wie Git zur Nachverfolgung von Änderungen. Zusammenfassend zeigt die Reverse Engineering-Methode, wie durch kreatives Umdenken und technische Kompetenz bestehende Einschränkungen überwunden werden können. Die Integration von Granola und Obsidian punktet mit hoher Praxisrelevanz, eröffnet neue Wege der Informationsverwaltung und stärkt so effizientes Arbeiten im digitalen Zeitalter. Es bleibt spannend, welche weiteren Innovationen in diesem Bereich entstehen und wie sich die Synergien zwischen Meeting-Intelligenz und Knowledge Management künftig weiter vertiefen.