Die Luftfahrtindustrie steht vor einem bedeutenden Fortschritt in der Fertigung von Flugzeugtüren. Traditionell zählen die Türen von Passagierflugzeugen zu den komplexesten Bauteilen, die aufgrund zahlreicher manueller Arbeitsschritte und aufwändiger Materialverarbeitung lange Produktionszeiten erfordern. Ein neues Konzept, das auf thermoplastischen Kohlefaserverbundstoffen (CFRP) basiert und vollautomatisierte Montagesysteme integriert, verspricht, die Herstellungsdauer dramatisch zu verkürzen – von bisherigen etwa 110 Stunden auf nur noch vier. Dieses innovative Vorgehen verändert nicht nur die Arbeitsweise in den Werkstätten, sondern ebnet auch den Weg für skalierbare, hocheffiziente Produktionsprozesse, die dem steigenden Bedarf der Luftfahrtindustrie gerecht werden. Ursprünglich werden Flugzeugtüren aus einer Kombination von Aluminium, Titan und duroplastischen Materialien gefertigt.
Diese konventionellen Werkstoffe erfordern eine aufwändige Montage mit Schrauben, Nieten und zahlreichen Zwischenschritten, um Korrosionsschäden zu vermeiden und Materialien vor direkten Kontaktstellen zu schützen. Der Fertigungsprozess ist somit zeitintensiv und mit hohem manuellem Aufwand verbunden. Durch die Einführung thermoplastischer CFRP-Materialien eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten: Der Werkstoff kann automatisch geschweißt werden, was bislang notwendige Arbeitsschritte überflüssig macht. Anstelle mechanischer Verbindungselemente verbinden sich die Bauteile durch moderne Schweißverfahren, die schnelle und stabile Verbindungen ermöglichen. Ein maßgebliches Projekt, das diese Technologie vorantreibt, ist das TAVieDA-Konsortium, in dem führende Forschungseinrichtungen wie das Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU, das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit LBF, Industriepartner wie Trelleborg und Airbus Helicopters eng zusammenarbeiten.
Gemeinsam haben sie ein neues Produktionskonzept entwickelt und in einer automatisierten Fertigungslinie umgesetzt, die speziell auf unterschiedliche Varianten von Flugzeugtüren zugeschnitten ist. Ein zentrales Element dieses Ansatzes ist die Modularisierung der Türkomponenten. Durch systematische Analyse wurde herausgefunden, dass sich bestimmte Bauteile wie beispielsweise der Querbalken standardisieren lassen und für alle Türmodelle gleichermaßen verwendet werden können. Diese Standardisierung führt zu einer drastischen Vereinfachung der Montageprozesse und ermöglicht die Einrichtung vollautomatischer Produktionslinien. Die neuartigen Montagesysteme sind mit speziellen Spannvorrichtungen und Klemmelementen ausgestattet, die für Widerstands- und Ultraschallschweißverfahren ausgelegt sind.
Diese automatisierten Vorrichtungen übernehmen die exakte Positionierung und feste Verbindung der thermoplastischen CFRP-Teile, wodurch eine hohe Prozesssicherheit erzielt wird. Die Integration von Sensorik ermöglicht eine kontinuierliche Qualitätsüberwachung und eine Echtzeitregelung der Schweißparameter. So wird sichergestellt, dass jede Tür den höchsten Sicherheitsstandards entspricht. Der klassische manuelle Zusammenbau beschränkt sich nach Umstellung auf wenige, komplexe Arbeitsschritte wie die Installation von Schließmechanismen. Eine der größten Herausforderungen beim Umstieg auf automatisierte Prozesse ist die wirtschaftliche und technische Machbarkeit.
Aus diesem Grund wurde im TAVieDA-Projekt ein kostendynamisches Simulationsmodell entwickelt, das Produktkomplexität, Automatisierungspotenziale, Flexibilität und Systemverfügbarkeit umfassend bewertet. Die Simulation berücksichtigt nicht nur die technischen Leistungswerte, sondern auch wirtschaftliche Parameter wie Investitionskosten, Energieverbrauch, Wartungsaufwand und Abschreibungen. Dieses integrative Vorgehen ermöglicht eine fundierte Entscheidung über den Einsatz der neuen Technologie und zeigt die langfristigen Kostenvorteile deutlich auf. Die Planung der Produktionslinie konnte zudem um ein Viertel der Zeit verkürzt werden, da aufwändige Anpassungsschleifen durch realitätsnahe Simulationen entfallen. Die enormen Zeiteinsparungen bei der Fertigung der Flugzeugtüren wirken sich branchenweit aus.
Während früher für die Herstellung einer Türstruktur rund vier bis fünf Tage benötigt wurden, schafft die neue automatisierte Produktion diese Aufgabe innerhalb von wenigen Stunden. Dies macht es möglich, größere Stückzahlen in deutlich kürzerer Zeit zu produzieren und auf Marktänderungen oder Nachfragen flexibler zu reagieren. Die Produktionskapazität der neuen Linie liegt bei etwa 4.000 Türen pro Jahr. Sollte die Nachfrage steigen, können durch Modularisierung und Automatisierung weitere Fertigungslinien unkompliziert integriert werden.
Diese Skalierbarkeit ist ein entscheidender Schritt, um den Herausforderungen wachsender globaler Flugzeugflotten gerecht zu werden. Neben den Produktionsprozessen gewinnt auch die Entwicklung der Türdichtungen an Bedeutung. In Zusammenarbeit mit Trelleborg wurden neue Dichtungsgeometrien entworfen, die mittels Finite-Elemente-Simulationen optimiert wurden. Diese methodische Herangehensweise verbessert nicht nur die Dichtungsfunktion, sondern ermöglicht zusätzlich die Integration von Sensoren zur Überwachung der Türabdichtung im Einsatz. Sensorintegrierte Dichtungssysteme tragen zur Erhöhung der Flugsicherheit bei und ergänzen die fortschrittliche Werkstoff- und Fertigungstechnologie.
Die Automatisierung der Flugzeugtürproduktion reduziert vor allem die Abhängigkeit von qualifiziertem manuellem Personal, das aufgrund des hohen Fachkräftebedarfs inzwischen knapp ist. Außerdem sinken die Fehlerquoten durch den Einsatz präziser Robotertechnologie und standardisierter Bauteile. Die Wiederholgenauigkeit und Prozessstabilität tragen zu einer konstant hohen Produktqualität bei. Darüber hinaus werden ergonomische Arbeitsbedingungen verbessert, da monotone oder körperlich belastende Arbeitsschritte weitgehend entfallen. Ein weiterer Vorteil der neuen Fertigungsmethode besteht in der ökologischen Nachhaltigkeit.
Der Einsatz von thermoplastischen Verbundwerkstoffen ermöglicht eine bessere Recyclingfähigkeit der Bauteile im Vergleich zu traditionellen duroplastischen Materialien. Die effizienteren Produktionsprozesse sparen Energie und reduzieren den Ressourcenverbrauch signifikant. Dies entspricht nicht nur wirtschaftlichen Zielen, sondern unterstützt auch den wachsenden Umweltanspruch in der Luftfahrtindustrie. Die Kombination aus neuen Materialtechnologien, automatisierter Montage und integrierter Simulation markiert einen Paradigmenwechsel in der Flugzeugtürproduktion. Verfahren, die lange Zeit von handwerklichem Können und manueller Arbeit geprägt waren, wandeln sich zu hochmodernen, industriellen Fertigungsprozessen, die Wirtschaftlichkeit, Flexibilität und Qualität auf ein neues Niveau heben.