Unternehmertum wird oft als eine Reise des Erfolgs und des Wachstums dargestellt, begleitet von phänomenalen Finanzierungsrunden und aufsehenerregenden Exit-Strategien. Doch hinter diesen Erfolgen verbergen sich nicht selten Geschichten von Schmerz, Verlust und persönlicher Zerbrechlichkeit. Die Geschichte von Julien Doussot zeigt, dass hinter großen Innovationen oft eine Zeit der Dunkelheit und des Umbruchs steht. Erleben Sie einen Weg, der von tiefgreifender Trauer zu einem Neuanfang voller Kreativität und technologischer Neuerungen führte. Im Jahr 2019 begann Julien zusammen mit zwei Freunden das Abenteuer Telecom Luxembourg International.
Mit der Vision, den B2B-Konnektivitätsmarkt zu revolutionieren, starteten sie in Luxemburg, einem kleinen, aber strategisch bedeutenden Finanzzentrum Europas. Jeder im Team brachte seine Stärken ein: Julien übernahm den Bereich Verkauf und Strategie, während Jérôme sich um Finanzen und Geschäftsabläufe kümmerte, Jean-Paul leitete die technische Entwicklung. Die anfängliche Dynamik war vielversprechend und die ersten Erfolge stellten sich schnell ein. Doch die globale Pandemie 2020 änderte alles auf dramatische Weise. Als international tätiges Telekommunikationsunternehmen war die Firma stark abhängig von globalen Geschäftsreisen und internationalen Verbindungen.
Diese Voraussetzungen brachen plötzlich weg, Aufträge wurden verschoben oder storniert und der Wachstumskurs stoppte abrupt. Als ob die wirtschaftlichen Herausforderungen nicht genug gewesen wären, traf Julien völlig unerwartet ein Schicksalsschlag: Im November 2020 verstarb sein engster Mitgründer Jérôme an den Folgen von COVID-19. Der Verlust eines Partners ist nicht nur geschäftlich ein harter Schlag, sondern auch persönlich ein tiefgreifender Schmerz. Jérôme war nicht nur ein Zahlen- und Organisationsgenie, sondern auch das emotionale Rückgrat des Unternehmens. Ohne ihn war nicht nur die Bilanz erschüttert, sondern auch das Vertrauen in eine gemeinsame Zukunft.
Trotz der Verzweiflung gab es keinen Raum für Aufgeben. Julien blieb nicht nur für die Familie und die Belegschaft verantwortlich, sondern fühlte sich dem ursprünglichen Traum verpflichtet, auch wenn der Weg zur Erholung steinig war. Dann folgte im Februar 2022 ein weiterer Tiefschlag, der das Leben nochmals auf den Kopf stellte. Der Krieg in der Ukraine brach aus – und für Julien war das keine abstrakte Nachrichtenmeldung. Seine Frau stammt aus der Ukraine, Verwandte und Freunde befanden sich mitten im Konflikt.
Getrieben von Empathie und dem Willen zu helfen, reiste er selbst in die Krisenregion und unterstützte die Evakuierung von Flüchtlingen über die Grenze. Zurück in Luxemburg gründete er die NGO SLAVA UKRAYINI LUXEMBOURG, um Geflüchtete mit Unterkunft, rechtlicher Unterstützung und emotionaler Begleitung zu versorgen. Seine Einsatzbereitschaft wurde mit dem Europäischen Bürgerpreis gewürdigt, doch für ihn stand immer die menschliche Hilfe im Vordergrund. Während sich sein Engagement in der Flüchtlingshilfe intensivierte, blieb das Telekommunikationsunternehmen weiterhin in schwierigen Fahrwassern. Kurz darauf erhielt Jean-Paul die Diagnose Krebs in einem späten Stadium, und auch er verstarb innerhalb weniger Monate.
Nun stand Julien allein vor den Trümmern seines ursprünglichen Geschäfts, geprägt von schweren Verlusten und einer persönlichen Erschöpfung, die einen alle Kraft raubte. Die Entscheidung, das Unternehmen zu verkaufen, war für ihn keine wirtschaftliche Frage mehr, sondern eine Frage des Überlebens und der mentalen Gesundheit. Dies markierte einen Wendepunkt, der den Weg für etwas Neues ebnete. Er erwarb ein Beratungsunternehmen, das Fachkräfte an Finanzinstitute vermittelte. Das Geschäft schien einfacher und besser zu bewältigen als die vorherigen, dennoch brachte es neue Herausforderungen mit sich.
Aus der Routine des Personalmanagements ergab sich ein unerwarteter Impuls zur Innovation. Die manuelle Bearbeitung von Bewerbungen, zahlreiche Interviews und Koordinationsaufgaben waren nicht nur zeitraubend, sondern fehleranfällig. Eines Tages bat sein langjähriger Freund Philippe Julien, diesen Prozess zu automatisieren. Diese simple Anregung setzte eine Entwicklung in Gang, die zur Entstehung der AI-gesteuerten Assistenz Sandra führte. Sandra übernahm das Screening von Lebensläufen, identifizierte passende Kandidaten und kümmerte sich um die Kommunikation – und das alles effizienter und menschlicher zugleich.
Doch damit nicht genug. Die Frage nach der kontinuierlichen Social-Media-Präsenz, die viele Unternehmen vor große Herausforderungen stellt, führte zur Entwicklung von Linkeme – einer Plattform, die automatisch Inhalte generiert, illustriert und terminiert. Was als interne Lösung begann, wurde schnell zu einem gefragten Produkt mit großem Marktpotential. Philippe verließ seine Spitzenposition bei AWS, um Julien bei der Gründung von Easylab AI zu unterstützen. Das Unternehmen konzentriert sich auf KI-basierte Lösungen, darunter das weiterentwickelte SandraHR und die kommerzielle Ausweitung von Linkeme.
Sie setzen auf eine zukunftsweisende Methode namens Prompt-Driven Development, die schnelle Innovationen ermöglicht und den technologischen Wandel aktiv gestaltet. Die Reise von Julien zeigt eindrucksvoll, wie aus der Asche persönlicher und beruflicher Katastrophen heraus visionäre Projekte entstehen können. Verlust und Angst wurden zu Motoren der Erneuerung, Leid zu Quelle neuer Energie. Die Erfahrung hat ihn gelehrt, wie wichtig es ist, Resilienz nicht bloß als Durchhaltevermögen zu verstehen, sondern als die Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden, wenn das Fundament unter den Füßen wegbricht. Die globalen Ereignisse, die ihn persönlich betrafen, und die alltäglichen Probleme rund um HR und Content-Management führten letztendlich zu den innovativen Lösungen von Easylab AI.
Diese zeigen, dass Herausforderungen in unterschiedlichen Lebensbereichen oft verbunden sind und als Inspirationsquelle für nachhaltigen Fortschritt dienen können. Für Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich in schwierigen Phasen befinden, senden Julien’ Erfahrungen eine klare Botschaft: Das Ende eines Projekts oder einer Lebensphase kann zugleich der Anfang von etwas ganz Neuem sein. Die Fähigkeit, mit innerer Stärke zu reagieren, Prozesse zu hinterfragen und unkonventionelle Wege zu gehen, ist essenziell. Manchmal entsteht aus der Verzweiflung eine Kreativität, die anderen verborgen bleibt. Heute arbeitet Julien mit seinem Team an der Weiterentwicklung intelligenter, automatisierter Systeme, die kleinen und mittleren Unternehmen helfen sollen, ihre Herausforderungen zu meistern.