Interviews mit Branchenführern

Die Anfänge der KI im Poker: Ein Blick zurück auf den 1984 WSOP Computer-Showdown

Interviews mit Branchenführern
The birth of AI poker? Letters from the 1984 WSOP

Eine faszinierende Reise in die frühen Tage der Künstlichen Intelligenz im Poker, basierend auf den historischen Briefen und Ereignissen rund um die erste Computer-Herausforderung beim World Series of Poker 1984.

Die Welt des Pokers hat sich im Laufe der Jahrzehnte dramatisch verändert, doch wenige wissen, dass die ersten Versuche, künstliche Intelligenz im Poker einzusetzen, bereits in den 1980er Jahren begonnen haben. Ein beeindruckendes Kapitel dieser Entwicklung war die Computer-Herausforderung beim World Series of Poker (WSOP) 1984 in Las Vegas, die von dem 'Mad Genius of Poker' Mike Caro initiiert wurde und eine frühe Schnittstelle zwischen Technologie, Spielstrategie und Medien darstellte. Dieser Rückblick gewährt Einblicke in die Technologien, den kulturellen Kontext und die spannenden Begegnungen zwischen Profi-Spielern und einem auf einem Apple II Plus laufenden Computerprogramm namens Orac – dem Poker-Bot, der seiner Zeit weit voraus war. Ein Meilenstein, der heute im Schatten moderner AI-Poker-Bots oft vergessen wird, aber entscheidend für die Evolution der Integration von künstlicher Intelligenz im Poker war. Im Herzen des Geschehens stand ein Computerprogramm, entwickelt von Mike Caro, das auf einem Apple II Plus lief und in der Programmiersprache Apple Pascal geschrieben wurde.

Die Idee, einen Computer auf einer solch eingeschränkten Hard- und Software-Plattform Poker spielen zu lassen, war damals revolutionär. Das Programm mit dem eigenwilligen Namen Orac – Caros eigener Name rückwärts – bot grafische Darstellungen von Spielkarten in zwei- und vierfarbigen Decks und konnte unter anderem die Legalität von Einsätzen prüfen sowie Spielstände und Chips akkurat verwalten. Die Herausforderung bestand nicht nur darin, den verspielt-intelligenten Computer zum Poker spielen zu bringen, sondern auch darin, ihn gegen menschliche Gegner antreten zu lassen, die mit Psychologie und jahrzehntelanger Erfahrung am Tisch agierten. Die technische Umsetzung des Projekts war ebenso innovativ wie komplex. Für die Lesbarkeit der Karten griff das System auf einen optischen Barcode-Scanner zurück, der die Karten kodierte, um dem Computer die exakten Informationen zu liefern, ohne dass ein Mensch eingreifen musste.

Dadurch wurde sichergestellt, dass das Poker-Programm absolut fair spielte und selbst keine Informationsvorteile erhielt. Ein professioneller Dealer diente zusätzlich dazu, ein authentisches Spielgefühl zu vermitteln, während Orac seine Entscheidungen analysierte und in Echtzeit reagierte – mit der für damalige Computer verblüffenden Rechenleistung. Gesellschaftlich befand sich die Technologiewelt Mitte der 1980er Jahre in einer aufregenden Phase. Computer hatten zwar bereits ihren Weg in Büros und Privathaushalte gefunden, doch das breite öffentliche Bewusstsein und die mediale Aufmerksamkeit für KI und Computerspiele war noch in den Kinderschuhen. Mike Caro, bekannt für sein tiefes Verständnis der Pokerpsychologie und seine journalistische Tätigkeit, sah eine Gelegenheit, dieses aufkeimende Interesse zu nutzen und gleichzeitig die Pokerwelt zu begeistern.

In einer Reihe von Briefen dokumentiert er den Planungsprozess mit Binion's Horseshoe, dem Veranstaltungsort für den WSOP, und anderen Schlüsselakteuren wie Apple Computer. Diese Korrespondenz ist eine der frühesten bekannten Instanzen elektronischer Kommunikation, die speziell für die Medienarbeit rund um eine solche Show entwickelt wurde. Die erste Ankündigung des Computerspiels kam im Frühjahr 1984. Ursprünglich war eine Demonstration für den 10. April geplant, doch aus organisatorischen Gründen wurde sie auf den Abend vor dem WSOP Main Event am 13.

Mai verschoben. Die PR-Maschinerie wurde groß aufgezogen, mit der Hoffnung, Tennis-Champions des Pokers zu gewinnen: Doyle Brunson, Tom McEvoy, „Amarillo Slim“ Preston, Puggy Pearson, Jack Straus sowie Stu Unger waren als Teilnehmer vorgesehen. Letztendlich erschienen davon Doyle Brunson und Tom McEvoy vor Ort. Interessanterweise wurde die Zuverlässigkeit der Spieler, wenn sie sich an Termine halten, bereits damals auf die Probe gestellt. Während der eigentlichen Herausforderung zeigte Orac bemerkenswerte Fähigkeiten.

