Der Investmentstil von Bill Ackman, Gründer von Pershing Square Capital Management, sorgt immer wieder für Diskussionen in der Finanzwelt. Besonders seine deutliche Meinung zum Thema Diversifikation fällt auf: Er bezeichnet Anleger, die in viele verschiedene Aktien investieren, oft als „faule Investoren“, die zu wenig Aufwand für umfassende Recherche betreiben. Seine Strategie basiert auf einer stark konzentrierten Auswahl von rund einem Dutzend Aktien, die er sehr gut kennt und gründlich analysiert hat. Doch stellt sich für die breite Masse der Privatanleger die Frage, ob ein solcher Fokus wirklich zu empfehlen ist und welche Vor- und Nachteile ein konzentriertes Portfolio gegenüber einem diversifizierten Ansatz bietet. Die Debatte ist facettenreich und erfordert ein tiefes Verständnis der Ziele, Risikobereitschaft und Kenntnisse des einzelnen Investors.
Ackmans Kritik richtet sich vor allem gegen die sogenannte „Überdiversifikation“. Seiner Ansicht nach überwässern Anleger ihre Portfolios oft mit zu vielen Positionen, ohne wirklich zu verstehen, in welche Unternehmen sie investieren. Wer anstatt zehn sorgfältig ausgewählter Werte Hunderte von Aktien hält, verliert leicht den Überblick, was das tatsächliche Risiko erhöht und die möglichen Erträge verwässert. Ackman argumentiert, dass wahres Risikomanagement darin bestehe, nur in Unternehmen zu investieren, die man genau kennt und deren Geschäftsmodell man versteht. Im Grunde reduziert er „diversifizieren“ auf eine Art Verwässerung, die vor Unwissenheit schützt, aber nicht vor echten Marktgefahren.
Diese Haltung ist nicht neu. Auch Warren Buffett, einer der erfolgreichsten Investoren aller Zeiten, hat oft betont, dass Diversifikation nur für diejenigen sinnvoll sei, die „nicht wissen, was sie tun“. Buffett hält es für besser, ein konzentriertes Portfolio mit wenigen, aber gut verstandenen Unternehmen aufzubauen, anstatt blind Aktien zu streuen. Doch sowohl Buffett als auch Ackman betonen, dass intensive Recherche und Wissen Voraussetzungen für diesen Weg sind, die viele Privatanleger nicht erfüllen. Aus Sicht eines typischen Privatanlegers sieht die Realität jedoch oft ganz anders aus.
Die meisten haben weder die Zeit noch die Expertise, hunderte von Geschäftsberichten zu wälzen oder die globalen wirtschaftlichen Entwicklungen bis ins Detail zu verfolgen. Deshalb gilt für viele die Diversifikation als ein wichtiger Schutzmechanismus gegen unvorhergesehene Risiken. Durch das Streuen des Kapitals in verschiedene Branchen, Regionen und Anlageklassen werden einzelne Verluste besser ausgeglichen und das Gesamtrisiko reduziert. Insbesondere in volatilen oder unsicheren Marktphasen kann eine breite Diversifikation Verluste abmildern. Dabei stellt sich die Frage, wie viel Diversifikation tatsächlich sinnvoll ist.
Ein Portfolio mit hunderten von Aktien mag weder praktisch noch sinnvoll sein, da der Investor kaum noch eine fundierte Einschätzung einzelner Titel treffen kann. Studien haben gezeigt, dass schon eine Streuung über etwa 15 bis 30 Unternehmen einen Großteil der Diversifikationseffekte erzielt. Kommt es darauf an, mehr als vierzig oder fünfzig Werte zu halten, nimmt der Nutzen einer weiteren Diversifikation deutlich ab. Es ist also nicht die Anzahl der Positionen allein entscheidend, sondern die Qualität und das Verständnis jedes einzelnen Investments. Ein weiterer Aspekt ist die individuelle Risikotoleranz.
