Die Geschichte des Umgangs mit menschlichen Ausscheidungen ist eine faszinierende Reise durch die Entwicklung der menschlichen Zivilisation und ihr Verhältnis zur Umwelt. Von den Zeiten, in denen unsere nomadischen Vorfahren frei in der Natur ihren Bedürfnissen nachgingen, bis hin zu den komplexen Abwassersystemen der antiken Welt, zeigt sich ein tiefgreifendes Menschheitsproblem, das bis heute besteht. Diese Entwicklung steht in engem Zusammenhang mit der Sesshaftigkeit, dem Aufstieg der Landwirtschaft, dem Städtewachstum und den Herausforderungen, die das Zusammenleben von vielen Menschen an einem Ort mit sich bringt. Nomadische Menschen lebten in einer Zeit, als sie ihre Ausscheidungen einfach dort hinterließen, wo sie sie produzierten. In dieser offenen und weiten Welt fungierte die Natur als Reinigungssystem, denn die Exkremente zersetzten sich und wurden zu Nährstoffen für Pflanzen und Tiere.
Die Ausscheidungen trugen dadurch zum fruchtbaren Boden bei und waren Teil eines natürlichen Kreislaufs. Es gab keine Privatsphäreprobleme wie heute, und auch der hygienische Standard entsprach dem, was das Leben in der Wildnis erforderte. Mit dem Übergang von nomadischem Leben zur Sesshaftigkeit begann sich das grundsätzliche Problem zu verändern. Menschen blieben an einem Ort, bauten Häuser und Dörfer und dominierten ihre Umgebung stärker. Dort konnte man nicht mehr einfach die Exkremente liegenlassen, ohne dass die Hygiene und Gesundheit darunter litten.
Erste Dorfstrukturen experimentierten mit Gruben und speziellen Stellen für Ausscheidungen, die abseits der Wohnbereiche lagen. Das Ziel war, sich vom eigenen Abfall zu trennen, um unangenehme Gerüche und Krankheiten zu vermindern. Die Ausscheidungen wurden teils entfernt, teils für die Düngung genutzt, da erkannt wurde, dass Pflanzen auf nährstoffreiche Böden besser wuchsen. Diese erste Form der Abfallentsorgung markiert einen wichtigen Wendepunkt: Menschen mussten nicht mehr nur vor Naturgefahren fliehen, sondern auch vor den Folgen ihres eigenen Handelns. Die Landwirtschaft, die mit der Sesshaftigkeit einherging, profitierte indirekt von den Ausscheidungen.
Menschen erkannten, dass an den Orten, an denen sie sich regelmäßig aufhielten, Pflanzen besser gediehen – eine Verbindung zwischen ihrem Verhalten und dem ökologischen Kreislauf. So entstand ein erster bewusster Umgang mit menschlichen Abfällen. Im Verlauf der Bronzezeit entwickelten frühe Hochkulturen komplexere Lösungen. Die minoische Zivilisation auf Kreta ist ein hervorragendes Beispiel für innovative Sanitärtechnik. Diese Gesellschaft nutzte Wasser als Flusskraft, um ihre Ausscheidungen aus dem Wohnraum zu entfernen.
Die Paläste von Knossos verfügen über ein rudimentäres Spülsystem, bei dem Regenwasser von den Dächern verwendet wurde, um Latrinen zu reinigen und die Fäkalien in unterirdische Kanäle zu leiten. Die Minoer bauten ein Netzwerk aus keramischen Rohren, die eng aufeinander passten und mit Revisionsöffnungen versehen waren, um Verstopfungen zu verhindern. Die Bauweise war robust genug, um Reinigungskräfte den Zugang zu ermöglichen. Parallel dazu schufen die Harappan im Industal ihre eigene ausgefeilte Abwassertechnik. Städte wie Harappa und Mohenjo-daro besaßen private WCs, deren Abwasser in ausgeklügelte, überdeckte Kanalsysteme floss.
