Der offene Sternhaufen King 6 befindet sich etwa 2.360 Lichtjahre von der Erde entfernt im Sternbild Perseus und ist seit mehreren Jahrzehnten Gegenstand astronomischer Forschung. Trotz seines vergleichsweise geringen Bekanntheitsgrades birgt King 6 überraschende Geheimnisse, die durch modernste Beobachtungstechnologien nun immer deutlicher ans Licht kommen. Im April 2025 gelang einem indischen Astronomenteam unter Leitung von Vaibhav Kumar Pandey mit Hilfe des 104-cm Sampurnanand Teleskops eine bemerkenswerte Entdeckung. Drei bisher unbekannte veränderliche Sterne konnten identifiziert werden, welche das Gesamtbild des offenen Sternhaufens wesentlich bereichern.
Diese neuen Erkenntnisse wurden im arXiv-Server veröffentlicht und stießen in der astronomischen Fachwelt auf großes Interesse. Offene Sternhaufen wie King 6 bestehen aus Sternen, die aus genau jener Molekülwolke hervorgegangen sind und sich in einem lockeren gravitativen Gleichgewicht zueinander befinden. Mit ihrem Alter von etwa 251 Millionen Jahren gehört King 6 zu den eher jungen Sternhaufen der Milchstraße. Trotzdem waren bisher kaum detaillierte Untersuchungen zum Alter, zur Massendichte und zur dynamischen Entwicklung verfügbar. Die neue Studie nutzte nicht nur die Beobachtungen vom Musterteleskop in Indien, sondern ergänzte diese mit Daten der ESA-Mission Gaia sowie des amerikanischen Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS).
Diese Kombination ermöglichte präzise Messungen der Positionen, Helligkeitsveränderungen und atmosphärischen Bedingungen der Sterne im Haufen. Die drei entdeckten veränderlichen Sterne, benannt als TIC 31624679716, TIC 31632068918 und TIC 3163212399, zeigen unterschiedliche periodische Schwankungen ihres Lichtes. Ihre Perioden liegen bei rund 37 bis 48 Stunden, welche sich im Bereich typischer langsamer pulsierender B-Sterne (SPB) bewegen. Diese Sterne zeichnen sich durch moderate Temperaturwerte zwischen 10.500 und 11.
050 Kelvin aus sowie Helligkeitsschwankungen im Bereich von wenigen Hundertsteln Magnituden. SPB-Variabilität ist Ausdruck nichtradialer Pulsationen, die wichtige Einblicke in die innere Struktur dieser Sterne bereitstellen. Die Entdeckung der variablen Sterne ist nicht nur für die Charakterisierung der einzelnen Himmelskörper wichtig, sondern auch für das Verständnis des Entwicklungsstadiums von King 6 als Ganzem. So konnte in der Studie eine Radiusabschätzung von etwa 6,45 Lichtjahren für den Kernbereich des Sternhaufens vorgenommen werden, während die sogenannte Gezeitengrenze, die Grenze der gravitativen Bindung, bei etwa 10,37 Lichtjahren liegt. Diese Größenordnungen erlauben Rückschlüsse auf die Faktoren, die die Dynamik und Stabilität des Haufens beeinflussen.
Außerdem wurde die Gesamtmassenverteilung, beschrieben durch die Massenspektralfunktion, neu bewertet. Während frühere Untersuchungen eine Steigung von etwa 1,29 vermuteten, zeigt die neueste Analyse einen deutlich flacheren Wert von circa 0,57. Diese Erkenntnis deutet auf eine ausgeprägte Massensegregation hin, bei der schwere Sterne tendenziell im Zentrum des Haufens konzentriert sind, während leichtere weiter außen zu finden sind. Die Relaxationszeit, also der Zeitraum, nach dem gravitative Wechselwirkungen das Sternsystem dynamisch ausgeglichen haben, wurde mit etwa sechs Millionen Jahren angegeben, was angesichts des Alters des Haufens bedeutet, dass King 6 sich in einem bereits stabilisierten Zustand befindet. Die Gewinnung solcher detailreichen Daten trägt wesentlich dazu bei, die Entwicklung und das zukünftige Schicksal offener Sternhaufen besser zu verstehen.
King 6 stellt hierbei ein wertvolles Studienobjekt dar, weil seine Eigenschaften ein Bindeglied zwischen sehr jungen und älteren Sternhaufen darstellen. Die Erforschung der Variabilität einzelner Mitglieder öffnet dabei Fenster in die Sternphysik eigener Art, da unterschiedliche Variabilitätsklassen mit spezifischen Sternmassen, Altersstufen und internen Prozessen korrelieren. Darüber hinaus sind offizielle Katalogisierungen und Klassifizierungen von neuen Sternen ein elementarer Bestandteil der astronomischen Forschung. Die Identifikation der drei neuen variablen Sterne im King 6 trägt dazu bei, den galaktischen Sternhaufenbestand zu erweitern und systematisch zu erfassen. Ein umfassendes Verständnis der Verteilung, Häufigkeit und Entwicklungsphasen von variablen Sternen hilft darüber hinaus, Modelle von Sternentwicklungen und galaktischer Dynamik kontinuierlich anzupassen und zu verfeinern.
Eine weitere interessante Facette dieser Forschung ist der Einsatz verschiedener Beobachtungstechnologien und Weltraummissionen. Die ESA-Sonde Gaia hat in den letzten Jahren durch präzise Vermessungen von Sternpositionen und -bewegungen die Astronomie revolutioniert. Die Verwendung ihrer Daten ermöglicht es, die Struktur und Entfernung von Haufensystemen wie King 6 sehr exakt zu bestimmen. Zusätzlich bietet TESS wertvolle zeitbasierte Photometrie, die für die Erkennung von Variabilität und periodischen Helligkeitsänderungen unerlässlich ist. Für Amateure und professionelle Astronomen bietet King 6 somit auch ein interessantes Beobachtungsziel, das mit geeigneten Teleskopen und modernen Instrumenten weiterhin erforscht werden kann.
Die Entdeckung der variablen Sterne erweitert die wissenschaftliche Wissensbasis und eröffnet neue Möglichkeiten für weiterführende Studien, etwa zu möglichen Sterneninteraktionen, Entwicklungstrends und der Gesamtchemie des Haufens. Nicht zuletzt ist die Erforschung von offenen Sternhaufen wie King 6 auch für das Verständnis der Milchstraße entscheidend. Solche Haufen fungieren als natürliche Labore, in denen Sternbildungsprozesse und galaktische Entwicklung in großem Maßstab nachvollzogen werden können. Dabei wirken Faktoren wie Gravitation, Rotation, Magnetfelder und Strahlung auf komplexe Weise zusammen. Indem Forscher konkrete Daten zu Variabilitäten, Massenverteilungen und Haufeneigenschaften sammeln, können sie Modelle, die beschreiben, wie Galaxien wachsen und sich verändern, kontinuierlich optimieren.
Die Entdeckung der drei neuen variablen Sterne im offenen Sternhaufen King 6 steht also für einen wichtigen Schritt in der Erforschung dieser faszinierenden Himmelskörpersammlung. Mit fortschreitender Technologie und internationaler Zusammenarbeit wird erwartet, dass weitere Geheimnisse und neue Objekte innerhalb von King 6 und ähnlichen offenen Sternhaufen entdeckt werden, was unser Bild von der Galaxie und dem Universum weiter vertiefen wird.