Quantencomputing hat sich in den letzten Jahren von einer theoretischen Disziplin zu einem praxisnahen Feld entwickelt, das die Art und Weise, wie wir komplexe Probleme lösen, grundlegend verändern könnte. Im Zentrum dieser Entwicklung stehen Quantenchips, die die fundamentalen Bausteine der Quantencomputer bilden. Sie enthalten sogenannte Qubits, die im Gegensatz zu klassischen Bits nicht nur die Zustände 0 oder 1 annehmen können, sondern auch Überlagerungen dieser Zustände ermöglichen. Dies eröffnet völlig neue Rechenmöglichkeiten, die herkömmliche Computer nicht erreichen können. Angesichts der immensen Herausforderungen bei der Herstellung verlässlicher und skalierbarer Quantenchips haben zahlreiche Unternehmen weltweit große Anstrengungen unternommen, um diese Technologie zur Marktreife zu führen.
Dabei treten sowohl etablierte Tech-Giganten als auch innovative Startups in einen intensiven Wettstreit. Ein Überblick über die wichtigsten Akteure zeigt die Vielfalt der Ansätze und die Dynamik des Feldes. In Deutschland arbeitet das Startup Akhetonics an einem bahnbrechenden Konzept: einem komplett optischen Quantenchip, der als Verallgemeinerung einer vielseitig einsetzbaren Plattform entwickelt wird. Dieser Ansatz unterscheidet sich erheblich von anderen Projekten, die häufig auf spezifische Anwendungsgebiete fokussieren. Mit einer Finanzierung von sechs Millionen Euro wurde die Entwicklung weiter vorangetrieben, wobei der allererste Chip auf rein physikalischen Prinzipien basiert und auf photonischer Technologie aufbaut.
Dieser Mut zu unkonventionellen Lösungen zeigt das Potential, neue Wege zu gehen und langfristig robustere Quantenchips zu schaffen. Frankreich zählt mit mehreren vielversprechenden Firmen zu den Hotspots der Quantenchip-Entwicklung in Europa. Alice & Bob hebt sich durch eine ganzheitliche Systementwicklung hervor, wobei cat qubits im Mittelpunkt stehen. Diese spezielle Art von supraleitenden Qubits lässt sich leichter in Fehlerschutzverfahren integrieren, was ein kritischer Faktor für die Skalierbarkeit ist. Das Unternehmen hat Anfang 2025 eine erhebliche Series-B-Finanzierung von über 100 Millionen US-Dollar erhalten, die den weiteren Ausbau ihrer Technologie und Infrastruktur ermöglichen wird.
Neben Alice & Bob ist Pasqal ein weiterer französischer Akteur, der sich auf neutrale Atome konzentriert. Pasqal verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz vom Chip bis zur Anwendung, wobei die Nähe zu Forschungseinrichtungen wie dem Institut d’Optique eine wichtige Rolle spielt. Mit umfangreicher staatlicher und privater Förderung verfügt Pasqal über Mittel, die eine Intensivierung der Entwicklungsarbeiten erlauben. Amazon hat 2025 offiziell den Sprung in das Rennen um Quantenchips gewagt. Das Cloud-Geschäft von Amazon, AWS, präsentierte den Quantenchip Ocelot in Zusammenarbeit mit dem Caltech.
Zuvor hatte AWS bereits den Dienst Braket gestartet, der es Kunden ermöglicht, auf Quantum-Computing-Anbieter wie D-Wave, IonQ und Rigetti zuzugreifen. Der Schritt mit dem eigenen Chip markiert eine neue Stufe, mit der Amazon die interne Kontrolle über Hardware und Software erhöhen will. Ein derart starker Markteintritt eines Tech-Riesen wird den Wettbewerb im Sektor weiter anheizen. In den USA ist Atom Computing ein Unternehmen, das auf optisch gefangene neutrale Atome als Qubit-Basis setzt. Diese Technologie verspricht hohe Stabilität und lange Kohärenzzeiten, also die Fähigkeit, Quanteninformation über lange Zeiträume zu bewahren.
