Ist Kryptowährung ein Absicherungsinstrument bei wirtschaftspolitischer Unsicherheit? Eine empirische Untersuchung Inmitten steigender Volatilität und Unsicherheit in der globalen Wirtschaft wenden sich immer mehr Anleger und Wirtschaftswissenschaftler einem möglicherweise unkonventionellen Hafen zu: Kryptowährungen. Eine kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Humanities and Social Sciences Communications“ publizierte Studie wirft ein neues Licht auf die Rolle von Bitcoin, Ethereum und anderen digitalen Währungen in Zeiten wirtschaftspolitischer Unsicherheit. Die Studienautoren, Chengying He, Yong Li, Tianqi Wang und Salman Ali Shah, haben sich auf eine detaillierte Analyse der Kryptomärkte von Januar 2021 bis April 2023 konzentriert. Die Zeitspanne, die von signifikanten politischen und wirtschaftlichen Schwankungen geprägt war, bot ein ideales Studienumfeld, um die Beziehungen zwischen wirtschaftspolitischer Unsicherheit (EPU) und Kryptowährungsrenditen zu erforschen. Die Forscher verwendeten quantitative Regressionsanalysen und Granger-Kausalitätstests, um die dynamischen Interaktionen zwischen EPU und den Top-Kryptowährungen zu untersuchen.
Die bisherigen Ergebnisse legen nahe, dass Kryptowährungen in kurzen Zeitspannen als effektive Absicherung gegen wirtschaftspolitische Unsicherheiten dienen können, während ihre Absicherungseigenschaften bei langfristiger Betrachtung nachlassen könnten. Die Ergebnisse für die USA und China, die beiden größten Volkswirtschaften der Welt, die auch im Krypto-Bereich stark vertreten sind, variierten interessanterweise. In den USA, wo politische Entscheidungen häufig weltweite Auswirkungen haben, zeigten die Daten eine ausgeprägte Beziehung zwischen EPU und der Performance von Kryptowährungen. Für China hingegen waren die Auswirkungen von EPU auf die Kryptomärkte vernachlässigbar. Zu den überzeugenden Erkenntnissen der Studie gehört auch, dass Tether – im Gegensatz zu anderen volatileren Kryptowährungen – langfristig positiv mit EPU korreliert.
Dies legt nahe, dass stabile Coins in turbulenten Zeiten eine sicherere Anlage sein könnten. Obwohl Kryptowährungen oft als das digitale Gold bezeichnet werden, unterscheidet sich ihre Performance signifikant vom traditionellen sicheren Hafen, nämlich Gold. Die Studie ergänzte die Krypto-Analyse um eine Untersuchung der Goldrenditen und fand heraus, dass Gold eine beständigere Sicherheit gegen wirtschaftspolitische Unsicherheiten bietet als Kryptowährungen. Diese Ergebnisse sind zwar aufschlussreich, werfen jedoch auch neue Fragen auf. Der Hauptautor Salman Ali Shah betont: „Unsere Forschung zeigt, dass Kryptowährungen potenziell nützliche Instrumente für die Risikominderung in Zeiten kurzfristiger Unsicherheit sein können.
Jedoch ist es entscheidend, dass Investoren die inhärente Volatilität und die mögliche Exposition gegenüber geopolitischen Risiken nicht unterschätzen." Die Studie, die von einem internationalen Team durchgeführt wurde, bietet auch Anhaltspunkte für politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden. Sie betont die Notwendigkeit einer ausgewogenen regulatorischen Herangehensweise, die die einzigartigen Eigenschaften der Kryptomärkte berücksichtigt, ohne die Innovation zu ersticken. Als Fazit lässt sich sagen, dass Kryptowährungen zwar eine Rolle als Krisenschutz spielen können, jedoch keine universelle Lösung für alle Investoren darstellen. Sie ergänzen das Portfolio diversifikation, aber die Abhängigkeit von einer einzigen Anlageklasse, insbesondere einer so jungen und volatilen, könnte risikoreich sein.
Die Debatte über die Rolle von Kryptowährungen in der Wirtschaft und ihr Potenzial als Absicherungsinstrument ist noch lange nicht vorbei. Diese Studie trägt wesentlich zum Verständnis der komplexen Dynamiken bei, die den Kryptomärkten zugrunde liegen, und bildet eine fundierte Grundlage für weitere Untersuchungen in diesem schnelllebigen Feld.