Die rasante Entwicklung der künstlichen Intelligenz hat in den letzten Jahren für großen Aufruhr in der Technologiebranche gesorgt. Immer komplexere Modelle und neue Anwendungen bestimmen den Alltag von Unternehmen und Privatpersonen gleichermaßen. Doch trotz beeindruckender Fortschritte weist Meta’s Chef für künstliche Intelligenz, Yann LeCun, auf fundamentale Defizite hin, die aktuelle KI-Systeme daran hindern, echten menschlichen Intellekt zu erreichen. Seine Aussagen werfen ein Licht auf den Stand der Technik und liefern wertvolle Hinweise auf die Richtung, in die sich die KI-Forschung künftig bewegen muss. Yann LeCun, weithin bekannt als eine der Schlüsselfiguren hinter Meta’s KI-Strategie, äußerte auf dem AI Action Summit in Paris eine kritische Perspektive auf die Fähigkeiten heutiger großer Sprachmodelle (LLMs).
Er betonte, dass das, was derzeit als künstliche Intelligenz vermarktet wird, vielfach eher auf Mustererkennung basiert und grundlegende Merkmale intelligenten Verhaltens nicht aufweist. Für LeCun ist intelligente Verhaltensweise definiert durch eine Reihe von Eigenschaften, die alle relativ klugen Tiere und Menschen besitzen. Diese Eigenschaften umfassen das Verständnis der physischen Welt, die Fähigkeit zu dauerhaftem Gedächtnis, zu argumentativem Denken sowie zur Planung komplexer, hierarchischer Handlungen. Gegenwärtige KI-Modelle wie ChatGPT oder ähnliche LLMs basieren vorwiegend auf der Analyse großer Datenmengen und statistischer Wahrscheinlichkeiten. Sie sind Meister darin, Muster zu erkennen und darauf basierende Antworten zu generieren – doch echte Intelligenz benötigt mehr: die Fähigkeit, die Welt wirklich zu begreifen, Schlussfolgerungen zu ziehen, aus vergangenen Erfahrungen zu lernen und zielgerichtet zu handeln.
Dies sei bei aktuellen Modellen nicht gegeben, so LeCun. Ein wesentlicher Grund dafür liege in der Trainingsweise dieser Modelle, die zurzeit vor allem auf Textkorpora basieren und selten mit realitätsnahen, interaktiven Szenarien gefüttert werden. Um die Lücke zwischen heutiger KI und menschlicher Intelligenz zu schließen, plädiert LeCun für sogenannte „world-based models“. Diese Modelle sollen nicht nur Statistiken aus Texten ziehen, sondern auf echten, physikalischen und sozialen Welten basieren. Sie wären in der Lage, durch Interaktion mit ihrer Umgebung ein tieferes Verständnis zu entwickeln.
Elementar ist dabei die Fähigkeit, Aktionen zu imaginieren und deren Auswirkungen auf die Welt vorherzusagen. Dieses sogenannte mentale Modellieren ist eine Kernfunktion menschlicher Kognition – wir simulieren intern mögliche Szenarien, bevor wir handeln. Das Abstrahieren von Situationen und das Vorhersagen von Konsequenzen sind Grundbestandteile eines solchen Prozesses. Meta experimentiert bereits mit Ansätzen, die in diese Richtung gehen. Eine dieser Methoden ist die Retrieval Augmented Generation (RAG).
Dabei werden externe Wissensquellen genutzt, um die Fähigkeiten von Sprachmodellen zu erweitern. Im Februar 2025 präsentierte Meta zudem V-JEPA, ein nicht-generatives Modell, das lernt, fehlende oder maskierte Teile von Videos zu rekonstruieren. Dieses Modell stellt eine Abkehr von rein textbasierten Trainingsverfahren dar und könnte die Grundlage für die Entwicklung von KI werden, die realistischere Szenarien versteht und verarbeitet. Trotz dieser vielversprechenden Innovationen steht Meta aktuell vor Herausforderungen beim Aufbau und Erhalt von Top-Talenten im KI-Feld. Insiderberichte zeigen, dass ein Großteil der ursprünglichen Entwickler des Llama-Modells das Unternehmen verlassen hat.
