Der Luftverkehr spielt eine entscheidende Rolle für die globale Wirtschaft und verbindet Menschen, Märkte und Kulturen auf der ganzen Welt. Gleichzeitig steht die Branche vor großen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel und die Reduzierung von Treibhausgasemissionen. Hier kommt Sustainable Aviation Fuel, kurz SAF, ins Spiel – eine vielversprechende Lösung, um die ökologische Bilanz des Fliegens zu verbessern, ohne dabei auf bewährte Flugzeugtechnologien verzichten zu müssen. SAF bezeichnet nachhaltigen Flugkraftstoff, der aus erneuerbaren Rohstoffen wie gebrauchten Speiseölen, landwirtschaftlichen Reststoffen oder industriellen Abfällen hergestellt wird. Im Gegensatz zu herkömmlichem Kerosin kann SAF in bestehenden Flugtriebwerken eingesetzt werden, ohne dass teure Umbauten notwendig sind.
Diese Kompatibilität macht SAF zu einer echten Schlüsseltechnologie für den nachhaltigen Wandel in der Luftfahrtindustrie. Die verschiedenen Produktionsverfahren von SAF haben unterschiedliche ökologische, ökonomische und technische Eigenschaften. Die American Society for Testing and Materials (ASTM) erkennt derzeit neun verschiedene Produktionspfade an, von denen aber vor allem drei Technologien eine führende Rolle spielen. Hydrogebehandelte Ester und Fettsäuren, bekannt als HEFA, stellen den aktuell etabliertesten Weg dar, nachhaltigen Flugkraftstoff herzustellen. Dieses Verfahren nutzt Wasserstoff, um Pflanzenöle oder tierische Fette in kohlenwasserstoffbasierten Kraftstoff umzuwandeln.
Die dafür verwendeten Rohstoffe umfassen beispielsweise Soja-, Mais- oder Rapsöl sowie Abfälle wie gebrauchte Speiseöle und tierische Fette. HEFA-SAF überzeugt durch die Fähigkeit, Emissionen je nach eingesetztem Rohstoff um bis zu 84 Prozent gegenüber klassischem Jetfuel zu senken. Zudem ist die Technologie technisch ausgereift und bereits in großem Maßstab produktiv. Sie hat den Vorteil, dass bestehende Raffinerieanlagen mit überschaubarem Aufwand umgebaut werden können, um SAF herzustellen. Weltweit wird HEFA-Technologie bereits für einen Großteil der SAF-Produktion eingesetzt und ist damit Wegbereiter für die Massenanwendung nachhaltiger Flugkraftstoffe.
Neben HEFA gewinnt die Alkohol-zu-Jet-Technologie, kurz ATJ, an Bedeutung. Bei diesem Verfahren wird hauptsächlich Ethanol aus Mais, verwandten Feldfrüchten oder Abfallstoffen in Flugkraftstoff umgewandelt. Die Technologie zur Ethanolgewinnung aus Mais ist gut etabliert, und durch Verbesserungen in der Produktion konnten die Emissionen seit der Einführung deutlich reduziert werden. ATJ hat das Potenzial, den Lebenszyklus-CO2-Ausstoß um bis zu 94 Prozent im Vergleich zu fossilem Jetfuel zu reduzieren. Allerdings gibt es auch Kritik: Veränderungen bei der Landnutzung und vorgelagerte Emissionen können die Klimawirkung abschwächen, sodass manche Studien den CO2-Fußabdruck von ATJ-SAF auf ein Niveau ähnlich herkömmlicher Kraftstoffe beziffern.
Kommerzielle Produktionsanlagen für ATJ sind noch selten, dennoch wurde im Jahr 2024 die weltweit erste Anlage eröffnet, die eine geplante Jahresproduktion von neun Millionen Gallonen vorsieht. Die dritte vielversprechende Technologie ist Power-to-Liquid (PtL). Sie hebt sich grundlegend von den anderen Verfahren ab, da sie sowohl auf biogene Rohstoffe als auch auf Flächenbedarf verzichten kann. PtL nutzt Kohlendioxid, das aus der Luft oder anderen Quellen abgeschieden wird, sowie erneuerbaren Wasserstoff, um so mit chemischen Prozessen synthetischen Flugkraftstoff zu erzeugen. Das Verfahren verspricht eine beinahe vollständige Klimaneutralität, weil der emittierte Kohlenstoff in Zukunft wieder gebunden wird.
