Die Bewertung von generativen KI-Anwendungen (GenAI) stellt Wissenschaftler, Entwickler und Unternehmen gleichermaßen vor beachtliche Herausforderungen. Während klassische maschinelle Lernmodelle eher auf klar definierten, strukturierten Aufgaben basieren, bringt GenAI eine ganz neue Dynamik mit sich, die sich tief auf den Bewertungsprozess auswirkt. Von der Komplexität der unstrukturierten Ausgaben bis hin zur Unvorhersagbarkeit selbst der modernsten Grundmodelle – die Evaluierung von GenAI-Anwendungen ist eine multidimensionale Aufgabe, die weit über traditionelle Ansätze hinausgeht. Zunächst ist es essenziell zu verstehen, dass Generative KI-Anwendungen nicht einfach die reinen Grundmodelle sind, auf denen sie basieren. Während Foundation-Modelle wie GPT-4, DALL·E oder ähnliche die Basistechnik bereitstellen, sind die Anwendungen, die darauf aufbauen, integrierte Softwaresysteme.
Sie enthalten nicht nur das KI-Modell, sondern auch verschiedene zusätzliche Module wie Vektordatenbanken, Schnittstellen, Pipeline-Mechanismen und spezifische Geschäftslogiken. Diese Schichten beeinflussen die Performance sowie die Zuverlässigkeit der Anwendung maßgeblich. Daher kann die reine Bewertung des zugrundeliegenden Modells nicht direkt auf die gesamte Anwendung übertragen werden. Ein bedeutendes Hindernis ist die Natur der von Generativen KI-Anwendungen erzeugten Daten. Im Gegensatz zu klassischer ML, die sich häufig mit klar strukturierten Daten beschäftigt – etwa bei Klassifikationen oder Regressionsaufgaben – sind die Outputs bei GenAI oft unstrukturierte Inhalte wie Texte, Bilder oder Videos.
Diese Formate erlauben zwar eine intuitive menschliche Interaktion, erschweren jedoch die objektive Quantifizierung und Bewertung. Beispielsweise ist es nicht trivial, die Qualität eines automatisch generierten Textes präzise und konsistent anhand von Standards zu messen, die über simple String-Vergleiche hinausgehen. Faktoren wie inhaltliche Relevanz, Stileinhaltung, Bias und insbesondere Halluzinationen (faktisch falsche oder erfundene Aussagen) erfordern ein tiefes Verständnis des Kontexts und oft domänenspezifisches Fachwissen. Die Herangehensweisen an die Bewertung von GenAI-Anwendungen variieren stark und bedürfen einer sorgfältigen Anpassung an die jeweilige Nutzungssituation. Während klassische Modelle messbare Metriken wie Genauigkeit oder F1-Score nutzen, sind diese für generative Outputs nur begrenzt hilfreich.
Neue Bewertungsmaße, wie die Berücksichtigung von Bias oder inhaltlicher Kohärenz, sind wesentlich komplexer umzusetzen. Besonders die automatische Bewertung durch KI-Systeme stößt hier an Grenzen. Oft werden die gleichen oder ähnliche Modelle eingesetzt, um die Outputs anderer KI-Systeme zu beurteilen, was jedoch das Risiko birgt, Fehler oder Verzerrungen zu reproduzieren und zu verstärken. Ein kritischer Punkt ist zudem die inhärente Unvorhersagbarkeit der GenAI-Modelle selbst. Im Gegensatz zu deterministischen ML-Modellen, die für denselben Input immer dieselbe Ausgabe liefern, sind Generative KI-Modelle probabilistisch und zeigen bei identischem Input häufig verschiedene Ergebnisse.
