Die rapide Entwicklung künstlicher Intelligenz hat eine neue Generation von Systemen hervorgebracht, die als Agentische KI bezeichnet werden. Diese AI-Agenten agieren zunehmend autonom, übernehmen komplexe Aufgaben, kommunizieren untereinander und treffen Entscheidungen ohne direkte menschliche Kontrolle. Die Fähigkeiten solcher Agenten reichen von der Verwaltung von Meetings bis hin zur eigenständigen Nutzung von Daten und Werkzeugen, was sie zu einer Art digitaler Mitarbeiter macht. Trotz der Faszination und des Potenzials, das diese Technologien bieten, stellt ihre Integration eine ernsthafte Sicherheitsherausforderung dar. Das Konzept der Bedrohungsmodellierung gewinnt damit an Bedeutung, insbesondere um Risiken gezielt vor dem Einsatz solcher Systeme zu identifizieren und zu minimieren.
In diesem Kontext wurde von OWASP das MAESTRO-Framework entwickelt, das speziell auf die Sicherheitsbedürfnisse von Agentischer KI zugeschnitten ist. Es bietet eine strukturierte Methode, um alle relevantem Ebenen der KI-Architektur zu betrachten und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen. Agentische KI unterscheidet sich grundlegend von herkömmlichen Systemen, da sie nicht nur vorgegebene Regeln ausführt, sondern eigenständig Entscheidungen trifft und sich flexibel an neue Situationen anpassen kann. Zudem sind diese Systeme mit der Fähigkeit ausgestattet, verschiedene Werkzeuge wie APIs, Datenbanken oder Kommunikationsplattformen zu nutzen und miteinander in Multi-Agenten-Systemen zu interagieren. Durch diese Vernetzung entsteht ein dynamisches Ökosystem, das hohe Sicherheitserfordernisse mit sich bringt.
Klassische Sicherheitsmodelle stoßen hier an ihre Grenzen, da sie nicht für die flexiblen und komplexen Interaktionen von Agentischen KI-Systemen entwickelt wurden. Ein entscheidendes Problem, das bei Agentischer KI auftritt, ist die sogenannte Memory Poisoning-Attacke, bei der ein Agent dauerhaft falsche oder manipulierte Informationen abspeichert und fälschlicherweise für korrekt hält. Dies kann zu irreparablen Fehlern und unerwünschtem Verhalten führen. Ebenso kritisch ist der Missbrauch von Werkzeugen durch die KI. Wenn ein Agent mit zu weitreichenden Befugnissen ausgestattet wird, besteht die Gefahr, dass er diese unkontrolliert ausnutzt und etwa sensible Daten preisgibt oder unautorisierte Aktionen durchführt.
Im schlimmsten Fall können einzelne Agenten sogar andere manipulieren, um vom vorgesehenen Pfad abzuweichen, was als Rogue Agent bezeichnet wird. Neben den technischen Risiken sind auch wirtschaftliche Schäden durch sogenannte Denial of Wallet Angriffe denkbar, bei denen Agenten absichtlich oder versehentlich kostenintensive Ressourcen übermäßig beanspruchen. All diese Szenarien unterstreichen die Notwendigkeit eines ganzheitlichen und detaillierten Sicherheitsansatzes. Das MAESTRO-Framework gliedert die Bedrohungsmodellierung für Agentische KI in sieben Schichten, die einen tiefen Einblick in jede Komponente des Systems ermöglichen. Das bedeutet, dass nicht nur der eigentliche KI-Kern oder „Gehirn“ betrachtet wird, sondern auch alle „Arme“, „Beine“ und das „Nervensystem“ – also die Schnittstellen, Werkzeuge, Laufzeitumgebungen und das gesamte Ökosystem.
Jede Ebene hat dabei spezifische Risiken, die gezielt erfasst und bewertet werden können. Die 7 Layer von MAESTRO umfassen Modell, Agent, Ökosystem, Sicherheit, Tools, Laufzeit und Outcome. Dieser strukturierte Ansatz macht es auch für Organisationen ohne tiefgehende Cybersecurity-Expertise möglich, systematisch Schwachstellen zu erkennen. Der Layer „Modell“ kümmert sich beispielsweise um die inhärenten Risiken in der KI-Logik selbst. Hier werden mögliche Fehlerquellen wie Halluzinationen, also das Erfinden falscher Informationen durch die KI, untersucht und mitigierende Maßnahmen wie Faktenchecks integriert.
