Die Lithium-Ionen-Batterie ist heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Ob in Smartphones, Laptops, Elektroautos oder erneuerbaren Energiespeichersystemen – ihre Bedeutung ist immens. Doch wer hat eigentlich die wiederaufladbare Lithium-Ionen-Batterie erfunden? Die Antwort darauf ist komplex und zeigt eine spannende Geschichte voller wissenschaftlicher Entdeckungen, unternehmerischer Entscheidungen und glücklicher Fügungen. Die Anfänge liegen in den frühen 1970er Jahren. Ein junger britischer Chemiker namens M.
Stanley Whittingham arbeitete damals bei Exxon Research and Engineering in New Jersey. Inspiriert durch die prognostizierte Rohölverknappung und die Suche nach alternativen Energien, entwickelte er 1972 die erste Lithium-Interkalationsbatterie. Diese bahnbrechende Technik basierte auf einem Titansulfid-Kathodenmaterial und metallischem Lithium als Anode. Durch den Prozess der Interkalation konnten Lithium-Ionen in die Gitterstruktur des Kathodenmaterials eingefügt und wieder herausgelöst werden, was das wiederaufladbare Prinzip der Batterie ermöglichte. Whittinghams Batterie erreichte eine Spannung von etwa 2,4 Volt, was damals ein großer Fortschritt gegenüber den üblichen Nickel-Cadmium-Batterien mit etwa 1,3 Volt war.
Trotz dieses Erfolges und einer kurzen Herstellung von Münzzellen durch Exxon konnte sich die Technologie in dieser Phase noch nicht durchsetzen. Exxon verlor das Interesse, da die Batterien noch nicht marktreif erschienen und die Ölpreise zu der Zeit niedrig waren. Die Erfindung wurde an mehrere Unternehmen weitergegeben, ohne dass ein Durchbruch erzielt wurde. Die nächste wichtige Station in der Entwicklung war die Arbeit von John B. Goodenough an der Universität Oxford ab Mitte der 1970er Jahre.
Goodenough baute auf Whittinghams Forschung auf und verbesserte die Kathodendefinition entscheidend. Er ersetzte das Titansulfid durch Lithium-Kobaltoxid, was die Spannung der Batterie auf beeindruckende vier Volt anhob. Dieser Fortschritt war entscheidend, da höhere Spannungen eine stärkere und effizientere Energiequelle ermöglichten. Goodenough und sein Kollege Koichi Mizushima reichten zudem Patente für ihre Entwicklungen ein. Interessanterweise wurde die Finanzierung für das Patent durch das britische Atomic Energy Research Establishment (AERE) übernommen, allerdings verzichteten Goodenough und seine Kollegen auf finanzielle Rechte an der Erfindung.
Während die AERE die Patente hielt, wurde deren kommerzielles Potenzial zunächst unterschätzt und die Patente lagen jahrelang brach. Parallel zu diesen Arbeiten begann der japanische Chemiker Akira Yoshino bei Asahi Chemical in den 1980er Jahren mit eigenen Forschungen, die das Projekt Lithium-Ionen-Batterie weiter vorantrieben. Yoshino suchte nach einem sicheren Anodenmaterial und entschied sich für Kohlenstoff basierend auf Petroleumkoks. Dieses Material erwies sich als viel sicherer als metallisches Lithium, das sowohl reaktiv als auch gefährlich war. Die Kombination von Goodenoughs Lithium-Kobaltoxid-Kathode mit Yoshinos Kohlenstoff-Anode machte die Batterie praktisch einsetzbar.
Die ersten Prototypen entstanden in den Laboren von Asahi Chemical, doch dem Unternehmen fehlte die Erfahrung in der großtechnischen Batterieherstellung. Aus diesem Grund wandten sich Asahi-Entwickler an externe Partner und fanden Unterstützung bei Battery Engineering in den USA. Dort wurde das Laborprototype zu vorproduzierten Batteriezellen weiterentwickelt, was einen weiteren wichtigen Schritt markierte. Trotz dieser Fortschritte herrschte bei Asahi Chemical intern große Zurückhaltung, die Batterietechnik kommerziell anzugehen. Die Unsicherheit und das Risiko ließen die Geschäftsführung zögern.
Den entscheidenden Impuls gab jedoch Sony. 1987 stellte der Asahi-Forscher Isao Kuribayashi Sony seine Batterieprototypen vor, um eine Bestätigung der Technologie zu erhalten. Sony, das bereits Erfahrung in der Batteriefertigung und Bedarf für neue Energiespeicher für ihre neuen Camcorder hatte, erkannte sofort das Potenzial und begann die Entwicklung, um die Batteriezellen marktreif zu machen. In den folgenden Jahren investierte Sony erhebliche Ressourcen, um die Batterie für den Massenmarkt zu perfektionieren. Unter der Leitung von Ingenieur Yoshio Nishi entwickelten sie Fertigungsprozesse für Elektrolytformulierungen, Trennmembranen sowie Binderstoffe.
Sony gelang es, die Lithium-Ionen-Batterie 1991 als erstes Unternehmen weltweit kommerziell einzuführen. Dieses Ereignis markierte den endgültigen Durchbruch und ebnete den Weg für die heutige Elektromobilität und mobile Kommunikation. Während Whittingham, Goodenough und Yoshino als die „Väter“ der Lithium-Ionen-Batterie gelten und 2019 gemeinsam den Nobelpreis für Chemie erhielten, zeigt die Geschichte auch, dass Innovation nur durch den Zusammenschluss von Wissenschaft, Unternehmergeist und der richtigen Marktchance möglich war. Unternehmen wie Exxon und die Universität Oxford hatten die Technologie in den Anfangsjahren in der Hand, erkannten aber angesichts damals begrenzter Märkte nicht, welche Revolution ihre Erfindungen hervorbringen würden. Sony profitierte vom Schicksal, zur richtigen Zeit die notwendige Kompetenz und Motivation zu besitzen, eine neue Batterietechnologie in ein marktfähiges Produkt umzusetzen.
Die Geschichte der Lithium-Ionen-Batterie ist damit auch ein Beispiel dafür, wie technische Erkenntnisse und wirtschaftliche Rahmenbedingungen zusammenwirken müssen, damit Innovationen ihr volles Potenzial entfalten können. Heute befinden sich Lithium-Ionen-Batterien in Milliarden von Geräten weltweit. Sie treiben Elektrofahrzeuge an, speichern Strom aus erneuerbaren Quellen und ermöglichen mobile Kommunikation und Unterhaltung. Die anhaltende Forschung zur Verbesserung der Batteriekapazität, Sicherheit und Nachhaltigkeit zeugt von der Dynamik, die diese Technologie seit ihrer Erfindung entfaltet hat. Die Entwicklungsgeschichte der Lithium-Ionen-Batterie ist eine Hommage an die Forscher, die mit Beharrlichkeit, Kreativität und der Überwindung vieler Rückschläge zur Entstehung einer der wichtigsten Technologien des 20.
und 21. Jahrhunderts beigetragen haben. Ihre Arbeit hat unsere Welt nachhaltiger und vernetzter gemacht und wird auch in Zukunft entscheidend für den technologischen Fortschritt sein.