GitHub hat sich in den letzten Jahren als die dominierende Plattform für die Verwaltung und Zusammenarbeit an Open-Source-Projekten etabliert. Viele Entwickler und Organisationen nutzen den Dienst als zentralen Ort für Quellcode, Issues und die Zusammenarbeit mit einer globalen Entwicklergemeinschaft. Doch trotz der weit verbreiteten Nutzung gibt es zunehmend kritische Stimmen, die hinterfragen, ob es noch zeitgemäß ist, Open-Source-Projekte weiterhin auf GitHub zu hosten. Diese Zweifel basieren nicht nur auf technischer Ebene, sondern auch auf ethischen, politischen und strategischen Gründen. GitHub ist seit 2018 im Besitz von Microsoft.
Für viele Open-Source-Enthusiasten ist Microsoft historisch gesehen nicht gerade als Freund der freien Software bekannt gewesen. Obwohl sich das Unternehmen in den letzten Jahren offener für Open Source gezeigt hat, sollte man die strategischen Motive dahinter nicht außer Acht lassen. Viele Übernahmen von Projekten oder Plattformen durch Microsoft sind als geschäftliche Taktiken zu verstehen, die das Ziel verfolgen, die Kontrolle über wichtige Technologien und Communities zu gewinnen. Diese Entwicklung ist Teil des Wettbewerbs gegen andere Open-Source-Initiativen und dient letztlich der Sicherung von Marktanteilen. Ein wesentlicher Kritikpunkt an GitHub ist dessen proprietärer Charakter.
Die Plattform ist kein Open-Source-Projekt und basiert auf einem zentralisierten Modell, das der Grundphilosophie von Open Source widerspricht. Open Source lebt von Dezentralisierung, Freiheit und Transparenz. Die Kontrolle über die eigene Entwicklung und den Quellcode gehört zu den Kernprinzipien. GitHub hingegen verlagert die Kontrolle auf sich selbst und bindet Benutzer eng an eine geschlossene Plattform. Viele Funktionen wie GitHub Actions, Copilot oder Codespaces schaffen eine Art „Vendor Lock-In“, der es schwierig macht, später auf andere Dienste oder eigene Infrastrukturen umzusteigen.
Ein weiterer Aspekt betrifft die Datenerhebung und Überwachung der Benutzeraktivitäten. GitHub sammelt umfangreiche Telemetriedaten über das Verhalten der Nutzer auf der Plattform. Diese Datensammlungen gehen weit über das übliche Maß hinaus und betreffen nicht nur persönliche Informationen, sondern auch das Nutzungsverhalten und die Interaktionen mit dem Quellcode. Insbesondere GitHub Copilot, die KI-basierte Programmierhilfe, nutzt öffentlich verfügbare Quellcodes als Trainingsdaten, was zu juristischen und ethischen Diskussionen rund um Urheberrecht und Datenschutz führt. Seit der Übernahme durch Microsoft hat sich GitHub mehr und mehr von der ursprünglichen dezentralen und gemeinschaftlichen Entwicklung wegbewegt.
Die Plattform ist zunehmend darauf fokussiert, Nutzer zu binden und Interaktionen wie „Stars“ und „Likes“ zu fördern, ähnlich sozialen Netzwerken. Dieses Engagement-getriebene Modell kann den Fokus von der eigentlichen Softwareentwicklung hin zu Oberflächlichkeiten und Popularität verschieben. Für viele Entwickler wird die Qualität der Software dadurch in den Hintergrund gedrängt, während die „Meinungsbildung“ durch soziale Bewertungssysteme stärker in den Vordergrund rückt. Die Entscheidungen von GitHub bezüglich Richtlinien, Features und Änderungen erfolgen häufig ohne ausreichende Rücksprache mit der Nutzergemeinde. Nutzer können von heute auf morgen mit neuen Regeln oder Funktionseinschränkungen konfrontiert werden, die sich stark auf ihre Workflow auswirken.
Dieses unkalkulierbare Umfeld erhöht die Risikoabwägung für kritische oder sensitive Projekte. Wichtig hervorzuheben ist auch, dass GitHub nicht wirklich kostenfrei ist. Die „Kosten“ liegen oft im Verzicht auf die volle Kontrolle über eigene Daten, den Quellcode und die Art der Zusammenarbeit. Persönliche Informationen, Nutzungsstatistiken und Quellcodes werden gewissermaßen als Gegenleistung für den kostenlosen Dienst betrachtet. Für viele Projekte, die Wert auf Datenschutz, Unabhängigkeit und Transparenz legen, ist dies ein erheblicher Nachteil.
Darüber hinaus gibt es politische und ethische Kontroversen rund um die Zusammenarbeit von Microsoft mit Regierungen und militärischen Institutionen, was auch für Nutzer von GitHub relevant ist. Microsoft hat Verträge mit verschiedenen Staatsbehörden, darunter das US-Immigrations- und Zollbehörde ICE sowie das US-Verteidigungsministerium, geschlossen. Diese Partnerschaften haben innerhalb und außerhalb des Unternehmens Kritik ausgelöst, beispielsweise wegen der Unterstützung von Überwachungsmaßnahmen oder militärischer Gewalteinsätze. Noch gravierender sind die Berichte, die Microsofts technische Unterstützung für das israelische Militär und dessen Streitkräfte im Rahmen des Gaza-Konflikts thematisieren. Microsoft nutzt seine Cloud-Dienste und KI-Technologien in Bereichen, die direkt mit umstrittenen Militäroperationen zu tun haben.
Diese Verstrickungen sorgen für Proteste von Mitarbeitern und Aktivisten und werfen grundsätzliche Fragen zur ethischen Verantwortung von Technologieunternehmen auf. Die oben genannten Faktoren führen viele Entwickler und Organisationen dazu, ernsthaft über alternative Hosting-Plattformen nachzudenken. Es gibt mehrere Open-Source-Lösungen und selbstgehostete Systeme, die nicht nur technische Vorteile bieten, sondern auch die Kontrolle und Unabhängigkeit der Nutzer respektieren. Beispiele sind Forgejo, eine offene Plattform, die von der Community gepflegt wird, oder Sourcehut, das unter anderem für seine Minimalistik und Transparenz geschätzt wird. Auch Codeberg, eine Non-Profit-Plattform mit Sitz in Deutschland, basiert auf Forgejo und bemüht sich um eine dezentrale und nutzerfreundliche Infrastruktur.
Die Entscheidung, das eigene Open-Source-Projekt von GitHub wegzubewegen, ist nicht immer einfach. Es erfordert oft Zeit, Ressourcen und Umgewöhnung. Doch die langfristigen Vorteile in punkto Freiheit, Kontrolle, Datenschutz und ethische Verantwortung sind das Investment wert. Entwickler sollten abwägen, ob sie ihre Projekte wirklich auf einer Plattform hosten möchten, die proprietär ist, zentrale Kontrolle ausübt und stark kommerziell ausgerichtet ist. Abschließend ist zu sagen, dass Open Source von Freiheit lebt – Freiheit nicht nur im Quellcode, sondern auch bei der Wahl der Werkzeuge und Plattformen.
Den eigenen Projekten eine unabhängige Infrastruktur zu geben, schützt vor Abhängigkeiten, fördert Innovation und bewahrt die Grundwerte der Open-Source-Bewegung. GitHub mag zwar bequem sein, doch es ist an der Zeit, kritischer zu hinterfragen, ob Bequemlichkeit über Prinzipien gestellt werden sollte. Die Zukunft von Open Source liegt in demokratischeren, offenen und kontrollierbaren Lösungen, die Entwickler weltweit nachhaltig stärken und befähigen.