Anleger mit einer hohen Bereitschaft, Schwankungen zu akzeptieren, können von einem konzentrierten Portfolio profitieren. Die Chance auf überdurchschnittliche Renditen steigt, da die Erträge von wenigen gut ausgewählten Titeln den Durchschnitt deutlich anheben können. Allerdings ist das Verlustrisiko in einem solchen Szenario ebenfalls größer. Verlieren einige wenige Positionen stark, wie es bei einem breit gestreuten Portfolio ungefragter ausgeglichen werden würde, leidet das Gesamtergebnis deutlich. Bei Privatanlegern mit geringerem Erfahrungshintergrund, weniger Zeit oder niedrigerer Risikobereitschaft dürfte daher ein gut diversifiziertes Portfolio sinnvoller sein.
Hier helfen Fonds oder ETFs, das Kapital breit über viele Unternehmen und Sektoren zu streuen. Dies ermöglicht eine Beteiligung an unterschiedlichen Märkten, minimiert Einzelrisiken und erzeugt dabei meist stabile Langzeiterträge. Die passive Nachbildung von Indexwerten ist dabei eine weit verbreitete Strategie, da damit automatisch Diversifikation erzielt und Kosten niedrig gehalten werden. Nicht zuletzt sollte die persönliche finanzielle Situation und der Zeithorizont berücksichtigt werden. Ein junger Anleger, der über Jahrzehnte investieren kann, hat mehr Zeit, Kursrückgänge auszusitzen und Schwankungen zu verkraften.
Ein erfahrener Anleger mit gutem Verständnis kann daher durchaus größere Gewichtungen in einzelnen Aktien riskieren. Andererseits ist bei Anlegern, die auf regelmäßige Einkünfte angewiesen sind oder ihr Geld mittel- bis kurzfristig benötigen, ein ausgewogeneres Portfolio essenziell, um Verluste zu begrenzen. Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die Empfehlung von Bill Ackman, sich auf wenige gut verstandene Titel zu konzentrieren, nur dann sinnvoll ist, wenn der einzelne Anleger diese intensive Arbeit leisten kann. Für die breite Mehrheit der Privatanleger bleibt eine angemessene Diversifikation jedoch unverzichtbar, um Schwankungen zu glätten und das Risiko zu reduzieren. Die allermeisten Investoren sind weder Profis noch haben sie umfangreiche Ressourcen für kontinuierliche Marktbeobachtung und Analyse.
Ein breit gestreutes Investment in solide Unternehmen oder indexbasierte Fonds bietet hier einen vernünftigen Mittelweg zwischen Renditechancen und Risikokontrolle. Die Diskussion um Konzentration versus Diversifikation ist also nicht schwarz-weiß. Investoren sollten ihre eigene Situation, Kenntnisse und Ziele realistisch bewerten, bevor sie sich für eine Strategie entscheiden. Wer handverlesene Einzelwerte auswählt, muss die Unternehmen tiefgehend verstehen, regelmäßig überwachen und bereit sein, größere Schwankungen auszuhalten. Wer darauf verzichten will oder kann, fährt mit einem breit gestreuten Portfolio besser und sicherer.
Schließlich zeigt das Beispiel Ackman auch die Bedeutung von Disziplin und Geduld. Ob Konzentration oder Vielfalt – dauerhafter Erfolg im Investmentgeschäft erfordert eine klare Strategie, konsequentes Handeln und die Bereitschaft, sich kontinuierlich weiterzubilden. Die „faule Investor“-Kritik sollte daher nicht als pauschal abwertende Attacke verstanden werden, sondern vielmehr als Aufforderung, die eigene Investmentstrategie kritisch zu hinterfragen und aktiv zu managen. Nur so lässt sich langfristig eine ausgewogene Balance zwischen Risiko und Rendite finden, die den individuellen Bedürfnissen gerecht wird.