Diese Kanäle waren mit Steinen abgedeckt und verliefen so, dass Wasser das Abfallmaterial durch die Stadt hinaus transportierte. Die Ingenieure sorgten für regelmäßige Entleerungsmöglichkeiten der Sammelgruben mittels Treppen. Dies deutet auf ein hohes Verständnis für hygienische Notwendigkeiten und städtische Planung hin. Diese frühen Zivilisationen bewiesen, dass Menschen in der Lage waren, ihre Umwelt zu gestalten, und dass Wasser die zentrale Ressource für die Abwasserentsorgung darstellte. Allerdings hatten diese Systeme auch Folgen, denn sie führten dazu, dass menschliche Fäkalien Wasserläufe erreichten.
Dies begann den Nährstoffhaushalt von Gewässern massiv zu verändern, mit langfristigen Auswirken auf Ökosysteme. Dabei waren ein Zuviel an bestimmten Nährstoffen wie Stickstoff und Phosphor verantwortlich für übermäßiges Algenwachstum und den Rückgang mariner Lebensräume – ein Problem, das auch heute noch relevant ist. Die römische Zivilisation brachte diese Entwicklung auf eine neue Ebene. Rom unterhielt ein Abwassernetz, das mit einer Million Einwohnern und dem dadurch entstehenden Abfallmassen umgehen musste. Die Cloaca Maxima, der „größte Abfluss“, war ein gigantisches Bauwerk, das täglich hunderte Tonnen menschlichen Abfalls aus der Stadt in den Tiber leitete.
Die Dimensionen des Systems waren so groß, dass es sogar wagengroße Passagen gab. Dieser Kanal hatte zwar die Funktion, die Stadt sauberer zu machen und die unmittelbare Lebensqualität zu verbessern, führte aber zur Verschmutzung des Flusses in erheblichem Maße. Die Römer bauten sowohl private Latrinen, die meist über Gruben eingebaut waren, als auch öffentliche Toiletten, die sogenannten Foricae. Diese waren oft an Bäder oder belebte Plätze angeschlossen und bestanden aus langen Marmorbänken mit Löchern, die unmittelbar nebeneinander angeordnet waren. Obwohl der architektonische Anspruch hoch war, hatten die Räumlichkeiten nur spärliche Belüftung und wurden schnell unhygienisch und übelriechend.
Hygiene verstand man in der Antike anders als heute. Zwar verwendeten die Römer seit einiger Zeit schwammähnliche Utensilien an Stielen zum Reinigen nach dem Toilettengang, sogenannte Tersorien, doch diese wurden vielfach von mehreren Personen benutzt, was die Verbreitung von Krankheiten erleichterte. Die Handhygiene blieb ein ungelöstes Problem. Die mangelnde Kenntnis über Krankheitserreger führte trotz der beeindruckenden Infrastruktur oft zu einer schlechteren Gesundheitslage, wegen der ständigen Verunreinigung von Flüssen und öffentlichen Orten. Die römische Abwasserentsorgung bedeutete, dass die Ausscheidungen zwar aus dem direkten Wohnumfeld verschwanden, aber nicht wirklich behandelt wurden.
Der Tiber und die umliegenden Wasserläufe wurden verschmutzt, was problematische gesundheitliche und ökologische Konsequenzen nach sich zog. Dennoch war dieses System Vorbild für spätere Kanalisationen und sanitäre Einrichtungen, die über Jahrtausende weiterentwickelt wurden. Die Auseinandersetzung mit menschlichen Ausscheidungen ist somit eng mit der Geschichte von Urbanisierung, Umweltbewusstsein und Gesundheit verbunden. Von den ersten Gruben neben den frühen Häusern bis zu hochentwickelten Rohrleitungssystemen ist ein kontinuierlicher Versuch erkennbar, Exkremente zu kontrollieren und gleichzeitig Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Zugleich verursachten diese Entwicklungen neue Probleme, vor allem im Bereich der Umweltverschmutzung, die uns bis heute beschäftigen.