NATS steht als eines der zentralen Messaging-Systeme im Cloud Native Umfeld und hat sich insbesondere für Microservices, Internet-of-Things (IoT) Anwendungen sowie Event-Streaming als unverzichtbar erwiesen. Ursprünglich von Synadia entwickelt und 2018 an die Cloud Native Computing Foundation (CNCF) als Open Source Projekt gespendet, erlebt die Plattform nun einen Machtkampf, der weit über die technische Ebene hinausgeht. Synadia fordert die Rückgabe der Kontrolle über NATS und versucht dabei, die Marke und das geistige Eigentum wieder zurückzuerlangen – ein Vorgang, der sowohl innerhalb als auch außerhalb der Open Source Gemeinschaft für erhebliches Aufsehen sorgt. Die Entwicklung von NATS selbst ist beispielhaft für moderne Cloud Native Technologien. Unter der Führung der CNCF konnte das Projekt erheblich wachsen und von der Unterstützung zahlreicher Organisationen profitieren.
Über 700 Unternehmen haben inzwischen zu NATS beigetragen, was dessen Status als Gemeinschaftsprojekt festigt. Die CNCF investierte zudem Ressourcen in Sicherheitstests, rechtliche Absicherung und Marketing, um das Ökosystem rund um NATS zu stärken. Gleichzeitig behauptet Synadia jedoch, dass rund 97 Prozent des Codes von ihr selbst stammt und die langfristige Stabilität des Projekts davon abhängt, dass Synadia wirtschaftlich erfolgreich bleibt. Damit wird deutlich, dass hinter dem aktuellen Konflikt tiefgreifende Interessen stehen, die das Verhältnis zwischen Unternehmensinteressen und Open Source Modellen berühren. Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Frage der Markenrechte und der Lizensierung.
Während NATS bisher unter der Apache 2.0 Lizenz betrieben wurde, plant Synadia, zukünftige Versionen unter die Business Source License (BSL) zu stellen. Die BSL erlaubt es, den Quellcode offen zu halten, setzt aber Einschränkungen bei der kommerziellen Nutzung. Dieses Vorgehen wird von der CNCF als Abkehr von den Prinzipien der ursprünglichen Offenheit bewertet. Noch gravierender erscheint der Versuch Synadias, den Namen NATS und die zugehörige Infrastruktur, einschließlich der Domain nats.
io und der offiziellen GitHub Organisation, zurückzufordern. Dies erfolgt trotz der langjährigen Verwaltung durch die CNCF und trotz der Tatsache, dass das Projekt von der Gemeinschaft als Teil der Foundation wahrgenommen wird. Die CNCF argumentiert, dass das Übergeben von Open Source Projekten an die Foundation den Zweck hat, sie vor der Zugriffnahme durch einzelne Unternehmen zu schützen. Die Markenrechte sind dabei ein zentrales Mittel zur Sicherstellung von Vendor-Neutralität. Synadia hatte sich zwar an den Kosten der Markenregistrierung beteiligt und war lange Zeit als Verantwortlicher der Marke geführt worden, jedoch wurde die Übertragung der Markenrechte an die Linux Foundation – wie bei CNCF Projekten üblich – nie abgeschlossen.
Dieses juristische Schlupfloch nutzt Synadia nun, um die Kontrolle über NATS zurückzugeben und die Lizenzbedingungen zu ändern. Dabei setzt die Firma auf das Argument, dass für eine nachhaltige Weiterentwicklung kommerzielle Unterstützung unerlässlich sei. Laut Synadia-Gründer Derek Collison ist die monetäre Absicherung des Unternehmens der Schlüssel, um den Erfolg von NATS langfristig zu gewährleisten. Doch die CNCF und viele Mitglieder der Open Source Community sehen hierin das Risiko eines heraufziehenden Vendor-Lock-ins, bei dem ein Unternehmen entgegen der abgestimmten Gemeinschaftsregeln entscheidet und die Projekte in eine proprietäre Richtung lenkt. Die Reaktionen auf den Disput waren emotional und kontrovers.
Vertreter wie William Morgan von Buoyant sehen in diesem Konflikt ein Beispiel für eine potenziell zerstörerische Entwicklung in der Open Source Landschaft. Er hebt hervor, dass innerhalb der CNCF die öffentliche Erwartung gilt, dass Projektressourcen nicht von einzelnen Anbietern kontrolliert werden sollten. Die konsequente Übertragung der Markenrechte an die Foundation werde als zentrales Governance-Werkzeug angesehen, das Synadia nicht eingehalten habe. Auch andere Community-Mitglieder wie Liam Randall, CEO von Cosmonic, zeigen sich überrascht und enttäuscht, da die CNCF-Steuerung der Garant für Transparenz, Stabilität und langfristige Zuverlässigkeit gewesen sei. Dieser Konflikt ist mehr als ein einfacher Rechtsstreit.
