Apple hat kürzlich eine neue Richtlinie umgesetzt, die in der EU bei iOS-Apps, die alternative Zahlungsmöglichkeiten außerhalb des Apple App Stores anbieten, auffällige Warnhinweise platziert. Diese Änderungen sind eine direkte Folge des europäischen Digital Markets Act (DMA), der seit März 2024 in Kraft ist und Apples bisherige exklusive Kontrolle über Zahlungsabwicklungen in iOS-Apps aufbrechen soll. Die Maßnahme richtet sich an Entwickler, die externe Bezahlsysteme integrieren, und gleichzeitig an Nutzer, die vor möglichen Risiken wie Datenschutzbedenken gewarnt werden. Ein prominentes Beispiel hierfür ist die ungarische App Instacar, eine beliebte Business-App, die in der EU von Apple mit einem roten Ausrufezeichen versehen wird, um Nutzer auf alternative Zahlungssysteme aufmerksam zu machen. Instacar verwendet keine Zahlungen innerhalb des Apple-Ökosystems, sondern über Drittanbieter.
Dieses Vorgehen von Apple hat schnell Kritik ausgelöst, da die Warnhinweise bewusst abschreckend gestaltet sind und Nutzern das Gefühl vermitteln sollen, sie kämen bei der Nutzung externer Zahlungsmethoden einem Risiko ausgesetzt. Dabei verstößt Instacar nicht gegen die App Store-Richtlinien, vielmehr handelt es sich um eine Folge der neuen gesetzlichen Regelung und Apples Interpretation davon. Der Konzern weist in einem Hinweis darauf hin, dass bei der Nutzung externer Zahlungsoptionen persönliche Daten direkt an den Entwickler oder Drittpartner weitergegeben werden, die dann für den Datenschutz und die Sicherheit verantwortlich sind. Dadurch möchte Apple Nutzer sensibilisieren, vertraut aber auch implizit darauf, dass Entwickler und deren Partner diese Daten ordnungsgemäß schützen. Trotz dieser Erklärung werten viele Experten und Entwickler die Warnhinweise als gezielte Taktik, um Nutzer von Alternativzahlungen abzuschrecken und Apples eigene Zahlungsdienste zu bevorzugen.
Im Gespräch steht dabei vor allem der Fakt, dass bei Zahlungen außerhalb des App Stores bestimmte Funktionen wie Kaufverlauf, Familienfreigabe und das konsolidierte Abonnementmanagement nicht greifen. Aus Apples Sicht sind diese Sicherheits- und Komfortfunktionen wichtige Argumente, die den eigenen Bezahldienst attraktiver machen. Die Einführung der Warnhinweise erfolgt zu einer Zeit, in der Apple auch in anderen Bereichen der EU-Regulierung unter der Lupe steht. Die Europäische Kommission hat beispielsweise Mitte 2025 vorläufige Feststellungen getroffen, dass Apple es Nutzern unnötig schwer macht, alternative App-Marktplätze auf iOS-Geräten zu installieren. Auch dort kommen sogenannte „Scare Tactics“ zum Einsatz, etwa durch mehrfache Warnhinweise und Bestätigungsschritte, die Nutzer von der Verwendung alternativer Marktplätze abbringen sollen.
Im Zuge des viel beachteten Rechtsstreits zwischen Apple und Epic Games hat ein US-Gericht Apple verboten, Entwickler daran zu hindern, auf alternative Zahlungsmöglichkeiten hinzuweisen. Allerdings gilt diese Auflage bisher nur innerhalb der USA. In der EU ist Apple weiterhin frei darin, mit Warnhinweisen auf die Risiken externer Zahlungssysteme hinzuweisen, auch wenn derartige Hinweise als wenig neutral eingestuft werden könnten. Die Reaktionen der Entwickler und Nutzer sind gemischt. Während einige die verbesserte Wahlfreiheit durch die Öffnung für externe Zahlungsanbieter begrüßen, fühlen sich andere durch Apples Warnhinweise verunsichert.
