Im April 2025 erlebten Spanien, Portugal und ein kleiner Teil Südwestfrankreichs einen weitreichenden Stromausfall, der in den Medien schnell als „Spanischer Greenout“ bezeichnet wurde. Dieser Begriff beschreibt nicht nur den technischen Blackout, sondern steht symbolisch für die Herausforderungen, denen sich Iberien bei der Umstellung auf erneuerbare Energien gegenübersieht. Trotz der beeindruckenden Fortschritte auf dem Weg zu einem nachhaltigen Energiesystem zeigte der Vorfall, wie empfindlich und anfällig das Stromnetz werden kann, wenn Technologien und Infrastruktur nicht im Einklang stehen. Die Ursachen, Auswirkungen und Lehren aus dem Greenout bieten wertvolle Einsichten für die gesamte Energiewende weltweit. Spanien hatte bereits am 16.
April 2025 einen Meilenstein erreicht: Zum ersten Mal wurde der gesamte Strombedarf der Iberischen Halbinsel an einem Wochentag vollständig durch erneuerbare Energien gedeckt. Windenergie, Solarenergie und Wasserkraft schafften es, die nationale Stromerzeugung komplett abzudecken – ein historisches Ereignis, das weltweit Aufmerksamkeit erregte. Noch beeindruckender war ein Rekord am 21. April, bei dem die Solarstromproduktion mit über 20.000 Megawatt knapp 79 Prozent des gesamten Stromverbrauchs abdeckte.
Diese Werte schienen den Fortschritt zu bestätigen und erweckten Hoffnung auf eine grünere Zukunft. Doch nur wenige Tage später, am 28. April, wurde dieses Selbstvertrauen jäh erschüttert, als mehrere spanische Städte, darunter auch Ronda, von einem großflächigen Stromausfall betroffen waren. U-Bahnen blieben stehen, Ampeln fielen aus und selbst Krankenhäuser mussten mit Notstromaggregaten arbeiten. Die Iberische Halbinsel war plötzlich kaum noch funktionsfähig.
Die Ereignisse werfen ein Schlaglicht auf die Herausforderung, die mit der Integration einer hohen Menge erneuerbarer Energien in bestehende Stromnetze verbunden ist. Erneuerbare Energien zeichnen sich durch ihre volatile und schwer vorhersehbare Einspeisung aus. Wind- und Sonnenenergie sind wetterabhängig und unterliegen natürlichen Schwankungen, die von Netzbetreibern ausgeglichen werden müssen. Das Iberische Netz ist zwar an das Stromnetz Europas angebunden, jedoch ist die Verbindung im Vergleich zu anderen Regionen eher begrenzt, was die Flexibilität der Stromversorgung erschwert. Technische Analysen des Vorfalls zeigen, dass neben der Spitzenlast auch Fehlfunktionen bei Übertragungsleitungen und Schaltanlagen eine Rolle spielten.
Die Netzinfrastruktur, die nicht in gleichem Maß modernisiert wurde wie die erneuerbaren Energiekapazitäten, konnte die Belastungen nicht immer optimal bewältigen. Auch Engpässe in der Netzsteuerung und unzureichende Pufferkapazitäten, etwa durch Batteriespeicher oder flexible Gaskraftwerke, trugen zur Instabilität bei. Zudem sind die Systeme zur Frequenz- und Spannungshaltung bei hohen Anteilen fluktuierender Erzeugung noch nicht ausgereift genug. Die Folgen des Greenouts waren zahlreich und dramatisch. Der Ausfall der U-Bahn-Netze führte zu massiven Mobilitätsproblemen in den großen Städten.
Straßenverkehrssysteme, die auf Ampeln angewiesen sind, verhinderten einen reibungslosen Verkehr, was zu Staus und einer erhöhten Unfallgefahr führte. Krankenhäuser und andere kritische Einrichtungen mussten auf Notstrom umschalten, wodurch teils eine stark eingeschränkte Versorgungssicherheit herrschte. Unternehmen erleiden Ausfallzeiten, Produktionsketten wurden unterbrochen, was wirtschaftliche Folgeschäden nach sich zog. Auch das Vertrauen der Bevölkerung in die Versorgungssicherheit wurde erschüttert, was politische Diskussionen über das Tempo der Energiewende und die Klimapolitik befeuerte. Doch trotz der negativen Aspekte ist es wichtig zu verstehen, dass der Greenout eine durchaus erwartbare Schwachstelle in einer Übergangsphase markieren kann.
