In der Welt der Geldanlage haben Exchange Traded Funds, kurz ETFs, in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen. Sie gelten als flexible, kostengünstige und transparente Anlagemöglichkeiten, die besonders bei Privatanlegern sehr beliebt sind. Doch trotz des enormen Wachstums und der Vielzahl an verfügbaren ETFs macht Morningstar, eine der weltweit führenden Rating-Agenturen für Investmentprodukte, klar, dass nicht alle dieser Fonds tatsächlich einen langfristigen Wert bieten. Laut einer aktuellen Analyse von Morningstar zeigt sich, dass von den etwa 4000 auf US-Börsen gehandelten ETFs nur 461 wirklich empfehlenswert sind und sich als robuste Bestandteile eines Portfolios eignen. Diese Erkenntnis ist für Anleger relevant, die täglich durch die Fülle an Fondsangeboten navigieren und fundierte Entscheidungen treffen möchten.
Die überwältigende Anzahl von ETFs täuscht oft über die tatsächliche Qualität hinweg. Nur etwa 11 Prozent der existierenden ETFs verfügen laut dem Morningstar-Analysten Daniel Sotiroff über die notwendigen Eigenschaften, um nachhaltigen Wert zu schaffen – hierunter zählen Faktoren wie ausreichende Fondsgröße, Profitabilität für die Anbieter und die Unterstützung durch Muttergesellschaften mit hoher Bewertung. Die Marktdynamik zeigt, dass vor allem die Fonds mit einer Größe von mindestens einer Milliarde US-Dollar an verwaltetem Vermögen zu den Überlebensfähigen gehören. So gibt es nur 738 ETFs, die diese Schwelle überschreiten. Von diesen wiederum erhalten 461 eine positive Einstufung durch ihre Emittenten, basierend auf den strengen Ratings von Morningstar.
Ein zentraler Grund für diese Selektion ist die Tatsache, dass größere Fonds nicht nur kosteneffizienter arbeiten können, sondern zugleich auch eine stabilere Kundenbasis besitzen. Dies macht es für Emittenten wirtschaftlich sinnvoller, diese Fonds langfristig zu verwalten, was das Risiko einer vorzeitigen Schließung erheblich reduziert. Der Markt für neue ETFs ist in den letzten Jahren durch ein explosionsartiges Wachstum gekennzeichnet. Im Jahr 2024 wurden laut dem Investment Company Institute fast 757 neue Fonds auf den Markt gebracht, nachdem bereits 2023 mehr als 510 neue ETFs erschienen waren. Diese Zahl verdeutlicht den hohen Innovations- und Wettbewerbsdruck in der Branche, gleichzeitig aber auch die Gefahr, in sogenannte „Gimmick-ETFs“ zu investieren.
Diese oft sehr speziellen und kleinen Fonds richten sich häufig auf Nischenthemen oder kurze Trends aus und sind nicht selten leichteren Marktschwankungen ausgesetzt oder verfügen nur über eine geringe Liquidität. Investoren, die auf solche Produkte setzen, riskieren häufig einen Totalverlust oder müssen die Schließung ihres Fonds mitansehen, was mit Verlusten und Aufwand verbunden ist. Die Schließungen sind dabei keineswegs selten. Beispielsweise wurde in diesem Jahr der Defiance ETF, der in den Sektoren Hotels, Airlines und Kreuzfahrten investierte, eingestellt. Zudem gab American Century seinen Low-Volatility-ETF auf, obwohl andere ähnliche Fonds, beispielsweise der iShares MSCI USA Min Vol Factor ETF (USMV), hervorragende Renditen erzielten und dank eines verwalteten Vermögens von über 24 Milliarden US-Dollar durchaus als stabil gelten können.
Diese Beispiele illustrieren gut, wie wichtig Größe und langfristige Performance sind, um im ETF-Dschungel erfolgreich zu navigieren. Für Anleger bedeutet das, dass sie Fonds mit einem langen Track Record bevorzugen sollten. Diese weisen in der Regel eine historische Performance vor, die Vergleichsmaßstäbe für unterschiedliche Marktphasen bietet. Zudem sind große Fonds dank ihrer Bekanntheit und verlässlichen Geschäftstätigkeit weniger anfällig für Liquiditätsengpässe oder das plötzliche Schließen durch den Anbieter. Gleichzeitig müssen Anleger jedoch vorsichtig sein, vor allem wenn es um neu aufgelegte ETFs geht.
