Die Regulierungsbehörden stehen weltweit vor der Herausforderung, den rasant wachsenden Kryptowährungsmarkt unter Kontrolle zu bringen, ohne damit die Innovation zu ersticken. In den USA spielt die Securities and Exchange Commission (SEC) hierbei eine zentrale Rolle. Paul Atkins, der aktuelle Vorsitzende der SEC, hat sich jüngst deutlich zu Wort gemeldet und der früheren Führung unter Gary Gensler vorgeworfen, die Krypto-Branche durch übermäßige Regulierungsmaßnahmen ausgebremst zu haben. Er warnt vor einem Handlungsbedarf, der nicht länger ignoriert werden darf. Gleichzeitig stellt er klar, dass die SEC weiterhin entschlossen gegen Unternehmen vorgehen werde, die sich nicht an geltendes Recht halten, insbesondere bei ausländischen Akteuren, die den US-Markt betreten.
Die Kritik von Paul Atkins ging bei einem Roundtable der Crypto Task Force in Washington, DC, mit einer deutlichen Botschaft einher: Die vergangenen Jahre der SEC unter Gensler waren von einem zu harten Regulierungsansatz geprägt, der Innovationen im Krypto-Sektor erheblich behindert habe. Während der Veranstaltung wurde deutlich, dass viele Vertreter der Branche, Anwälte und Regulierungsbehörden selbst, zunehmend das Bedürfnis nach Anpassungen im gesetzlichen Rahmen sehen. Ein symbolträchtiger Wendepunkt für die amerikanische Krypto-Regulierung war das Beenden der langjährigen Klage gegen Ripple Labs durch die SEC, die zuvor als ein Schlachtfeld für die gesamte Kryptowährungsindustrie fungierte. Dieser Schritt signalisierte den Willen der Behörde unter Paul Atkins, einen anderen Weg einzuschlagen und pragmatischere Lösungen im Umgang mit digitalen Vermögenswerten zu finden. Auch wenn Atkins betont, dass die SEC ihre grundlegende Rolle als Regulierungsinstanz nicht aufgeben werde, zeigt er Bereitschaft, die gängigen Vorschriften auf den Prüfstand zu stellen und neu zu denken.
Das betrifft vor allem die Regeln zur Verwahrung von Krypto-Assets, die bislang mit zahlreichen Unsicherheiten verbunden sind und dadurch viele Unternehmen stark belasten. Der Roundtable widmete sich insbesondere der Herausforderung der Krypto-Sorgfaltspflichten, die im Englischen oft als Custody-Level-Problematik bezeichnet werden. Hierbei geht es um die sichere Aufbewahrung von Kryptowährungen und die Frage, wie Anleger vor Verlust oder Diebstahl ihrer digitalen Vermögenswerte geschützt werden können. Vertreter großer Digitalbanken wie Anchorage, Fidelity und Kraken hoben hervor, dass regulatorische Unklarheiten die Schaffung rechtssicherer Verwahrlösungen erschweren. Es bestehe eine Notwendigkeit für klare und funktionale Regeln, die der technischen Realitäten der Blockchain-Technologie gerecht werden.
Hester Peirce, eines der bekanntesten Mitglieder der SEC, kritisierte insbesondere die überholte Custody-Regelung (bekannt als Rule 206(4)-2), die unter der Ära Gensler vorangetrieben wurde und für viele Krypto-Unternehmen in der Praxis kaum umsetzbar sei. Peirce schlägt vor, den Regulierungsansatz so zu gestalten, dass Unterschiede zwischen verschiedenen Arten von Verwahrungslösungen anerkannt werden. Während qualifizierte Depotbanken für einige digitale Assets sinnvoll sein könnten, wären für andere Vermögenswerte selbstverwaltete Wallets die sicherere Option. Dies verdeutlicht den Spannungsbogen zwischen regulatorischem Schutzgedanken und der dezentralen Natur vieler Krypto-Anwendungen. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der bei der Veranstaltung betont wurde, ist die internationale Dimension der Regulierung.