Nur wenige Apps haben bislang externe Zahlungsoptionen implementiert, was vor allem auf Apples komplexe Anforderungen und den Aufwand für die Umsetzung zurückzuführen ist. Unternehmen wie Revenue Cat berichten von weniger als hundert Apps in der EU, die tatsächlich von Apples neuem Ermessen Gebrauch machen. Diese geringe Anzahl führt dazu, dass die Warnhinweise nicht flächendeckend sichtbar sind, macht sie aber umso auffälliger, wenn Nutzer auf eine solche App stoßen. Experten diskutieren, ob Apples Maßnahmen gegen den Geist der EU-Regulierung verstoßen, die eigentlich mehr Wettbewerb und Wahlfreiheit im digitalen Ökosystem erreichen will. Die strenge Regulierung soll dazu führen, dass Nutzer einfacher zwischen verschiedenen Zahlungsoptionen wählen können, ohne dass ein einzelner Anbieter den Markt dominiert oder Nutzer einschüchtert.
Apples Vorgehen, durch visuelle Warnungen und betonte Risiken von Nicht-App-Store-Zahlungen abzuschrecken, wird als eine „abschreckende Taktik“ eingestuft, die den Wettbewerb langfristig beschränken könnte. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Debatte um Datenschutz und Sicherheit bei Zahlungsabwicklungen im digitalen Raum an Bedeutung gewinnt. Nutzer wollen sichergehen, dass ihre sensiblen Zahlungsdaten nicht in falsche Hände geraten oder unsachgemäß behandelt werden. Gerade bei externen Zahlungsportalen kann dies ein berechtigtes Anliegen sein, weshalb die Verknüpfung von Warnhinweisen mit Datenschutzinformationen kein schlechtes Mittel sein muss. Allerdings ist die Herausforderung, eine Balance zwischen fairer Nutzeraufklärung und unfairer Abschreckung zu finden.
Für den Endnutzer bedeutet die neue Situation vor allem eines: erhöhte Aufmerksamkeit und informierte Entscheidungen bei In-App-Käufen innerhalb Europas. Apps, die alternative Zahlungsmethoden anbieten, sind mittlerweile auch in Deutschland, Frankreich, Spanien und weiteren EU-Staaten mit Warnhinweisen versehen. Nutzer sollten vor einem Kauf prüfen, welche Zusatzfunktionen möglicherweise nicht verfügbar sind und wie sicher die alternative Zahlung wirklich ist. Die Thematik berührt einen der zentralen Streitpunkte zwischen Apple und EU-Regulierungsbehörden – nämlich den Einfluss großer Tech-Konzerne auf die digitale Infrastruktur und die Freiheit der Nutzer. Während Apple argumentiert, dass der Schutz von Nutzerdaten und das sichere Einkaufserlebnis oberste Priorität haben, steht die EU für mehr Wettbewerb und weniger monopolistische Kontrolle.
Die Umsetzung der Digital Markets Act stellt in diesem Zusammenhang einen wichtigen Schritt dar, der zeigt, wie stark europäische Institutionen bereit sind, die Macht großer Technologieunternehmen zu begrenzen. Allerdings ist klar, dass dadurch neue Herausforderungen entstehen, bei denen Nutzer und Entwickler gleichermaßen gefordert sind, sich auf veränderte Bedingungen einzustellen. Ein Ende der Diskussion ist aktuell nicht in Sicht. Die EU prüft weiterhin Apples Vorgehen, Apple selbst arbeitet an einer Überarbeitung der Warnhinweise, um diese neutraler zu gestalten – so hat das Unternehmen bereits im August 2024 vorgeschlagen, das rote Ausrufezeichen durch ein dezenteres Informationssymbol zu ersetzen. Diese Änderung wurde bislang von den Regulierungsbehörden jedoch noch nicht genehmigt.