Einige haben sich einem Start-up namens Mistral angeschlossen, das von ehemaligen Meta-Forschern gegründet wurde. Dieser Abgang von Schlüsselpersonen könnte sich negativ auf die Innovationskraft bei Meta auswirken. Die jüngste Veröffentlichung von Llama 4 erhielt von der Entwickler-Community nur verhaltene Resonanz. Währenddessen setzen andere große Akteure wie OpenAI mit GPT-4o, Google mit Gemini 2.5 Pro oder Anthropic mit Claude 4 Sonnet verstärkt auf Modelle, die explizit Fähigkeiten zum logischen Denken und komplexer Planung besitzen.
Diese Konkurrenz bringt Dynamik in den KI-Wettbewerb, aber auch Druck auf Meta, ihre Modelle und Ansätze zu optimieren. Die Probleme, die LeCun bei heutigen Modellen anspricht, sind nicht rein technischer Natur. Sie zeigen vor allem auf, wie schwierig es ist, eine KI zu erschaffen, die über reine Wissensaggregation hinausgeht und wirkliche Kognition entwickelt – also bewusst denkt, lernt und entscheidet. Die derzeit dominierenden LLMs sind hervorragend in der Imitation menschlicher Sprache und in der Generierung kohärenter Texte, doch das bedeutet nicht, dass sie wirklich verstehen, was sie produzieren. Das Konzept der Weltbasiertheit verlangt von KI-Entwicklern, dass Modelle durch aktive Interaktion und Abstraktion lernen, nicht nur durch passives Konsumieren von Daten.
Dies ist ein Paradigmenwechsel, der erhebliche Forschungsbemühungen und neue Methoden erfordert. KI muss die Fähigkeit erlangen, in einer offenen Welt mit einer Vielzahl von unvorhersehbaren Ereignissen sinnvoll zu agieren. Ohne diese Fähigkeit bleiben KI-Systeme auf abgegrenzte Aufgaben beschränkt und sind anfällig für Fehler, die Menschen leicht vermeiden würden. Die Herausforderung: Wie kann man einer Maschine beibringen, komplexe Handlungen zu planen, basierend auf abstrakten Konzepten und langfristigen Zielen? Und wie kann man sicherstellen, dass die Modelle ein sicheres, verlässliches und ethisches Verhalten zeigen? Diese Fragen sind zentral für die Entwicklung zukünftiger KI-Systeme und werden von Meta und anderen Forschungslabors intensiv verfolgt. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von KI in Wirtschaft, Gesellschaft und Alltag ist es essenziell, dass künstliche Intelligenz nicht nur leistungsfähiger, sondern auch intelligenter im eigentlichen Sinne wird.
KI-Modelle müssen echte mentale Fähigkeiten besitzen, um als nützliche Helfer in komplexen Umgebungen zu bestehen – sei es in der Medizin, im Ingenieurwesen, in selbstfahrenden Autos oder bei der Entscheidungsunterstützung. Meta’s Engagement in diesem Bereich sowie die kritische Selbstreflexion von Yann LeCun sind wichtige Beiträge, um zu verstehen, wie ungeheuer anspruchsvoll der Weg zur echten künstlichen Intelligenz ist. Die technologische Landschaft verändert sich rapide, doch die Grenzen des Machbaren sind noch lange nicht erreicht. Die Verschmelzung von Forschung, Praxis und unternehmerischem Antrieb wird entscheidend sein, um die nächste Generation intelligenter Maschinen zu entwickeln. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Meta’s KI-Chef betont, dass das wahre Verständnis und die Intelligenz von Maschinen weit über die Fähigkeiten heutiger Modelle hinausgehen müssen.
Die Zukunft der KI liegt in Weltmodellierung, Hierarchieplanung und echtem kognitivem Lernen. Diese Erkenntnisse sollten sowohl Entwickler als auch Anwender der künstlichen Intelligenz aufmerksam verfolgen, um fundierte Entscheidungen in einem zunehmend KI-getriebenen Umfeld zu treffen.