Die Aufforstung und Wiederherstellung von Wäldern gelten als zentrale Strategien im Kampf gegen den Klimawandel. Sie bieten das Potenzial, große Mengen Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre zu binden, und spielen damit eine wesentliche Rolle bei der Verringerung der anthropogenen Treibhausgasemissionen. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen jedoch, dass der Einfluss von Bäumen auf das Klima weit über die einfache CO2-Speicherung hinausgeht. Insbesondere die komplexen Wechselwirkungen durch atmosphärische Chemie tragen entscheidend dazu bei, das Klimaschutzpotenzial der Baumpflanzung maßgeblich zu erhöhen. Bäume verändert die Atmosphäre auf vielfältige Weise.
Neben der Kohlenstoffbindung geben sie auch biogene flüchtige organische Verbindungen (BVOCs) wie Isopren und Monoterpene ab. Diese Substanzen tragen zur Bildung von Aerosolen bei, feinverteilter Flüssigkeit oder Feststoffen in der Luft, die eine kühlende Wirkung auf das Klima entfalten können. Aerosole können das Sonnenlicht streuen oder reflektieren, wodurch weniger Sonnenenergie die Erdoberfläche erreicht. Zudem beeinflussen Aerosole Wolkenbildung und Wolkeneigenschaften, was ebenfalls eine bedeutende Klimawirkung entfaltet. Diese Prozesse wurden in der Vergangenheit häufig unterschätzt oder gar nicht in Klimamodellen berücksichtigt.
Ein aktuelles Klimamodell-Experiment zeigte, dass die Berücksichtigung interaktiver atmosphärischer Chemie, also die Simulation von BVOC-Emissionen und deren Auswirkungen auf Aerosole und Wolken, die globale Durchschnittstemperatur signifikant beeinflusst. Während baumbestandene Flächen durch ihre dunklere Oberfläche und damit reduzierten Albedo anfänglich zu einer Erwärmung der Erdoberfläche führen können, wird dieser Effekt durch diess Aerosol-Wolken-System deutlich abgeschwächt oder sogar umgekehrt. Interessanterweise wurde festgestellt, dass in der südlichen Hemisphäre der Kühlungseffekt durch Biogene Aerosole und damit verbundene Wolkenbildung besonders stark ausgeprägt ist. Das liegt daran, dass in diesen Regionen vor allem tropische Baumarten wiederhergestellt werden, die besonders hohe Mengen an BVOCs emittieren. Die erhöhte Pflanzenaktivität und Verdunstung (Evapotranspiration) dieser Wälder fördert zudem die Feuchtigkeit in der Luft, was die Wolkenbildung unterstützt und so das Klimasystem weiter kühlen kann.
Das Klimamodell ergab, dass ohne Berücksichtigung der interaktiven atmosphärischen Chemie baumreiche Regionen durch den Verlust der Reflexionsfähigkeit mehr Sonnenenergie absorbieren würden, was zu einer wesentlich stärkeren Erwärmung führt. Mit interaktiver Atmosphärenchemie und einer realistischen Simulation der Aerosol-Wolken-Wechselwirkungen nahm die globale Erwärmung jedoch deutlich ab. Dadurch konnten etwa 24 Prozent mehr der kühleren Wirkung durch CO2-Speicherung durch Baumpflanzungen realisiert werden. Neben den direkten Klimaeffekten wurde auch der Einfluss von Bäumen auf die Feueraktivität untersucht. In den Tropen führt die Wiederaufforstung zu einer erhöhten Luftfeuchtigkeit, die die Brennbarkeit von Pflanzenmaterial senkt und somit das Risiko von Waldbränden mindert.
In den extratropischen Zonen wurde hingegen ein leicht erhöhtes Feueraufkommen beobachtet, was auf veränderte Vegetationsarten und klimatische Bedingungen zurückzuführen ist. Die zusätzlichen Brände können einen Teil der CO2-Sequestrierung wieder aufheben. Doch auch hier wirken atmosphärische Chemieprozesse dämpfend auf die Feuererhöhung. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Auswirkung auf die Luftqualität. Die erhöhten BVOC-Emissionen können zusammen mit anthropogenen Stickstoffoxiden (NOx) in einigen Regionen den bodennahen Ozonwert steigern, was negative Folgen für die Gesundheit hat.
Gleichzeitig kann eine Zunahme der sekundären organischen Aerosole die Partikelbelastung erhöhen, besonders in tropischen Waldregionen. Deshalb muss die Wiederaufforstung immer im Kontext von regionalen Umweltbedingungen und Luftqualitätsmanagement betrachtet werden. Auf globaler Ebene lohnt es sich, die Effizienz der Kohlenstoffbindung durch Baumrestaurierung in verschiedenen Hemisphären und Klimazonen zu vergleichen. Die südliche Hemisphäre, mit ihrer Vielzahl an tropischen Wäldern, speichert Kohlenstoff pro Fläche deutlich effizienter als die nördliche Hemisphäre. Diese Erkenntnis unterstützt die Fokussierung von Aufforstungsprogrammen auf tropische Regionen als besonders wirksame Maßnahme für den Klimaschutz.
Methodisch ist hervorzuheben, dass die durchgeführten Simulationen auf einem hochentwickelten Klimamodell basieren, das das Zusammenspiel von Landnutzung, Vegetation, Atmosphäre und Ozean berücksichtigt. Die Berücksichtigung von dynamischen Vegetationsänderungen, interaktiver Chemie, Aerosolphysik und Wolkenmikrophysik macht die Ergebnisse belastbar und aussagekräftig. Allerdings zeigte sich auch, dass solche Modelle mit gewissen Unsicherheiten behaftet sind, insbesondere hinsichtlich der Repräsentation von BVOC-Emissionen und deren Abbauprodukten. Zu beachten ist, dass die beschriebenen Studien oft auf Szenarien beruhen, in denen Vegetation schlagartig verändert wird, was in der Realität iterativ und über längere Zeiträume hinweg geschieht. Zukünftige Forschung ist notwendig, um diese zeitlichen Dynamiken besser abzubilden und um die Komplexität von Rückkopplungseffekten im Klimasystem noch detaillierter zu erfassen.
Darüber hinaus unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung integrierter Ansätze im Klimaschutz. Allein die CO2-Bindung durch Aufforstung reicht nicht aus, um das volle Potenzial auszuschöpfen. Die Beachtung von biogeophysikalischen Eigenschaften, atmosphärischen Chemieprozessen, Vegetationsartenwahl und regionalen Klimabedingungen ist essenziell, um nachhaltige und effektive Strategien zu entwickeln. Abschließend ist festzuhalten, dass die Berücksichtigung der atmosphärischen Chemie das Klimaeffektpotenzial von Baumrestaurierungen deutlich erhöht. Dies öffnet Möglichkeiten, die Klimaschutzmaßnahmen durch Aufforstung gezielter zu planen und positive Wirkungen zu maximieren.
Tropische Wälder spielen dabei eine herausragende Rolle. Gleichzeitig mahnen diese Erkenntnisse zu einer sorgsamen Bewertung der regionalen Vorkehrungen hinsichtlich Luftqualität und Feuerprävention. Die Kombination aus moderner Klimamodellierung, verstärktem Verständnis biogeochemischer und biogeophysikalischer Prozesse sowie bewährten Aufforstungsmaßnahmen kann so dazu beitragen, die globalen Erwärmungsziele effektiver zu erreichen und langfristig resilientere Ökosysteme zu schaffen.