Viele Musikliebhaber schätzen es, ihre Musiksammlung durch den Kauf und das Rippen von CDs zu erweitern. Dabei erwartet man, dass die gerippten Dateien richtig benannt sind und alle Titel vollständig vorhanden sind. Doch nicht selten kommt es vor, dass nach dem Rippen einer CD die Tracknamen durcheinander sind oder sogar ein Titel ganz fehlt. Diese Probleme können frustrierend sein, speziell wenn man die Musik in einer Mediathek verwaltet oder über ein Streaming-Backend wie Navidrome mit korrekten Metadaten versehen möchte. Warum passiert das? Um diese Fragen zu verstehen, hilft ein Blick hinter die Kulissen des CD-Rippings und der Metadatenverwaltung.
Als Beispiel betrachten wir den Fall des Albums "Echo Afternoon" von Finish Ticket, bei dem genau solche Probleme auftraten. Auf CDs ist im Prinzip nur eine begrenzte Menge an Informationen direkt enthalten. Neben den Audiodaten selbst existiert vor allem eine Art Inhaltsverzeichnis, die sogenannte Table of Contents (TOC). Dieses Verzeichnis gibt Auskunft über die Anzahl der Tracks und deren genaue Startpunkte auf der CD. Weitere Metadaten wie Künstler- oder Albumnamen sind zwar auch enthalten, aber die Speicherkapazität für Tracknamen oder tiefere Informationen ist stark limitiert.
Daher werden bei der Konvertierung der CD in digitale Dateien sogenannte Open-Source-Metadatenbanken wie MusicBrainz herangezogen. MusicBrainz kann man sich vorstellen wie Wikipedia für Musik. Sie umfasst umfangreiche Daten zu Alben, Künstlern und Titeln, die von einer aktiven Community gepflegt werden. Professionelle Ripping-Programme nutzen die TOC, um den Datensatz eines Albums in MusicBrainz abzurufen und daraus die passenden Metadaten herunterzuladen und in die ausgespielten Audiodateien einzubetten. Das funktioniert in den meisten Fällen sehr zuverlässig.
Das Problem entsteht jedoch, wenn die in MusicBrainz gespeicherten Daten fehlerhaft sind. Im Fall von "Echo Afternoon" gab es zwei bemerkenswerte Fehler. Zunächst wurde der Trackname "Raincloud" falsch als "Rainclous" geschrieben – ein simpler Tippfehler, der beim Rippen einfach mit übernommen wurde. Zudem offenbarte sich ein viel komplexeres Problem: Zwei eigentlich getrennte Tracks wurden auf der CD verschmolzen. Diese Verschmelzung zeigt sich darin, dass der Track "Nothing Coming Soon" in der gerippten Version nicht die erwartete Länge von 41 Sekunden hat, sondern 4 Minuten und 26 Sekunden misst.
Ein genaues Hinhören und Analysieren ergab, dass der nachfolgende Titel "Don't Need a Reason" mit in diese einen langen Track einfloss. Die TOC auf der CD ordnete diesen Bereich aber offenbar als einen einzelnen Track. Auf der Rückseite des CD-Covers sind aber beide Songs als separate Titel verzeichnet, weshalb das Ergebnis irritierend wirkt. Im Metadatensatz von MusicBrainz tauchen daher nur elf Tracks auf, obwohl physisch zwölf zu erwarten wären. Der letzte Titel "The Weight" fehlte dadurch komplett.
Solche Verschmelzungen von Tracks sind keine Seltenheit. Musiklabels tun dies teilweise bewusst, etwa um einen nahtlosen Übergang zwischen zwei Songs zu erzielen. Allerdings muss dies auch entsprechend in der Metadatenbeschreibung abgebildet werden, um digitale Rips korrekt wiederzugeben. Der MusicBrainz-Style Guide hält dafür spezielle Regeln bereit, die es erlauben, mehrere Titel in einem Eintrag zu kombinieren, indem der Titel etwa mit einem Slash getrennt wird – wie "Nothing Coming Soon / Don't Need a Reason". Der Ursprung des Problems bei Echo Afternoon war also eine fehlerhafte Dateneingabe in der MusicBrainz-Datenbank.