Die Energiewende ist ein komplexes Vorhaben, das nicht nur die Umstellung der Energiequellen umfasst, sondern auch eine zentrale Modernisierung der Infrastruktur sowie eine Verbesserung der Steuerungs- und Speichertechnologien verlangt. Länder, die ihre Netze auf vollständige oder nahezu vollständige erneuerbare Versorgung umstellen wollen, müssen daher intensiv in intelligente Netze („Smart Grids“), verbesserte Netzverbindungen mit Nachbarländern und vor allem in Energiespeicher investieren. Die Iberische Halbinsel bietet hierbei ein lehrreiches Beispiel: Sie besitzt ein großes Wind- und Solarpotenzial, doch bislang keine ausreichend dimensionierte Kopplung an das restliche europäische Netz. Frankreich, als Nachbar, verfügt über ein stark nuklear geprägtes Stromnetz, das stabil und grundlastfähig ist. Bessere Interkonnektoren könnten dazu beitragen, Energiespitzen auszugleichen und bei Engpässen einspringen.
Außerdem zeigt der Fall, dass flexible Gasturbinen und Speicherlösungen als Backup weiterhin essentiell bleiben, bis Technologien wie Großbatterien oder Power-to-X in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ein weiteres Thema, das durch den Greenout ans Licht kam, ist die gesellschaftliche Dimension der Energiewende. Der Stromausfall sensibilisierte die Öffentlichkeit für mögliche Schwachstellen und die Notwendigkeit resilienter Systeme. Gleichzeitig sorgte die starke mediale Präsenz dafür, dass falsche oder vereinfachte narratives verbreitet wurden, die beispielsweise erneuerbare Energien pauschal als Ursache für Blackouts darstellten. Diese Debatten zeigen, wie wichtig transparente Kommunikation und gebündelte Informationskampagnen sind, um die Bevölkerung mitzunehmen und Realitäten der Technologien verständlich zu machen.
Zusammenfassend offenbart der Spanische Greenout die komplexen Herausforderungen, die mit der ambitionierten Umstellung der Energieversorgung einhergehen. Ein stabiles Stromnetz ist die Basis für Wirtschaft, Wohlstand und soziale Sicherheit. Erneuerbare Energien sind unverzichtbar für den Klimaschutz, doch der Erfolg der Energiewende hängt von der intelligenten Integration dieser Technologien ab. Dies erfordert neben Investitionen in Netze und Speicher auch internationale Zusammenarbeit, innovative Steuerungslösungen und eine konsequente Weiterentwicklung der Infrastruktur. Für Deutschland und andere Länder, die sich auf den Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung begeben, bietet das Beispiel aus Iberien wichtige Lehren.
Ein zu schneller Ausbau von Wind und Solar ohne begleitende Netzmodernisierung und Flexibilitätsmaßnahmen kann Risiken bergen. Ein schrittweises Vorgehen, das technische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aspekte gleichermaßen berücksichtigt, ist erfolgsentscheidend. Nur so lässt sich ein zuverlässiger und nachhaltiger Energiemarkt gestalten, der Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit optimal verbindet. Der Spanische Greenout zeigt, dass die Energiewende zwar eine große Chance für eine saubere Zukunft darstellt, jedoch auch mit erheblichen Herausforderungen verbunden ist. Ein ganzheitlicher Ansatz mit Forschung, Innovation und politischem Willen ist notwendig, um aus der Krise zu lernen und die Versorgungssysteme zukunftsfest zu machen.
Die Vision einer grünen Energieversorgung ist damit kein Utopia, sondern ein erreichbares Ziel – sofern man aus Fehlern lernt und die Infrastruktur konsequent weiterentwickelt.