Bluetooth Audio ist aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Die drahtlose Freiheit, Musik und Podcasts ohne Kabel zu genießen, ist ein wichtiger Komfortfaktor. Doch trotz der hohen Verbreitung wird die Klangqualität von Bluetooth-Audioverbindungen oftmals kritisch betrachtet. Gerade der Standardcodec SBC, der in fast allen Bluetooth-Stereo-Geräten als Pflicht implementiert ist, stellt wegen seiner relativ geringen Bitrate und einfachen Psychoakustik viele Nutzer vor Herausforderungen. Eine Entwicklung aus dem Jahr 2019 hat jedoch neue Türen geöffnet: Mit der sogenannten SBC XQ Modifikation können deutlich höhere Bitraten erzielt werden, die klanglich mit bekannten proprietären Codecs wie aptX HD vergleichbar sind.
Damit lässt sich die Audioqualität kabelloser Übertragungen auf ein neues Niveau heben und das ohne zusätzliche Hardwareinvestitionen. Die GrundlagenDiese Verbesserung basiert auf einer gezielten Anpassung des SBC-Codecs, der ursprünglich als Low-Complexity Subband Codec (SBC) im Bluetooth Advanced Audio Distribution Profile (A2DP) verankert ist. SBC wurde konzipiert, um eine Basis-Kompatibilität zwischen allen Bluetooth-Audiogeräten zu garantieren. Dabei wurde die Bitrate standardmäßig auf etwa 328 kbit/s für eine 44,1 kHz Sample-Rate mit 16 Bit pro Sample empfohlen, was für akzeptable Klangqualität sorgt. Viel Raum für Verbesserungen ergab sich aus der Erkenntnis, dass viele moderne Bluetooth-Kopfhörer, Lautsprecher und Empfänger bereits höhere Bitraten - bis zu 730 kbit/s - ohne Probleme unterstützen.
Das Problem lag also an den bestehenden Begrenzungen im Bluetooth-Stack der sendenden Geräte wie Smartphones oder Computer. Die SBC XQ Modifikation, entwickelt von engagierten Entwicklern wie ValdikSS für Android und Pali Rohár für Linux, öffnet diese Schranken durch Patchen der Software. Dabei werden Bitraten von bis zu rund 550 kbit/s für 44,1 kHz / 16 Bit ermöglicht. Die Wahl dieser Bitraten gilt als ausgewogener Kompromiss aus Klangqualität, Stabilität der Verbindung und Kompatibilität mit den aktuellen Bluetooth-Hardwaregeräten. Technische Details und KlangvergleichDie SBC XQ Variante beinhaltet Einstellungen, die beispielsweise bei BT Enhanced Data Rate (EDR) Level 2 und 3 Bitraten von 452 kbit/s und 551 kbit/s bei 44,1 kHz ermöglichen.
Entscheidend dabei ist der „bitpool“-Wert innerhalb des SBC-Encoders, der auf 38 (EDR2) und 47 (EDR3) angehoben wird, während wesentliche weitere Parameter wie Anzahl der Subbänder, Blocklänge und Zuordnungsmethode erhalten bleiben. Um die Qualität objektiv zu beurteilen, wurden signalbasierte Df-Messungen (Distorsion-Faktormessungen) durchgeführt, die offenbar nahe an die auditiven Wahrnehmungen heranreichen. Mit Testmaterial wie dem Pink Floyd Album „The Dark Side of The Moon“ wurden verschiedene Codec-Varianten verglichen. Die Ergebnisse zeigen, dass SBC XQ in diesen Messungen sogar aptX HD übertreffen kann. Zudem haben Hörtests gezeigt, dass sich SBC XQ und aptX HD klanglich kaum unterscheiden lassen, was darauf hindeutet, dass das höhere Bitratenpotential des SBC XQ höchste Qualität ohne proprietäre Codec-Lizenzen ermöglicht.