Beim Layer „Agent“ steht im Fokus, welche Informationen dauerhaft gespeichert und genutzt werden dürfen, um Memory Poisoning zu verhindern. Der „Ökosystem“-Layer betrachtet die Interaktion mit anderen Agenten, wobei Vertrauensgrenzen gesetzt werden müssen, um Manipulationen zu vermeiden. Solche Mehrstufigkeit ermöglicht präzises und kontextsensitives Sicherheitsmanagement. Sicherheitsaspekte, etwa Identitätsmanagement und Zugriffskontrollen, werden unter dem Layer „Sicherheit“ behandelt. Hier kommen bewährte Konzepte wie Role-Based Access Control (RBAC) zum Einsatz, die sicherstellen, dass Agenten nur bestimmte Aktionen im vorgegebenen Rahmen ausführen können.
Der Layer „Tools“ regelt den Umgang mit externen Anwendungen und APIs, was gerade bei Kommunikationskanälen wie E-Mails entscheidend ist, um Phishing oder Datenlecks zu verhindern. „Runtime“ schaut sich die tatsächliche Ausführung an, indem durch unveränderliche Protokollierung Handlungen nachvollziehbar und revisionssicher gemacht werden. Schließlich sorgt der „Outcome“-Layer dafür, dass das Verhalten der Agenten laufend auf Geschäftsziele und Compliance-Vorgaben abgestimmt ist. Der praktische Einsatz von MAESTRO erfordert ein bewusste Auseinandersetzung mit den Entscheidungsbefugnissen, die Agenten besitzen. Ein erster Schritt sollte daher immer sein, sich systematisch zu fragen, welche Entscheidungen die KI eigenständig treffen darf und welche nicht.
Organisationen wird empfohlen, eine Sicherheitsmannschaft mit MAESTRO-Kenntnissen an Bord zu holen oder externe Spezialisten hinzuzuziehen, die auf Bedrohungsmodellierung für Agentische KI spezialisiert sind. Essenziell ist auch das Testen durch Red Teaming, bei dem simulierte Angriffe und Szenarien durchlaufen werden, um Schwachstellen aufzudecken, bevor reale Schäden entstehen. Zudem ist ein kontinuierliches Monitoring unabdingbar, um im Produktivbetrieb Verhalten der Agenten zu überwachen, Fehlfunktionen frühzeitig zu erkennen und Anpassungen vorzunehmen. Die gesicherte Protokollierung von Aktivitäten, das Nachvollziehen von Identitäten und die Einrichtung von Audits bilden hier die Basis für Transparenz und Verantwortlichkeit. Im Zusammenspiel all dieser Maßnahmen entsteht eine Sicherheitsinfrastruktur, die das Potenzial von Agentischer KI nutzbar macht, ohne die Risiken außer Acht zu lassen.
Die aktuellen Veröffentlichungen zum Thema – etwa das Whitepaper von SplxAI oder die OWASP Agentic Security Initiative – bieten vertiefende Einblicke in Anwendungsfälle, Angriffsvektoren und konkrete Gegenmaßnahmen. Auch die Cloud Security Alliance trägt mit ihrem ausführlichen MAESTRO-Explainer zur Verbreitung und Implementierung des Frameworks bei. Für Unternehmen, die Agentische KI in ihre Geschäftsprozesse integrieren wollen, ist es unverzichtbar, sich mit diesen Ressourcen vertraut zu machen. Nur so lässt sich verhindern, dass die schnellen, intuitiven Fortschritte der KI mit unvorhergesehenen Sicherheitslücken erkauft werden. Agentische KI ist dabei wie das Einstellen hunderter talentierter digitaler Mitarbeiter, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche arbeiten.
Ohne klare Grenzen und Überwachung können sie rasch Entscheidungen treffen, die unerwünschte Folgen haben. Das MAESTRO-Framework sorgt dafür, dass diese Power mit einem effektiven Sicherheitsnetz versehen wird. Es ermöglicht eine Balance zwischen Innovation und Schutz, indem Risiken umfassend betrachtet und adressiert werden. Dabei braucht es nicht zwingend komplexe technische Kenntnisse, sondern vor allem eine disziplinierte Herangehensweise, die die vielfältigen Facetten moderner KI-Systeme umfasst. Die Zukunft der Agentischen KI bietet enormes Potenzial für Effizienzsteigerungen in Unternehmen, fortschrittlichere Dienstleistungen und neue Geschäftsmodelle.
Gleichzeitig bleibt die Sicherheit eine permanente Herausforderung, die nur durch strukturierte Methoden wie MAESTRO gemeistert werden kann. Entscheidend ist, dass Verantwortliche die Thematik frühzeitig angehen, eine klare Strategie entwickeln und technische sowie organisatorische Maßnahmen laufend an die sich verändernde Bedrohungslandschaft anpassen. Somit kann Agentische KI zu einem sicheren, vertrauenswürdigen Bestandteil moderner digitaler Infrastrukturen werden und ihre Vorteile bestmöglich entfalten.