Die Welt der digitalen Vermögenswerte und Kryptowährungen befindet sich an einem Wendepunkt. Während in den vergangenen Jahren vielfach Unsicherheiten hinsichtlich der rechtlichen Rahmenbedingungen herrschten, zeichnet sich nun eine mögliche Wende ab, die sowohl für Anleger als auch für Handelsplattformen grundlegend sein könnte. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von Bernstein hebt hervor, dass Plattformen wie Robinhood und Coinbase erheblich von einer neuen Regulierungslandschaft profitieren könnten, die auf eine klare und integrierte digitale Asset-Regulierung abzielt. Die aktuelle Situation bei Robinhood und Coinbase ist geprägt von unterschiedlichen Herausforderungen, aber auch von Chancen, die sich aus der erwarteten Gesetzgebung ergeben. Robinhood agiert derzeit als Broker-Dealer mit einer eher eingeschränkten Crypto-Auswahl, die hauptsächlich große Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum und Solana umfasst.
Coinbase ist die größte Krypto-Börse in den USA mit einem Anteil von etwa 66 Prozent am Markt und bietet ein breiteres Spektrum an digitalen Assets an, muss jedoch eine komplexe Systematik von Lizenzen auf Bundesstaatenebene erfüllen. Die neue regulatorische Initiative, beeinflusst durch Gesetzesvorschläge wie FIT21 und den Responsible Financial Innovation Act, zielt darauf ab, einen einheitlichen Rahmen für den Handel mit digitalen Vermögenswerten zu schaffen. Dies könnte dazu führen, dass sowohl regulierte Wertpapiere als auch nicht-regulierte Krypto-Assets unter einer gemeinsamen Struktur gehandhabt werden. Dabei wäre eine Aufsicht durch etablierte Behörden wie die SEC und die CFTC vorgesehen, die bislang verschiedene Zuständigkeiten hatten. Für Robinhood würde diese Regulierung vor allem bedeuten, dass das Unternehmen seine Produktpalette enorm ausweiten könnte.
Die Begrenzung auf einige wenige, als Rohstoffe eingestufte Kryptowährungen würde nicht mehr notwendig sein. Stattdessen könnten tokenisierte Aktien, also digitale Darstellungen von Anteilen an börsennotierten oder privaten Unternehmen, handelbar werden. Zudem bestünden Potenziale, neue Marktplätze einzuführen, etwa für Prognosemärkte, die bisher nur bedingt etabliert sind und die durch die Integration von Plattformen wie Kalshi, die Robinhood bereits nutzt, an Bedeutung gewinnen könnten. Für Coinbase eröffnet sich durch die neue Regulierungsstruktur die Möglichkeit, den komplizierten Zustand von bundesstaatlichen Lizenzen zu verlassen und als sogenannte Alternative Trading Platform (ATP) lizenziert zu werden. Dieses Modell würde die operative Effizienz steigern, da die Plattform nicht mehr unterschiedliche Anforderungen einzelner Bundesstaaten erfüllen müsste.
Die daraus resultierende größere Handlungsfreiheit könnte Coinbase erlaubt sein, das derzeit konservative Angebot von etwa 250 Token deutlich auszuweiten. Auch der Handel mit komplexeren Produkten wie tokenisierten Terminkontrakten könnte dadurch gefördert werden. Solche Derivate sind besonders auf internationalen Märkten bereits stark nachgefragt, wo das Handelsvolumen bei Futures oft größer ist als bei Spot-Trades. Ein weiterer Aspekt ist die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber internationalen Börsen wie Binance, die bisher in den meisten Bereichen deutlich mehr Freiheiten genießen. Über 90 Prozent des weltweiten Krypto-Handelsvolumens erfolgt im Ausland, was amerikanische Börsen derzeit vor Herausforderungen stellt.
Die regulatorischen Klarstellungen und Vereinheitlichungen könnten es Coinbase ermöglichen, diese Lücke zu schließen und mit aggressiveren Strategien Marktanteile zurückzugewinnen. Diese Entwicklungen zeigen, dass der Digital-Asset-Sektor in den USA einen entscheidenden Schritt hin zu mehr Transparenz, Sicherheit und Innovation machen könnte. Unternehmen, die frühzeitig auf die neue Rahmengebung setzen, erhalten dadurch einen Wettbewerbsvorteil und können ihre Marktstellung stärken. Gleichzeitig wird es auch für Investoren einfacher, verschiedene digitale Assets auf einer einzigen Plattform zu handeln, was den Zugang zu neuen Investmentmöglichkeiten erleichtert und die Marktliquidität erhöht. Die Auswirkungen der neuen Regulierung gehen jedoch über Robinhood und Coinbase hinaus.
Auch andere Handelsplattformen, Finanzdienstleister und Technologieunternehmen könnten profitieren. Die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens reduziert die Komplexität und die Kosten für die Compliance, was wiederum den Eintritt neuer Anbieter erleichtert und den Wettbewerb beflügelt. Nicht zuletzt kann dies auch positive Signale an institutionelle Investoren senden, die bisher zögerlich agierten, weil unklare regulatorische Umfelder Risiken bergen. Darüber hinaus könnten Investoren in private Unternehmen zukünftig durch den Handel von tokenisierten Aktien indirekt an früheren Finanzierungsrunden und Wertentwicklung Partizipieren. Dies könnte eine Demokratisierung der Kapitalmärkte bewirken und neue Anlageklassen schaffen, die zuvor schwer zugänglich waren.
Trotz der offensichtlichen Chancen steht der Prozess der Gesetzgebung und der Ausgestaltung der Regulierung aber auch vor Herausforderungen. Der Balanceakt zwischen dem Schutz der Investoren und der Förderung von Innovation ist komplex. Zu strenge Regeln könnten den Markt lähmen, während zu lockere Vorschriften Risiken für Verbraucher und die finanzielle Stabilität bergen. Auch die technische Umsetzung und die Anpassung der bestehenden Systeme in Handelsplattformen muss sorgfältig geplant werden, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Insgesamt zeichnen die Signale von Bernstein ein sehr positives Bild für die US-amerikanische Krypto-Branche.