Warum ist das wichtig?Die traditionellen Bluetooth-Codecs wie aptX, aptX HD, Sony’s LDAC oder Huawei’s LHDC sind meist an Softwarelizenzen gebunden und haben eine begrenzte Geräteunterstützung. Für Konsumenten bedeutet das, dass sie entweder kompatible Geräte kaufen müssen, oder mit der Standard-SBC-Lösung auskommen. Mit SBC XQ können alle Geräte, die SBC unterstützen und höhere Bitraten verarbeiten, deutlich von verbesserter Klangqualität profitieren. Gerade Anwender, die kein aptX-fähiges Smartphone oder keine kompatiblen Kopfhörer besitzen, können in Kombination mit geeigneter Software auf Senderseite eine deutliche Klangsteigerung erreichen. Die Implementierung und VerbreitungDie Anwendung der SBC XQ Patches ist aktuell vor allem in alternativen Android-ROMs wie LineageOS, Resurrection Remix oder crDroid möglich, sowie in PulseAudio-Patches unter Linux-Systemen.
Diese Modifikationen ermöglichen die freigeschaltete Verwendung von höheren Bitraten ohne Änderungen an der Hardware. Die Kompatibilität ist dabei hoch, denn nahezu alle modernen Bluetooth-Stereoempfänger unterstützen die höheren SBC-Bitraten, auch wenn die Standardschnittstelle diese nicht offiziell bewirbt. Für Nutzer von Windows, macOS oder iOS gibt es bisher keine offizielle Unterstützung, doch die Entwicklercommunity hat entsprechende Feature-Requests gestartet, damit Hersteller und Betriebssystementwickler die Möglichkeiten von SBC XQ zukünftig implementieren. Herausforderungen und KompatibilitätsaspekteEine der größten Herausforderungen bei der Einführung von SBC XQ ist die uneinheitliche Unterstützung von Dual Channel Modi und hohen bitpool-Werten durch verschiedene Bluetooth-Geräte. Einige Geräte geben zwar hohe maximale Bitpool-Werte an, können diese aber nicht stabil oder korrekt umsetzen, was zu Soundstörungen, Verzerrungen oder Aussetzern führen kann.
Aus diesem Grund wurde in den Patches auf eine sichere Bitpool-Verhandlung wertgelegt, die maximal bis zum vom Empfänger unterstützten Wert geht. Auch die Modi Stereo, Joint Stereo und Dual Channel haben unterschiedliche Verhaltensweisen was Bitratenverteilung auf die Audiokanäle betrifft. Dual Channel ermöglicht theoretisch für jeden Kanal eine eigene maximale Bitrate, was aber nur von wenigen Geräten gut umgesetzt wird. Ein vorsichtiges und auf Kompatibilität ausgerichtetes Vorgehen ist daher sinnvoll. Zukunftspotenzial und offene FragenDie Öffnung des SBC-Codecs für höhere Bitraten durch SBC XQ bietet ein vielversprechendes Potenzial, Bluetooth-Audioqualität frei von proprietären Beschränkungen zu verbessern.
Hersteller von Kopfhörern, Lautsprechern und Empfängern könnten dieses Feature nutzbarer machen, indem sie die Dekodierung von hohen Bitraten im SBC-Standard erleichtern. Zukunftige Firmware-Updates und neue Standards könnten auch vom Bluetooth SIG offiziell Freiheiten bei Bitratenverhandlung erlauben, sodass SBC XQ oder ähnliche Optimierungen zum Standard werden. Auch ist denkbar, dass Softwarehersteller wie Google oder Apple die Unterstützung in ihren Bluetooth-Stacks integrieren, was eine breite Verfügbarkeit ohne Nutzer-Intervention ermöglicht. FazitWer die Audioqualität seiner Bluetooth-Verbindungen verbessern möchte, sollte einen Blick auf die Möglichkeiten der SBC XQ Modifikation werfen. Mit vergleichbarem Aufwand wie für aptX HD oder LDAC lässt sich der Standardcodec SBC optimieren und Audioübertragungen verbessern, ohne dass eine Neukauf von spezieller Hardware erforderlich ist.
Die Entwicklung zeigt, dass Software-Hacks und offene Patches auch heute noch ein großes Potential haben, technische Grenzen neu zu definieren und Nutzererfahrungen signifikant aufzuwerten. Die breite Akzeptanz und Integration in weit verbreitete Betriebssysteme wird künftig entscheiden, wie sehr sich diese Innovation durchsetzen wird, doch die Grundlagen für eine höhere Bluetooth Audioqualität sind mit SBC XQ gelegt – ein wichtiges Signal für alle, die sich erstklassigen Drahtlosklang wünschen.