Die Vorstellung eines partizipativen Universums hat in den letzten Jahrzehnten erheblich an Bedeutung gewonnen, insbesondere im Kontext der Quantenmechanik und der Philosophie der Physik. Diese Idee, dass die Welt nicht nur passiv beobachtet wird, sondern dass das Beobachten selbst aktiv an der Entstehung der Realität beteiligt ist, fordert traditionelle Vorstellungen der Wissenschaft heraus. Eine tiefgreifende Betrachtung des partizipativen Universums im realistischen Modus erlaubt es, die grundlegenden Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen klassischer und Quantenmechanik besser zu verstehen und eröffnet neue Wege, das Verhältnis zwischen Beobachter und beobachtetem System zu reflektieren.Zunächst ist es wichtig, den Begriff des „realistischen Modus“ zu verstehen. Im philosophischen Kontext beschreibt Realismus die Auffassung, dass die Welt unabhängig von unseren Wahrnehmungen und Gedanken existiert.
Anders als idealistische oder konstruktivistische Ansätze geht der Realismus davon aus, dass es eine objektive Realität gibt, die entdeckt werden kann. In der Physik bedeutet das, dass Messungen und Experimente nicht nur subjektive Eindrücke erzeugen, sondern tatsächliche Eigenschaften der Systeme aufdecken, die unabhängig von uns existieren.Das partizipative Universum im realistischen Modus verbindet diese beiden Bereiche: Es erkennt an, dass es eine objektive Welt gibt, doch betont gleichzeitig, dass wir als handelnde Wesen eine undifferenzierte Rolle spielen, wenn wir diese Welt erforschen. Das heißt, wir können den Beobachter nicht vollständig von dem Geschehen trennen, das er beobachtet. Dies betrifft vor allem die Art und Weise, wie Fakten entstehen und stabilisiert werden.
In der Alltagsphysik gelingt es oft, eine klare Trennung zwischen Beobachter und Objekt aufrechtzuerhalten. Wir können beispielsweise einen Ball rollen sehen, seine Position messen und davon ausgehen, dass diese Position unabhängig von unserer Beobachtung existiert. Doch in der Quantenmechanik zeigt sich, dass genau diese Trennung oft nicht aufrechterhalten werden kann, da der Beobachtungsakt das Messergebnis selbst beeinflussen kann.William H. Miller III und Jenann Ismael haben in ihrer Forschung dargelegt, dass wir in der klassischen Physik meist davon ausgehen können, dass der Beobachter und das beobachtete System getrennt sind.
Diese Trennung erlaubt stabile, objektive Wissensgegenstände. In der Quantenmechanik verschwindet diese klare Abgrenzung jedoch, da Messungen und der Akt des Beobachtens auf subatomarer Ebene eine andere Dynamik besitzen. Phänomene wie Interferenz oder Verschränkung können nicht mehr vollständig vom Beobachter getrennt betrachtet werden.Hier tritt der Begriff der „partizipatorischen Realität“ in den Vordergrund. Der Physiker John Archibald Wheeler prägte die Vorstellung, dass nicht nur die Gesetze der Physik, sondern auch die Ereignisse selbst durch Akte von Beobachtung mitbestimmt werden.
Seine berühmte These, dass „die Teilhabe des Beobachters die Realität mit erschafft“, stellt eine radikale Erweiterung klassischer Sichtweisen dar. Mit anderen Worten, das Universum ist nicht bloß eine Bühne, auf der sich alles objektiv abspielt, sondern ein aktiv mitgestalteter Prozess, in dem Beobachtungshandlungen eine konstruktive Rolle spielen.Besonders spannend ist die Unterscheidung zwischen der „agentiven“ und der „beobachtenden“ Perspektive. Die agentive Perspektive beschreibt den aktiven Einfluss, den ein handelnder Akteur auf das Geschehen ausübt. Dies betrifft die Entscheidungen, Handlungen und Messungen, die in Experimenten durchgeführt werden.