So gelang es dem Programm, einige der Matches zu halten und Brunson sogar zu einem vorzeitigen Abbruch zu bewegen. Ein verlorenes Spiel gegen McEvoy wird heute auf eine Fehleinschätzung von Caro zurückgeführt – Orac war darauf programmiert, in der ersten Runde mit einer Reihe bestimmter Karten zu callen, um Bluffs zu kontern. Doch eine Ungenauigkeit führte damals zum unerwarteten Handverlust. Überhaupt zeigte das Experiment, dass die Kombination aus Pokerstrategie, Psychologie und menschlichem Verhalten für eine künstliche Intelligenz eine enorme Herausforderung darstellte, besonders wenn Entscheidungen in Sekundenbruchteilen getroffen werden mussten. Interessant ist, dass bereits damals Taktiken eingebaut wurden, um den menschlichen Gegner zu „täschen“.

Die KI nutzte Verzögerungen bei Entscheidungsfindungen gezielt als psychologisches Mittel, um Verunsicherung zu erzeugen – etwas, was auch heutige AI-Systeme im Wettbewerb nutzen. Diese „menschliche“ Komponente der künstlichen Intelligenz machte das Experiment nicht nur technisch innovativ, sondern auch spielpsychologisch bedeutsam. Abseits der reinen Pokerpartien zeigt die Akte um Orac auch, wie die Medienwelt diese neue Schnittstelle von Mensch und Maschine aufnahm. Die Berichterstattung in Fachzeitschriften für Computer und Spiele, das Aufkommen von Pressemitteilungen und die aktive Rolle von PR-Agenten verdeutlichen den wachsenden Wunsch, solche Experimente einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen und als spektakuläre Show zu präsentieren. Es war mehr als ein reines Spiel – es war eine Demonstration von Fortschritt und futuristischem Denken.

Orac sollte auch über den WSOP hinaus Bekanntheit erlangen. Die Teilnahme in einer halb humanausgerichteten TV-Sendung, in der es gegen Bob Stupak, einen bekannten Casino-Eigentümer, ging, verdeutlicht das zunehmende Interesse an der Verbindung von Unterhaltung, Technologie und Glücksspiel. Trotz technischer Probleme und einer umstrittenen Partie zeigte Orac, dass AI im Poker ernstzunehmende Gegner hervorbringen kann – auch wenn der endgültige Durchbruch in der Breite noch Jahre auf sich warten ließ. Der Aufstieg moderner AI-Bots im Poker, wie etwa Polaris aus dem Jahr 2007, wird häufig als Beginn der maschinellen Konkurrenz im Pokersport gefeiert. Doch Mike Caros frühe Arbeit mit Orac bewies, dass die Idee, Computer gegen Profis antreten zu lassen, schon weit früher existierte – und das in einer Zeit, in der die Rechenressourcen extrem limitiert waren.

Der Grundgedanke und die technologische Basis wurden damals bereits gelegt und sind der Ursprung vieler heutiger Entwicklungen. Darüber hinaus wirft die Geschichte von Orac einen spannenden Blick auf die Schnittmenge von Entwicklung, Marketing und Medien im Bereich neuer Technologien. Die Rolle von Casinos und Veranstaltern wie Binion’s Horseshoe als Partner für solche Innovationen war essenziell, um den Fortschritt auch der Öffentlichkeit zu präsentieren. Die intensive Korrespondenz zwischen Entwicklern, Presseagenten und Unternehmensvertretern offenbart, wie Events wie diese nicht nur technische Herausforderungen bewältigen mussten, sondern auch darauf angewiesen waren, eine richtige Geschichte und ein fesselndes Narrativ zu schaffen. Heutzutage, mit der Evolution von AI und Machine Learning, hat sich die Rolle von Computern im Poker radikal verändert.

Experten-Bots sind in der Lage, komplexe Strategien zu entwickeln, sich an Menschen anzupassen und selbst in Online-Turnieren gegen Top-Spieler zu gewinnen. Doch gerade die Pionierarbeit von Mike Caro mit Orac bleibt als symbolische Geburtsstunde der AI-Poker-Ära in den Annalen der Pokergeschichte fest verankert. Das Verständnis für die Ursprünge erlaubt es, heutige Fortschritte besser einzuordnen und auch zukünftig die Beziehung zwischen menschlicher Intuition und maschineller Präzision im Pokerspiel weiterzuentwickeln. Und vielleicht dient die Geschichte von Orac auch als Erinnerung daran, dass technologische Innovationen oftmals mit Experimenten, diversen Rückschlägen und einem gewissen Pioniergeist beginnen – im Fall von Poker wurde ein Stück dieser Geschichte bereits beim WSOP 1984 geschrieben.

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