Die SEC wird weiterhin rigoros gegen ausländische Unternehmen vorgehen, die den US-Gesetzen nicht Folge leisten. Diese Härte ist notwendig, um den US-Markt zu schützen, doch birgt sie die Gefahr diplomatischer Spannungen, besonders im Kontext der geopolitischen Dynamiken zwischen den USA, China und anderen globalen Playern. Die aktuelle Politik der US-Regierung reflektiert sich auch in der Regulierung von Kryptowährungen. Die starke politische Unterstützung für Bitcoin und andere digitale Vermögenswerte durch prominente Figuren sowie Initiativen wie die strategische Schaffung von Bitcoin-Reserven seitens der Regierung zeigen, dass Kryptowährungen nicht nur als Finanzprodukte, sondern auch als geopolitische Werkzeuge begriffen werden. Diese politische Komponente verleiht den regulatorischen Diskussionen zusätzliche Komplexität.
Neben dem Umgang mit Verwahrung und Einhaltung von Vorschriften geht es bei der Neuausrichtung der SEC unter Paul Atkins auch um die Förderung von Innovationen. Es wird zunehmend anerkannt, dass der bisherige Regulierungsansatz, der als restriktiv und innovationshemmend wahrgenommen wurde, überdacht werden muss, um die USA im globalen Krypto-Wettlauf wettbewerbsfähig zu halten. Die Blockchain-Technologie bietet vielfältige Chancen für die Finanzwelt, sodass eine Balance zwischen sorgfältigem Anlegerschutz und einer innovationsfreundlichen Umwelt gefunden werden muss. Die Blockchain-Branche selbst reagiert mit gemischten Gefühlen auf die Rede und den Kurswechsel von Atkins. Viele zeigen sich erleichtert, dass sich eine der wichtigsten Regulierungsbehörden in den USA für pragmatischere Lösungen öffnet und sich von der konfrontativen Haltung der Vergangenheit abwendet.
Zugleich bleibt die Unsicherheit bestehen, inwieweit konkrete Veränderungen umgesetzt werden und wie schnell diese erfolgen. Vor allem die Unsicherheit bezüglich der regulatorischen Anforderungen stellt ein erhebliches Wachstumshemmnis dar. Solange Unternehmen nicht genau wissen, welche Vorschriften gelten und wie sie diese rechtskonform erfüllen können, riskieren sie treue Kunden zu verlieren oder gar in juristische Konflikte zu geraten. Dies betrifft auch Anleger, die sich oft unsicher fühlen, ob ihre Investments durch die bestehenden Verwahrungssysteme wirklich geschützt sind. Der Ausblick für 2025 lässt hoffen, dass mit der Führung von Paul Atkins ein neues Kapitel in der US-amerikanischen Krypto-Regulierung beginnt.
Die Einladung zu offenen Gesprächen bei der Crypto Task Force und der Fokus auf Zusammenarbeit zwischen Regulatoren und Marktteilnehmern sind positive Signale. Dennoch wird die Umsetzung einer ausgewogenen und zukunftsorientierten Regulierungsstrategie eine anspruchsvolle Aufgabe bleiben. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Krypto-Branche in den USA an einem Wendepunkt steht. Die früheren restriktiven Maßnahmen der SEC unter Gary Gensler haben zwar für staatliche Kontrolle gesorgt, jedoch auf Kosten der Innovation und Marktteilnehmer. Paul Atkins möchte nun für einen dynamischeren und zugleich verantwortungsvollen Ansatz sorgen, der sowohl den Schutz der Investoren als auch das Wachstum der Branche fördert.
In einer Zeit, in der digitale Vermögenswerte zunehmend an Bedeutung gewinnen, könnte dies den entscheidenden Unterschied machen, ob die USA im Krypto-Sektor die Führung behalten oder den Anschluss verlieren.