Diese Technologie befindet sich allerdings noch in einem frühen Entwicklungsstadium. Hohe Produktionskosten, die bis zu achtmal höher als bei herkömmlichem Kerosin sein können, sowie die Notwendigkeit umfangreicher Investitionen in Infrastruktur und Technologie stellen derzeit erhebliche Hürden dar. Trotz dieser Herausforderungen gilt PtL als Schlüsseltechnologie für eine emissionsfreie Luftfahrtindustrie in der Zukunft. Derzeit konzentrieren sich viele Unternehmen vor allem auf die HEFA-Technologie, weil sie sofort umsetzbar und wirtschaftlich tragfähig ist. Ein Beispiel ist World Energy, das eine bestehende Raffinerie in Paramount, Kalifornien, erfolgreich auf die Herstellung von HEFA-SAF umgestellt hat.
Die Flexibilität beim Rohstoffeinsatz, darunter hochwertige Öle wie Carinata und Camelina, spielt bei der Wirtschaftlichkeit eine wichtige Rolle. Diese Pflanzenöle haben nicht nur einen hohen Ertrag, sondern fördern auch die Bodengesundheit, ohne mit der Nahrungsmittelproduktion zu konkurrieren. Damit öffnet HEFA den Weg für eine nachhaltige Rohstoffversorgung, die ökologische und wirtschaftliche Vorteile vereint. Darüber hinaus sind Kombinationen unterschiedlicher Technologien denkbar, um den ökologischen Fußabdruck von SAF weiter zu reduzieren. So könnte beispielsweise das bei HEFA entstehende CO2 als Ausgangsmaterial für die PtL-Synthese genutzt werden.
Solche Synergien werden aktuell in verschiedenen Regionen wie Kalifornien und der Golfküste der USA erforscht und könnten die Wettbewerbsfähigkeit von SAF künftig erheblich steigern. Die Rolle von SAF im globalen Energiemix wächst kontinuierlich. Schon heute wurden weltweit hunderttausende von Flügen teilweise oder vollständig mit nachhaltigem Flugkraftstoff durchgeführt. Dennoch ist das Marktvolumen im Vergleich zum Gesamtverbrauch der Luftfahrtbranche noch marginal, was belegt, wie viel Potenzial diese Technologie noch birgt. In Deutschland und Europa gewinnt das Thema zunehmend an Bedeutung, nicht zuletzt durch politische Vorgaben zur Emissionsreduktion und das Streben nach technologischer Unabhängigkeit.
Nachhaltiger Flugkraftstoff unterstützt neben der Rettung des Weltklimas auch die heimische Landwirtschaft, weil er zusätzliche Einnahmequellen für Landwirte schafft. Gleichzeitig fördert es Arbeitsplätze und Innovationen im Bereich der Erneuerbaren Energien. Die Luftfahrt ist prädestiniert dafür, diesen Wandel anzuführen, da energieintensive Bereiche wie der Flugverkehr besonders von nachhaltigen Lösungen profitieren. Trotz der bereits erzielten Fortschritte sind noch viele Fragen offen: Wie können die Kosten für SAF langfristig gesenkt werden? Welche politischen Instrumente sind sinnvoll, um den Markthochlauf zu beschleunigen? Und wie können die Lieferketten transparent und nachhaltig gestaltet werden? Eine enge Zusammenarbeit von Politik, Industrie und Wissenschaft wird entscheidend sein, um diese Herausforderungen zu meistern. Abschließend lässt sich sagen, dass Sustainable Aviation Fuel für die Luftfahrtindustrie eine tragfähige Alternative zum fossilen Kerosin darstellt, um die Klimaziele zu erreichen.
Die Kombination aus bewährten Technologien wie HEFA, innovativen Verfahren wie PtL und der Entwicklung neuer Rohstoffquellen schafft eine vielfältige Basis für den grünen Umbau des Luftverkehrs. Mit zunehmender Unterstützung durch Investitionen, Forschung und politische Rahmenbedingungen wird SAF in den kommenden Jahrzehnten unverzichtbar für einen klimaneutralen Lufttransport. Nachhaltiger Flugkraftstoff verbindet ökologische Verantwortung mit wirtschaftlichen Chancen – ein Weg, der fliegt.