Dieses nicht-deterministische Verhalten erschwert die Reproduzierbarkeit von Evaluierungsergebnissen und verlangt für eine valide Bewertung oft multiple Tests und statistische Analysen, um verlässliche Aussagen treffen zu können. Beispielhafte Anwendungen im Bereich der Bildgenerierung verdeutlichen dieses Dilemma: Verschiedene Interpretationen eines Prompts führen zu unterschiedlichen Resultaten, die qualitativ voneinander abweichen und erst durch sorgfältige manuelle Prüfung sinnvoll bewertet werden können. Darüber hinaus ist der klassische Bias-Variance-Tradeoff, der jahrzehntelang das Verständnis von ML-Modellen geprägt hat, durch die GenAI-Anwendungen in eine neue Dimension geraten. Während früher versucht wurde, einen Kompromiss zwischen Bias (systematische Fehler) und Varianz (Modellunsicherheit) zu finden, ist hinzugekommen, dass die Varianz durch die Unvorhersagbarkeit der Grundmodelle selbst noch stärker schwankt. Die Fehlerquote in der Gesamtleistung einer GenAI-Anwendung manifestiert sich daher nicht als fixer Wert, sondern als eine Spannbreite, was die Vergleichbarkeit und Bewertung zusätzlich verkompliziert.
Eine weitere Herausforderung ist die enorme Investition von Zeit, Ressourcen und spezialisierten Kompetenzen, die in die Evaluationsprozesse fließen muss. Ganz gleich, ob es um die Erstellung von Testdatensätzen für Frage-Antwort-Systeme oder um die manuelle Annotation von Inhalten geht, der Aufwand ist deutlich höher als bei klassischen ML-Systemen. Zudem benötigen viele dieser Aufgaben spezifisches Fachwissen, das nicht einfach outsourcbar ist, was die Kosten noch weiter in die Höhe treibt. Die Erstellung sog. „Golden Datasets“, also goldstandardbasierter Evaluationsdatensätze, ist häufig aufwendig und kann nicht ohne Weiteres automatisiert werden.
Das Testen von GenAI-Anwendungen ist zudem durch technische Limitierungen geprägt, die sich aus der Integration externer Foundation-Modelle ergeben. API-Latenzen und Einschränkungen durch Rate Limits führen dazu, dass Evaluationszyklen langsamer ablaufen als bei lokal trainierten ML-Modellen. Überdies verursachen API-Kosten bei umfangreichen Testläufen signifikante finanzielle Belastungen, die vor allem für kleinere Unternehmen ein Hindernis darstellen. Die Alternative, eigene offene Modelle zu hosten, stellt wiederum hohe Anforderungen an Infrastruktur und Spezialwissen. Die Kombination dieser Faktoren führt dazu, dass die Bewertung von GenAI-Anwendungen nicht nur komplex, sondern auch teuer und langwierig ist.
Angesichts der steigenden Verbreitung generativer KI im geschäftlichen und gesellschaftlichen Umfeld ist es jedoch von entscheidender Bedeutung, robuste und skalierbare Evaluationsmethoden zu entwickeln. Nur so kann sichergestellt werden, dass die eingesetzten Systeme zuverlässig, sicher und ethisch vertretbar sind. Automatisierte Tools und KI-gestützte Evaluatoren bieten zwar Unterstützung, sind jedoch keine Allheilmittel. Ihre Nutzung bedarf einer sorgfältigen Methodik und Validierung, um nicht unbeabsichtigt neue Fehlerquellen oder Verzerrungen einzuführen. Die Zukunft der GenAI-Bewertung liegt vermutlich in einer Kombination menschlicher Expertise mit automatisierten Prozessen, die in einem iterativen Verfahren weiter optimiert werden.
Zusammengefasst ist die Evaluierung generativer KI-Anwendungen eine hohe Herausforderung, die sich aus der besonderen Struktur und Funktionsweise dieser Systeme ergibt. Unterschiedliche technische Komponenten, unstrukturierte und variable Outputs, nicht deterministische Modellverhalten sowie hohe Anforderungen an Datensätze und Ressourcen choreographieren zusammen eine komplexe Landschaft. Wer sich damit beschäftigt, wird sich zunehmend mit neuen Paradigmen und Methoden auseinandersetzen müssen, um Vertrauen und Einsatzfähigkeit von GenAI-Anwendungen sicherzustellen und deren Potential voll auszuschöpfen.