Microsoft kündigte im Rahmen der Ignite 2024 Veranstaltung eine Kooperation mit Atom Computing an, um 2025 einen kommerziellen Quantencomputer zu lancieren. Dieser Schritt zeigt, wie sich die Branche durch Partnerschaften und technologische Synergien ergänzt und beschleunigt. Ein Pionier in der Quantenwelt ist D-Wave aus Kanada, das bereits seit 1999 aktiv ist und als eines der ersten Unternehmen kommerzielle Quantencomputer anbot. Der Schwerpunkt liegt auf der Quantum-Annealing-Technik, die besonders geeignet ist, um Optimierungsprobleme zu lösen. Die neueste Hardware-Generation, Advantage2, demonstriert die Fähigkeiten der Technologie, obwohl der Ansatz sich von allgemeineren Universal-Quantencomputern unterscheidet.
Dennoch bleibt D-Wave ein wichtiger Player mit eigener Marktnische. Die Bedeutung von Materialien und Architektur ist beim US-Startup EeroQ zu beobachten, das einen ungewöhnlichen Weg geht und Helium als technologisches Element in der Chipentwicklung nutzt. Die Förderung durch regionale öffentliche Mittel und eine solide Seed-Finanzierung unterstreichen das Interesse an alternativen Materialkonzepten, die Speicherung und Manipulation von Qubits verbessern könnten. Japanische Forschungsanstrengungen spiegeln sich in der Kooperation von Fujitsu und dem Forschungslabor RIKEN wider. Sie haben 2025 eine 256-Qubit-Maschine vorgestellt, die auf supraleitenden Qubits basiert und damit gegenüber der Vorversion von 64 Qubits einen bedeutenden Sprung darstellt.
Diese Entwicklung etabliert Japan als einen wichtigen Akteur in der globalen Quantenchip-Forschung. Google bleibt mit seiner Chip-Generation „Willow“ an der Spitze der Supraleitungs-Quantencomputer und stellt technologische Fortschritte beim Fehlerschutz vor. Die Ankündigung des Google-Quantum-AI-Gründers, dass die Ergebnisse den Gedanken paralleler Universen stützen könnten, sorgt nicht nur in Fachkreisen, sondern auch in der allgemeinen Öffentlichkeit für großes Interesse. Dieses innovative Narrativ macht das ohnehin komplexe Feld zugänglicher und beflügelt die Fantasie. International ist IBM mit seinen Quantenprozessoren „Condor“ und „Heron“ ein weiterer bedeutender Akteur.
Condor ist ausgelegt für eine Skalierung bis zu über tausend Qubits, während Heron insbesondere Verbesserungen bei Leistung und Fehlerreduktion fokussiert. IBM verfolgt konsequent die Erweiterung seiner Quantenplattformen und bindet Entwickler über Cloud-basierte Angebote wie IBM Quantum Experience ein. Infleqtion, ehemals ColdQuanta, ist ein US-amerikanisches Unternehmen, das ebenfalls die Technologie neutraler Atome verfolgt und damit versucht, die Vorteile eines langen Kohärenzzeitfensters und Skalierbarkeit zu verbinden. Wahrend Intel sich auf Siliziumspin-Qubits spezialisiert hat, hat der Konzern bemerkenswerte Meilensteine bei der Chipentwicklung erreicht, unter anderem mit dem Tunnel Falls Chip, der als Testplattform für weitere Generationen dient. Jedoch verzögerte sich die Einführung eines nächsten Chips, was zeigt, wie schwierig die Übersetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte ist.
Die Firma IonQ ist für ihre auf Ionenfallen basierenden Quantencomputer bekannt und gehört zu den wenigen börsennotierten Unternehmen im Bereich. Mit dem IonQ Forte Modellsystem setzt das Unternehmen auf eine bewährte Qubit-Technologie, die hohe Präzision und lange Kohärenzzeiten verspricht. Nach der Börseneinführung über eine SPAC-Transaktion expandierte IonQ durch Akquisitionen, um seine Netzwerkinfrastruktur zu stärken. Finnland ist mit IQM vertreten, einem Spinout aus wissenschaftlichen Einrichtungen, das sich ebenfalls auf supraleitende Quantencomputer spezialisiert hat. Die finnische Unterstützung durch die Europäische Innovationskommission und andere öffentliche Institutionen hat dem Startup geholfen, bedeutende Finanzierungsrunden zu schließen und die Entwicklung neuer Chips voranzutreiben.