Weil diese öffentlich bearbeitbar ist, kann jeder Nutzer Korrekturen vorschlagen, die nach einer Überprüfungsfrist von sieben Tagen freigeschaltet werden. In diesem Fall wurden die Tippfehler bereinigt und die Track-Übergänge korrigiert. Für die Dauer des Prüfzeitraums können die Nutzer die Metadaten manuell anpassen, um ihre Musikbibliothek korrekt zu beschriften und wiederherzustellen. Das Beispiel zeigt exemplarisch die Bedeutung von zuverlässigen Metadaten für Audio-Mediatheken und die Herausforderungen, die bei der Digitalisierung analoger Datenträger entstehen. CDs selbst enthalten auf der Audioebene nur grundsätzliche Informationen.
Die feingranularen Angaben werden erst über externe Datenbanken erschlossen, was natürlich auf deren Korrektheit angewiesen ist. Dabei hilft die TOC der CD als „Fingerabdruck“ zur eindeutigen Identifikation des Albums, da sie die exakte Länge und Anordnung der Tracks abbildet. Die Wahrscheinlichkeit, dass verschiedene Alben exakt dieselbe TOC haben, ist extrem gering. Allerdings sind auch hier Grenzen gesetzt. Zum Beispiel gibt es oft mehrere unterschiedliche Versionen eines Albums, die sich nur durch Marktregionen oder Verpackung unterscheiden, aber dieselbe Musik enthalten.
MusicBrainz kann dann mehrere passende Releases zurückgeben, deren Metadaten leicht voneinander abweichen. Der Benutzer muss hier manchmal auswählen, welches Release dem vorliegenden physikalischen CD-Exemplar entspricht. Neben falschen Tracknamen und verschmolzenen Titeln können bei CD-Rips auch weitere Probleme auftreten. Dazu zählen fehlende Coverbilder, fehlende oder falsche Albumnamen oder fehlerhafte Interpret-Angaben. Oft sind solche Fehler ebenfalls auf inkorrekte oder unvollständige Daten in den Metadatenbanken zurückzuführen.
Manchmal verletzen auch defekte CDs oder Fehler im Rip-Prozess selbst die korrekte Extraktion. Wer regelmäßig CDs rippt und seine digitale Musiksammlung übersichtlich und sauber verwalten möchte, sollte daher einen umfassenden Blick auf die verwendeten Metadaten werfen und bei Bedarf eigene Korrekturen vornehmen. Werkzeuge wie Mp3tag oder spezialisierten Ripper-Programme sind hilfreich, um Metadaten direkt in die Audiodateien einzubetten oder zu editieren. Zudem lohnt es sich, aktiv bei MusicBrainz mitzumachen und Fehler in der Datenbank zu beheben, um nicht nur die eigene, sondern auch die globale Musikcommunity zu unterstützen. Ein weiterer interessanter Aspekt ist der Ripping-Prozess selbst.
CDs werden im Inneren angefangen gelesen, also von innen nach außen. Die TOC listet die Sektoren mit ihren Startpunkten, wobei ein Sektor 1/75 Sekunde Musik repräsentiert. Diese präzise Zeitauflösung macht die TOC zu einem starken Schlüssel, um ein Album eindeutig zu identifizieren. Beim Rippen werden erst die Sektoren gelesen, dann die TOC als „Fingerprint“ an MusicBrainz gesendet, um den passenden Release zu ermitteln. Daraufhin lädt die Software die Metadaten und schreibt sie zusammen mit den Audiodateien auf die Festplatte.
Abschließend sei gesagt, dass Fehler wie falsche Tracknamen oder fehlende Titel meist auf problematische Daten in öffentlich zugänglichen Musikdatenbanken zurückzuführen sind und nicht auf technische Fehler beim Rippen selbst. Trotzdem bedarf es gewisser Aufmerksamkeit seitens des Anwenders, um sicherzustellen, dass seine digitale Musikbibliothek sauber und vollständig bleibt. Bei offenen Datenbanken wie MusicBrainz kann jeder aktiv mitwirken und so die Qualität der Metadaten verbessern, damit möglichst viele Musikfans weltweit davon profitieren.