Nicht alle frischen Fonds sind pauschal abzulehnen, wie Todd Rosenbluth, Leiter der ETF-Forschung bei VettaFi, betont. Neue ETFs können durchaus relevante Lücken in einem Portfolio füllen oder innovative Strategien verfolgen, die gerade in einem sich wandelnden Markt für Diversifikation und Schutz sorgen. So gibt es beispielsweise Themenfonds, die im Bereich Kryptowährungen oder Immobilien mit aktiven Managementansätzen ungewöhnliche Vorteile bieten. Insbesondere ETFs wie der Calamos Bitcoin 80 Series Structured Alt Protection (CBTA) adressieren Anleger, die Bitcoin-Investments wegen der hohen Volatilität bislang vermieden haben. Ebenso stellt der Cohen & Steers Real Estate Active ETF (CSRE) eine attraktive Alternative zu herkömmlichen aktiven Immobilienfonds dar.
Wichtig ist allerdings, wie sich solche neuen Produkte in das bestehende Portfolio einfügen. Wer bereits über einen S&P 500 Indexfonds verfügt, deckt bereits einen kleinen Immobilienanteil ab, sodass zusätzliche Immobilienfonds unter Umständen für eine Übergewichtung dieses Sektors sorgen können. Die Strategie, sich auf bewusst ausgewählte ETFs zu konzentrieren, trägt dazu bei, das Risiko zu minimieren und gleichzeitig vom Wachstum potenzieller starker Fonds zu profitieren. Ein weiteres Beispiel für innovative ETF-Produkte sind Fonds mit Kapplungsmechanismen, die die Gewichtung der größten börsennotierten Unternehmen eines Index begrenzen. Der iShares S&P 500 3% Capped ETF (TOPC) ist so ein Produkt, das die Übergewichtung einzelner Big-Tech-Unternehmen wie Microsoft oder Nvidia reduziert, die in klassischen S&P 500 Fonds oft jeweils mehr als 6 Prozent ausmachen.
Diese Lösungen bieten zusätzliche Absicherung gegen Klumpenrisiken und helfen Anlegern, ihr Depot ausgewogener zu gestalten. Betrachtet man das Marktgeschehen, so ist eines klar erkennbar: Nicht jeder neu auf den Markt gebrachte ETF wird überleben oder sich am Markt durchsetzen. Der Erfolg entscheidet sich über Zeit, Performance und die wirtschaftliche Tragfähigkeit für Emittenten. Nur Fonds mit substanziellem Mehrwert, solidem Wachstum und guter Verwaltung werden letztlich langfristig Bestand haben. Neben der reinen Zahl weist die Morningstar-Analyse auch auf qualitative Faktoren hin.
Fondsanbieter mit hohen Morningstar-Ratings verfügen über eine bessere Analyse, ein professionelleres Management und stabilere Strukturen, die besonders in volatileren Marktphasen entscheidend sind. Für Anleger bedeutet dies eine klare Handlungsanweisung: Aufmerksamkeit und tiefgehende Recherche sind unerlässlich, wenn sie in ETFs investieren wollen – egal ob es sich um Klassiker oder neue Fonds handelt. Die reine Verlockung durch Trends oder technologische Neuerungen reicht nicht aus, um das Anlageziel dauerhaft zu erreichen. Vielmehr sollte stets auf Qualität, Diversifikation und Kosten geachtet werden. Die Geschichte zeigt immer wieder, wie wichtig es ist, nicht dem reinen Hype hinterherzulaufen, sondern sich auf bewährte Produkte mit solider Basis zu konzentrieren.
Morningstars Bericht fungiert damit als Warnung und Leitfaden zugleich. Gerade in Zeiten des Überangebots an ETFs und eines überhitzten Marktes ist ein fundiertes Verständnis entscheidend, damit Investoren ihrem Portfolio echten nachhaltigen Nutzen zufügen können. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ETFs weiterhin ein zentrales Instrument zur Vermögensbildung darstellen, aber Auswahl und Qualität entscheidend sind. Die Erkenntnisse von Morningstar mahnen zur Vorsicht vor der schieren Masse an angebotenen Produkten und empfehlen stattdessen eine Fokussierung auf Fonds mit ausreichend großer Basis, langer Historie und guter Bewertung. Dabei sind auch neue, innovative ETFs nicht grundsätzlich auszuschließen, sofern sie sinnvoll in das Portfolio passen und nicht nur kurzlebige Trends bedienen.
Eine kluge ETF-Strategie basiert auf kontinuierlicher Marktbeobachtung, dem Verstehen der einzelnen Fonds und dem langfristigen Anlagehorizont. Nur so gelingt es Anlegern, die richtigen Produkte zu finden, ohne unnötige Risiken einzugehen – und die Chancen der ETF-Welt optimal zu nutzen.