Die politische Landschaft Südkoreas erlebt einen entscheidenden Umbruch, nachdem der ehemalige Präsident Yoon Suk Yeol sein Amt infolge einer Amtsenthebung verloren hat. In diesem Kontext hat Lee Jae-myung, der prominente Führer der oppositionellen Demokratischen Partei und erklärter Favorit bei der bevorstehenden Präsidentschaftswahl, offiziell seine Kandidatur für die Wahl am 3. Juni 2025 bekannt gegeben. Dieses Ereignis markiert einen Wendepunkt in der südkoreanischen Politik, der weitreichende Auswirkungen auf die nationale und regionale Stabilität haben dürfte. Lee Jae-myung war bereits bei der Präsidentschaftswahl 2022 ein starker Kandidat, unterlag damals jedoch nur knapp Yoon Suk Yeol.
Sein Wiederaufkommen im politischen Rennen nach der Amtsenthebung Yoons wird von vielen als Chance gesehen, eine neue Ära der politischen Führung in Südkorea einzuleiten. Lee hat sich fest vorgenommen, die tiefen gesellschaftlichen Risse, die durch Yoons Deklaration des Ausnahmezustands im Dezember 2024 entstanden sind, zu heilen und das Land durch umfassende wirtschaftliche Reformen zu einen. Die Amtsenthebung Yoons wurde durch den Verfassungsgerichtshof Südkoreas bestätigt, der die Entscheidung des Parlaments, den Präsidenten wegen seines martialischen Dekrets abzusetzen, für rechtmäßig erklärte. Dies setzte eine rasche Präsidentschaftswahl in Bewegung, die innerhalb von 60 Tagen stattfinden muss, um Yoons Nachfolger zu bestimmen, der dann für eine volle Amtszeit von fünf Jahren regieren wird. In dieser Phase der politischen Unsicherheit gilt Lee als klarer Favorit, nicht zuletzt wegen seiner Rolle als Vorsitzender der Demokratischen Partei, die aktiv seinen Rücktritt aus dieser Position vollzog, damit er sich voll und ganz auf den Wahlkampf konzentrieren kann.
Lee zieht seine Stärke aus seiner langjährigen politischen Karriere, die ihn bereits durch verschiedene Ämter führte, darunter als Gesetzgeber, Provinzgouverneur und Bürgermeister einer Stadt. Dabei profilierte er sich als Kämpfer gegen politische Eliten und als Vertreter der alltäglichen Bürger, was ihm eine breite Anhängerschaft eingebracht hat. In seiner Antrittsrede betonte Lee die Notwendigkeit, soziale Ungleichheiten zu bekämpfen, die durch die Konzentration von Reichtum in wenigen Regionen und bei bestimmten Bevölkerungsgruppen immer weiter zunimmt. Diese Einkommensschere sieht er als Hauptursache für die politischen und sozialen Konflikte, die Südkorea in den letzten Monaten erschüttert haben. Um diesen Herausforderungen zu begegnen, verspricht Lee eine wirtschaftliche Erneuerung durch verstärkte staatliche Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie die Förderung von Talenten.
Angesichts rückläufiger globaler Wachstumsraten hält er es für unabdingbar, dass der Staat eine aktive Rolle übernimmt, um die Wirtschaft wiederzubeleben und die Kluft zwischen Arm und Reich zu verringern. Gleichzeitig unterstreicht er, wie wichtig eine starke Allianz mit den Vereinigten Staaten und eine multilaterale Zusammenarbeit mit Japan sind, wobei er jedoch betont, dass die nationalen Interessen Südkoreas bei allen Entscheidungen an erster Stelle stehen müssen. Die konservative Volkspartei steht hingegen vor einer internen Zerreißprobe, ausgelöst durch Yoons Sturz. Die Partei hat derzeit keinen klaren Favoriten, denn etwa zehn Politiker aus unterschiedlichen parteiinternen Lagern bewerben sich um die Nominierung. Dabei spalten sich die Loyalisten rund um Yoon, die weiterhin die Parteiführung dominieren, und Reformkräfte, die einen neuen Anfang fordern.
Einige prominente Kandidaten aus der konservativen Partei treten gegen Lee als alternative Führungsfiguren an, darunter Han Dong-hoon, der als Kritiker von Yoons martialischem Dekret gilt und sich selbst als gemäßigten Konservativen positioniert, sowie andere wie Kim Moon Soo, Hong Joon-pyo, Ahn Cheol-soo und womöglich auch der Bürgermeister von Seoul, Oh Se-hoon. Die Debatte während des Wahlkampfs ist stark geprägt von kontroversen Ansichten über Lee Jae-myungs Führungsstil und politischen Ambitionen. Während seine Unterstützer ihn als charismatischen und mutigen Vertreter sehen, der soziale Gerechtigkeit vorantreibt, kritisieren seine Gegner ihn als populistischen Demagogen, der mit einer politisch stark polarisierenden Rhetorik spalte und den konservativen Kräften eine zu harte Linie gegenüber seinen Gegnern obendrein nicht offenlege, wie seine ehrgeizigen Versprechen finanziert werden sollen. Außerdem belastet Lee eine Reihe von juristischen Verfahren, in denen ihm Korruption und andere kriminelle Vorwürfe zur Last gelegt werden, was seinen politischen Aufstieg ebenfalls beeinflussen könnte. Die Bedeutung der Präsidentschaftswahl geht über Südkoreas Grenzen hinaus.
Aufgrund des Einflusses des Landes in der Region, insbesondere im Kontext der angespannten Beziehungen zu Nordkorea und den strategischen Partnerschaften mit den USA und Japan, ist die Wahl nicht nur eine innenpolitische Angelegenheit. Die neue Führung wird voraussichtlich entscheiden müssen, wie sie mit den Herausforderungen umgeht, die sich aus der militärischen Bedrohung Nordkoreas ergeben und wie die diplomatischen Beziehungen zu den Nachbarn gestaltet werden. Die bevorstehende Wahl in Südkorea ist somit ein entscheidender Moment für das Land, um wirtschaftliche Erholung anzustoßen, die politische Stabilität zu sichern und das gesellschaftliche Klima zu verbessern. Lee Jae-myungs Vorstoß als erste Wahl signalisiert, dass die Debatte um soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Gleichheit im Mittelpunkt des Wahlkampfs stehen wird. Es bleibt abzuwarten, inwieweit er die breite Bevölkerung hinter seinen Plänen versammeln kann und ob er die politische Spaltung, die durch vergangene Ereignisse entstanden ist, überwinden wird.
In Summe steht Südkorea an der Schwelle zu einem politischen Neuanfang, bei dem Lee Jae-myungs Präsidentschaftskandidatur nicht nur ein persönlicher Schritt, sondern ein Symbol für tiefgreifende Veränderungen ist. Die Wahl im Juni 2025 entscheidet nicht nur über die nächste Führung des Landes, sondern darüber, wie Südkorea seine wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Herausforderungen künftig bewältigt und seine Rolle in der internationalen Gemeinschaft definiert.