Microsoft stellte 2025 mit „Majorana“ einen neuen Quantenchip mit topologischer Architektur vor. Topologische Qubits sind vielversprechend für ihre Fehlerresistenz und könnten einen wichtigen Fortschritt darstellen. Microsoft hat zudem große Ambitionen, innerhalb eines Jahrzehnts einen Quanten-Supercomputer zu bauen, was den hohen Einsatz verdeutlicht. Eine weitere interessante Entwicklung kommt von Oxford Ionics, einem britischen Startup, das ebenfalls auf Ionenfallen-Technologie setzt. Mit starken Finanzierungsrunden und staatlicher Unterstützung durch das NSSIF sowie die Teilnahme am DARPA Quantum Benchmarking Initiative Programm verbessert die Firma ihre Position im wettbewerbsintensiven Markt.
Weitere spannende Akteure sind PsiQuantum aus den USA, die eine photonenbasierte Technologie verfolgen. Sie haben mit dem Omega-Chipsatz den Grundstein für einen massiven Quantencomputer mit der Zielgröße von einer Million Qubits gelegt. Unterstützt durch hohe Investitionen von BlackRock und anderen institutionellen Geldgebern haben sie bedeutende Fortschritte bei der Photonik-Integration erzielt. Das spanische Startup Qilimanjaro verfolgt mit speziell entwickelten analogen Quantum-App-spezifischen integrierten Schaltkreisen (QASICs) einen ganzheitlichen Software-Hardware-Ansatz. Das katalanische Unternehmen konnte sich bereits öffentliche Fördermittel sichern, was die Relevanz von regionalen Innovationsprogrammen bei der Quantenentwicklung unterstreicht.
In Kanada arbeitet Xanadu an photonenbasierten Systemen. Mit der Einführung von Aurora im Jahr 2025 und einer Gesamtfinanzierung von über 275 Millionen US-Dollar zählt Xanadu zu den prominentesten Playern bei der Umsetzung von Quantencomputern mit Photonik. Die Firma Rigetti Computing aus den USA konzentriert sich auf supraleitende Quantencomputer. Das Unternehmen plant mit dem 336-Qubit-System Lyra einen großen Sprung. Mit strategischen Partnerschaften, unter anderem mit Quanta Computer, will Rigetti seine Produktionskapazitäten und Marktreichweite ausbauen.
Vielversprechend ist auch das US-Startup SEEQC, das sich auf Energieeffizienz und Skalierbarkeit bei Quantenhardware spezialisiert hat. Die Zusammenarbeit mit Nvidia zur Vernetzung von Quantenprozessoren mit klassischen Grafikprozessoren zeigt innovative Schnittstellen, die für zukünftige Hybridsysteme entscheidend sein könnten. In China positioniert sich SpinQ mit tragbaren Quantensystemen, die auf Kernspintomographie basieren. Diese Nische kann besonders für Ausbildung und Forschung interessant sein und den Zugang zu Quantencomputing erleichtern. Insgesamt zeichnet sich ab, dass der Wettlauf um die Quantenchips durch eine bemerkenswerte Vielfalt an Technologien und Herangehensweisen geprägt ist.
Von supraleitenden Qubits über neutralen Atomen bis hin zu photonischen und topologischen Qubits treten Unternehmen aus aller Welt an, um einen entscheidenden technologischen Durchbruch zu erzielen. Dabei ist klar, dass nicht nur die Anzahl der Qubits zählt, sondern vor allem Qualitätsmerkmale wie Fehlerraten, Stabilität und die Fähigkeit zu Skalierung den zukünftigen Markt bestimmen werden. Praktische Anwendungen in Wissenschaft, Industrie und Wirtschaft liegen noch einige Jahre entfernt, doch die rasanten Fortschritte und umfangreichen Investitionen untermauern die Zuversicht, dass Quantencomputing bald eine bedeutsame Rolle in der Technologie-Landschaft einnehmen wird.