Die beobachtende Perspektive dagegen analysiert, wie sich Fakten für einen externen Beobachter darstellen – sie ist eher passiv und empfangend. Jenann Ismael argumentiert, dass diese Trennung essentiell ist, um das partizipative Universum im realistischen Rahmen zu verstehen. Die agentive Perspektive ist nicht nur eine Erweiterung der Beobachtung, sondern eine Bedingung dafür, dass bestimmte Tatsachen überhaupt erst manifest werden können.Diese Unterscheidung wirft ein Licht darauf, warum die Quantenmechanik so schwer zu interpretieren ist. Sie fordert uns dazu auf, unser traditionelles Verständnis von Objektivität zu hinterfragen.
Dass Messungen in Quantenexperimenten nicht bloß enthüllen, was vorher schon existierte, sondern selbst Einfluss auf den Zustand des Systems haben, führt dazu, dass Wissensobjekte nicht einfach eine unabhängige Existenz haben. Stattdessen entsteht eine Geflecht von Wechselwirkungen, in denen der Beobachter und der Beobachtete voneinander abhängig sind.In der klassischen Physik werden probabilistische Relationen zwischen Ereignissen durch deterministische Gesetze beschrieben, die sich über Zeit und Raum erstrecken. Quantenphänomene hingegen zeigen eine andere Art der Kausalität und des Informationsflusses. Während in der klassischen Welt Kausalität klar in eine zeitliche Richtung weist, geben Interpretationen der Quantenmechanik wie die retrokausale oder relationale Sicht alternative Mechanismen an, bei denen auch zeitliche Symmetrien und Beziehungen zwischen Beobachtern eine Rolle spielen.
Wesentliche mathematische Grundlagen für diese Überlegungen liefern Resultate wie der Kochen-Specker Satz und Gleasons Theorem. Sie zeigen, dass es keine Möglichkeit gibt, klassischen verborgenen Variablen vollumfänglich zu vertrauen. Die Quantenmechanik verbietet eine einfache Zuweisung von definitiven Eigenschaftswerten vor einer Messung, was das partizipatorische Element noch deutlicher hervorhebt. Die Realität wird so nicht nur passiv beschrieben, sondern ist tief mit dem Prozess des Messens und Wissens verknüpft.Die philosophischen Dimensionen dieses Ansatzes sind ebenfalls tiefgreifend.
Die phänomenologische Perspektive von Husserl, die den Prozess der Intentionalität beschreibt, weist darauf hin, dass Bewusstsein und Welt nicht getrennt betrachtet werden können. Dies unterstützt die Idee, dass der Akt des beobachtenden Bewusstseins Teil des Realisierungsprozesses physikalischer Ereignisse ist. Die partizipative Wirklichkeit fordert also eine Revision unseres Verständnisses davon, was Wissensgegenstände sind und wie sie sich verhalten.Parallel dazu macht auch die moderne Interpretation „QBism“ (Quantum Bayesianism) von Christopher Fuchs deutlich, dass Quantenmechanik nicht nur objektive Wahrscheinlichkeitsaussagen liefert, sondern subjektive Information über den Wissensstand und die Entscheidungen des Beobachters beinhaltet. Es zeigt sich, dass Wissen und Realität untrennbar miteinander verwoben sind.
Im praktischen Kontext beeinflusst dieses Verständnis auch die Art und Weise, wie experimentelle Forschungsarbeiten durchgeführt und interpretiert werden. Die Partizipation des Beobachters bedeutet, dass auch hypothetische und theoretische Annahmen Teil des entstehenden Bildes sind. Dies schließt aus, dass man eine vollständig objektive, von menschlicher Handlung gänzlich getrennte Wissenschaft betreiben kann. Stattdessen ist Wissenschaft ein sozialer, interaktiver Prozess, bei dem zwischen Beobachtern und beobachteten Phänomenen ein dynamischer Austausch stattfindet.Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das partizipative Universum im realistischen Modus eine spannende Synthese zwischen der Unabhängigkeit der Welt und der aktiven Rolle des Beobachters darstellt.