Die digitale Transformation ist längst nicht mehr nur ein Schlagwort großer Konzerne. Auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) setzen zunehmend auf Modernisierung und Effizienzsteigerung durch technologische Innovationen. Eine aktuelle Studie, die Finanzentscheider von über 1.000 KMU befragte, zeigt, dass 90 % dieser Unternehmen innerhalb der nächsten fünf Jahre komplett papierlos arbeiten wollen. Diese Ambition spiegelt den globalen Trend zur Digitalisierung wider, doch die Realität ist mit zahlreichen Herausforderungen gepflastert – insbesondere im Hinblick auf die Datenqualität und die Nutzung moderner Finanztools.
Der Wunsch nach Papierlosigkeit ist kein Selbstzweck, sondern eng verbunden mit den Vorteilen, die digitale Prozesse bieten. Eine papierfreie Organisation bedeutet schnelleren Zugriff auf Informationen, geringere Betriebskosten, nachhaltigeres Wirtschaften und eine agilere Unternehmensführung. Dennoch offenbart die Studie, dass viele KMU trotz ihrer ambitionierten Ziele Schwierigkeiten haben, den Status quo zu verändern. Oft fehlt es an den passenden Werkzeugen und der umfassenden digitalen Infrastruktur, um Finanzdaten in Echtzeit abzurufen und zu analysieren. Ein zentrales Problem ist die Qualität der zugrunde liegenden Daten.
Viele KMU arbeiten noch immer mit manuellen Prozessen, die fehleranfällig und zeitaufwendig sind. Die Folge sind unvollständige oder veraltete Datenbestände, die eine zuverlässige Entscheidungsfindung erschweren. Dies führt wiederum dazu, dass Geschäftsführer und CFOs nur eingeschränkten Einblick in die aktuelle finanzielle Lage ihres Unternehmens haben – insbesondere beim Zugriff auf aktuelle Liquiditätsstände. Erschwerend kommt hinzu, dass bei etwa 20 % der befragten Unternehmen erst nach Tagen oder Wochen belastbare Finanzdaten vorliegen. Trotzdem lässt dieser Missstand die Modernisierungsbestrebungen nicht abbrechen.
Viele KMU sind sich bewusst, dass Modernisierung ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein kann. Insbesondere Unternehmen mit einer Belegschaft von 200 bis 1.000 Mitarbeitern zeigen sich zuversichtlich, das Ziel der vollständigen Papierlosigkeit schon innerhalb eines Jahres zu erreichen. Dieses ehrgeizige Vorhaben erfordert jedoch eine strategische Herangehensweise, die neben der Einführung neuer Softwarelösungen auch die Schulung von Mitarbeitern und die Anpassung interner Abläufe umfasst. Die Integration digitaler Finanztools wird von Experten als eine der wichtigsten Maßnahmen angesehen, um die Finanztransparenz und das Cashflow-Management zu verbessern.
Moderne Plattformen ermöglichen nicht nur eine schnellere Verarbeitung von Rechnungen und Zahlungen, sondern bieten auch detaillierte Einblicke in Finanzströme, die für eine proaktive Steuerung des Unternehmens essentiell sind. CFOs, wie John Rettig von der Finanzplattform Bill, betonen, dass die Kontrolle über liquide Mittel in dynamischen Wirtschaftslagen der Schlüssel zum Erfolg ist. Ein zuverlässiges Cashflow-Management hilft, finanzielle Engpässe zu vermeiden und Investitionen gezielt zu planen. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach der idealen Datenstrategie. Die Vorstellung eines "Single Source of Truth" – also einer einzigen, zentralen Datenquelle – wird von manchen als erstrebenswert, von anderen als unrealistisch angesehen.
Für KMU mit begrenzten Ressourcen kann der Aufbau einer solchen Datenumgebung besonders anspruchsvoll sein. Unterschiedliche Abteilungen nutzen oft verschiedene Systeme, die nicht miteinander kommunizieren. Diese Fragmentierung führt zu Dateninkonsistenzen, die wiederum die Qualität der Analysen beeinträchtigen. Die Herausforderung liegt darin, diese heterogenen Systeme zu integrieren und gleichzeitig die Datenqualität sicherzustellen. Vor allem kleinere Unternehmen könnten mit der vorzeitigen Einführung komplexer Technologien überfordert sein.
Der Druck, mit größeren Wettbewerbern mitzuhalten und gleichzeitig qualifizierte Mitarbeiter zu binden, treibt manche dazu, digitale Lösungen einzuführen, bevor eine solide Datenbasis geschaffen wurde. Dieser Schritt kann zu ineffizienten Prozessen und Frustration führen, wenn die eingesetzten Tools nicht den erwarteten Mehrwert bringen. Daher raten Experten zu einem schrittweisen Vorgehen, das sowohl technische als auch organisatorische Aspekte berücksichtigt. Die Digitalisierung sollte stets von einer klaren Zielsetzung und einer gründlichen Analyse der bestehenden Prozesse begleitet sein. Dabei müssen KMU bestrebt sein, ihre Datenquellen zu konsolidieren und die Qualität der Daten fortlaufend zu verbessern.
Mitarbeiter müssen frühzeitig eingebunden und geschult werden, um Widerstände abzubauen und eine positive Akzeptanz für neue Arbeitsweisen zu schaffen. Darüber hinaus gewinnt die Nutzung von Cloud-Technologien und automatisierten Lösungen immer mehr an Bedeutung. Diese Technologien bieten Flexibilität, Skalierbarkeit und oft auch bessere Sicherheitsstandards als lokale Systeme. Insbesondere bei der mobilen Arbeit und in dezentralen Teams ermöglichen sie den einfacheren Zugriff auf aktuelle Daten und erleichtern die Zusammenarbeit. Das Engagement für eine papierlose Zukunft steht zudem im Einklang mit dem wachsenden Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz.
KMU tragen durch die Reduktion von Papierverbrauch nicht nur zur Schonung natürlicher Ressourcen bei, sondern erfüllen auch zunehmend Anforderungen von Kunden, Partnern und Investoren, die Wert auf transparente und nachhaltige Geschäftsmodelle legen. Die Digitalisierung kann dabei als wichtiger Hebel dienen, ökonomische und ökologische Ziele miteinander zu verbinden. Abschließend bleibt festzuhalten, dass die digitale Transformation bei KMU weder ein kurzfristiges Projekt noch eine rein technische Herausforderung ist. Es handelt sich um einen fortlaufenden Prozess, der Anpassungsfähigkeit, strategische Weitsicht und kollektives Engagement braucht. Die ehrgeizige Zielsetzung von 90 % papierlosen Unternehmen innerhalb von fünf Jahren zeigt, dass die KMU-Landschaft sich verändert und Innovationen zunehmend als Schlüssel für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit angesehen werden.
Gleichzeitig müssen Unternehmen die bestehenden Datenherausforderungen ernst nehmen und sich nicht von der Optimismuswelle blenden lassen. Qualität und Verfügbarkeit von Daten sind die Grundpfeiler jeder Digitalisierung. Nur wer diese adressiert und systematisch verbessert, kann von den Vorteilen papierloser Abläufe vollumfänglich profitieren. Nur so wird aus einem ambitionierten Ziel ein nachhaltiger Erfolg, der kleine und mittlere Unternehmen fit für die Zukunft macht.