Er symbolisiert ein grundlegendes Spannungsfeld in der Welt der modernen Open Source Software: Wie lassen sich unternehmerische Interessen und Gemeinschaftsideale in Einklang bringen? Welche Rolle spielen Lizenzmodelle und Markenschutz in der Sicherung nachhaltiger Softwareentwicklung? Und wie kann die Verantwortung für ein Projekt fair zwischen den ursprünglichen Entwicklern, der Gemeinschaft und Foundation-Strukturen verteilt werden? Für Synadia ist die Ambition klar: Das Unternehmen möchte mit NATS wirtschaftlich erfolgreich sein, ohne dabei das Projekt zu verlieren, das man selbst maßgeblich aufgebaut hat. Die geplante Umstellung auf die Business Source License stellt einen Versuch dar, Einnahmequellen zu erschließen, die es der Firma ermöglichen, weiterhin an NATS zu arbeiten. Gleichzeitig will Synadia die Kontrolle über Name und Infrastruktur zurückgewinnen, um die strategische Führung zu besitzen. Die CNCF hingegen weist diese Forderungen zurück und betont, dass die Offenheit und der gemeinschaftliche Charakter des Projekts nicht gefährdet werden dürfen. Die Foundation sieht sich als Hüter einer unabhängigen Projektführung, die von einem breiten Kreis getragen wird und nicht von einem einzigen wirtschaftlichen Akteur.
Die Forderung, das Projekt unter der Apache 2.0 Lizenz zu belassen und die Markenrechte bei der Foundation zu sichern, wird als notwendige Maßnahme betrachtet, um den Spirit der Open Source Bewegung zu bewahren. Der Streit eskalierte schließlich auch auf rechtlicher Ebene, mit Anträgen seitens der CNCF, die Markenregistrierungen von Synadia anzufechten und die Kontrolle über wichtige Assets des Projekts zu sichern. Die Zukunft des Projekts stand damit zeitweise auf dem Spiel. Doch ein öffentlich bekannt gewordener Vergleich Ende April 2025 brachte vorläufige Entspannung: Beide Parteien einigten sich darauf, dass NATS weiterhin unter der CNCF als Open Source Projekt betrieben wird.
Damit wurden zumindest kurzfristig die Zusammenarbeit und der gemeinschaftliche Geist wiederhergestellt. Die gesamte Situation zeigt exemplarisch die komplexen Herausforderungen von Open Source Governance im 21. Jahrhundert. Projekte wie NATS, die großen Einfluss auf Cloud Native Infrastruktur und Microservices-Architekturen haben, sind von enorm strategischer Bedeutung. Die Balance zwischen unternehmerischer Monetarisierung, offenen Kollaborationsmodellen und Rechtssicherheit ist schwierig und erfordert klare Regeln und gegenseitiges Verständnis.
Darüber hinaus setzt der Fall wichtige Impulse für andere Open Source Projekte und daran beteiligte Firmen. Er erinnert daran, dass die Übergabe von Markenrechten und der damit verbundenen Verantwortung an neutrale Stiftungen mehr als ein formaler Akt ist. Es handelt sich vielmehr um ein fundamentales Prinzip der vertrauensvollen Zusammenarbeit und der Absicherung gemeinsamer Werte, die der gesamten Gemeinschaft dienen. Gleichzeitig zeigt der Fall, dass wirtschaftliche Interessen einzelner Entwickler oder Firmen nicht ignoriert werden können. Nachhaltigkeit in der Softwareentwicklung bedarf Finanzierung und Anreizen für die Beteiligten – ein gemeinsamer Nenner, auf dessen Basis neue Modelle für Open Source entstehen müssen.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass der Rechtsstreit um NATS und die Kontrolle durch Synadia und CNCF ein wegweisender Präzedenzfall wird. Die Cloud Native Community, Softwareentwickler, Unternehmen und Open Source Enthusiasten beobachten gespannt, wie sich die Governance-Strukturen künftig weiterentwickeln. Die Offenheit, Stabilität und Innovationskraft von Projekten stehen auf dem Spiel, wenn es um Marken, Lizenzen und den Einfluss von Firmen geht. Es gilt ein Prozess, der die Vielfalt und das Wachstum von Open Source unterstützt und gleichzeitig fairen Ausgleich zwischen den Anspruchsgruppen schafft. NATS bleibt nach dem Vergleich ein Leuchtturmprojekt innerhalb der CNCF und ein Symbol für die Herausforderungen und Chancen der modernen Open Source Welt.
Aus dem Konflikt haben alle Beteiligten wichtige Lektionen gezogen, die weit über die technische Bedeutung hinausgehen und die Weichen für die nächsten Jahre im Cloud Native Bereich stellen. Die Community hat dabei die Möglichkeit, Governance-Mechanismen neu zu definieren und Vertrauen in kollaborative Modelle zu stärken, um gemeinsam die Zukunft der Softwareentwicklung zu gestalten.