Nach sechs Wochen intensiver Einarbeitung in die Programmiersprache Rust aus der Perspektive eines erfahrenen C# Entwicklers habe ich viele wertvolle Einsichten gesammelt, die meine Herangehensweise an Softwareentwicklung nachhaltig geprägt haben. Diese Reflexion soll einen detaillierten Einblick in die wichtigsten Erkenntnisse bieten, die ich auf dieser Reise gewonnen habe, und aufzeigen, wie sie sich auf meine täglichen C# Projekte übertragen lassen. Zudem gebe ich eine Einschätzung, wie Rust und C# sich in ihrer Philosophie und Technik ergänzen können. Die Reise begann ganz klassisch mit den Grundlagen. Variablen, Funktionen und Datentypen wirkten durch meine umfangreiche Erfahrung mit C# recht vertraut.
Doch Rust stellte schnell seine eigene Design-Philosophie zur Schau: Unveränderlichkeit oder Immutability ist die Norm. Im Gegensatz zu C#, wo Readonly zwar existiert, aber nicht zwingend bei jeder Variablen deklariert werden muss, zwingt Rust den Entwickler von Anfang an, sich bewusst über die Mutabilität einer Variable zu werden. Das führte zu einem Umdenken, das meinen Fokus auf klaren und bewussten Code verstärkte. Das Thema Ownership, zu Deutsch Besitz, war die erste große mentale Herausforderung. Während ich als C# Entwickler mich in der Regel auf die Garbage Collection verlassen konnte, stellte Rust mich vor grundlegende Fragen: Wem gehört ein Wert? Wann wird er gelöscht? Wie kann ich ihn sicher mit anderen teilen? Das berühmte Borrow-Checker-System erwies sich für mich gleichermaßen als Prüfer wie Lehrer.
Anfangs gab es frustrierende Momente, in denen der Compiler scheinbar willkürlich Fehler meldete, doch schnell wurde klar, dass diese Mechanik einen Schutzmechanismus verkörpert, der Speicherfehler, Datenrennen und undefiniertes Verhalten verhindert. Diese Erfahrungen führten bei mir zu einem gesteigerten Bewusstsein für Ressourcennutzung, das in C# oft verloren geht. Es zeigte sich, wie wichtig es ist, auch jenseits der Garbage Collection genau zu überlegen, wann und wie Daten kopiert oder geteilt werden. Im Bereich der Datenmodellierung machte Rust für mich einen großen Schritt nach vorne. Die Kombination aus Structs und besonders Enums öffnete neue Türen.
Anders als C# Enum-Typen, die meist einfache Ganzzahlen repräsentieren, bieten Rusts Enums die Möglichkeit zur sogenannten disjunkten Datenunionen mit eingebetteten Daten - ein mächtiges Konstrukt, das mich an die Ausdrucksstärke von F# erinnerte. So konnte ich komplexe Geschäftsfälle elegant und zugleich sicher modellieren, ohne mich in klassenbasierten Vererbungshierarchien der Objektorientierung zu verlieren. Das Schöne daran ist die Kompaktheit und Klarheit, die Pattern Matching mit sich bringt. Anstatt auf castingsichere oder polymorphe Methoden bauen zu müssen, zwingt der Compiler dazu, alle Fälle abzudecken. Das Ergebnis: Weniger Fehlerquellen und klarere Zustandsübergänge.
Als ich mich mit Modulen, Crates und Fehlerbehandlung auseinandersetzte, wurde mir bewusst, wie konsequent Rust explizite Schnittstellen erzwingt. Das etablierte System von Modulen mit klar definierten Sichtbarkeitsregeln sorgt für übersichtlichen und wartbaren Code, der gut kapselt und Schnittstellen sauber beschreibt. Die Fehlerbehandlung in Rust stellte für mich einen Paradigmenwechsel dar. Anstelle der bekannten try-catch Blöcke in C# arbeitet Rust mit Result-Typen, die im Funktionssignatur explizit Fehler propagieren. Das hat zur Folge, dass potenzielle Fehler vom Entwickler stets adressiert werden müssen, was ein bewussteres und sichereres Programmieren fördert.
Dieses bewusste Umgehen mit Fehlern hat mich dazu angeregt, in meinen C# Projekten differenzierter zu überlegen, wann eine Ausnahme den Flow unterbrechen darf und wann eine explizite Ergebnisrückgabe sinnvoller ist. Besonders eindrucksvoll waren die Erfahrungen mit Traits, Generics und Lebenszeit-Annotations. Traits, die Rusts Antwort auf Interfaces sind, bieten einen erheblichen Mehrwert durch ihre flexible Kombinierbarkeit, ohne die Nachteile komplexer Vererbungsstrukturen. Die Herausforderung der Lifetimes, eines einzigartigen Konzeptes von Rust, war zwar anfänglich unbequem, gab mir aber schließlich einen tiefen Einblick in die Sicherheit von Referenzen und deren Gültigkeitsbereich zur Compile-Zeit. Diese Einblicke vertieften mein Verständnis der hingenommenen Automatismen des Garbage Collectors in C# und damit auch meiner Nutzung von Referenztypen wie Span<T> oder ref.
Den Abschluss bildete die Entwicklung und Auslieferung einer kleinen Kommandozeilenanwendung. Hier zeigte sich eindrucksvoll die Qualität und Effizienz des Rust-Ökosystems, insbesondere build tools wie Cargo, das sowohl Projektmanagement, Abhängigkeitsverwaltung, Testing und Release-Prozesse in einem Werkzeug vereint. Im Vergleich zu .NET CLI und NuGet erschien mir das Setup deutlich schlanker und fokussierter. Intensive Performance-Tests bestätigten das, was sich in der Praxis und der Community rumgesprochen hat: Rust ist außergewöhnlich schnell – nicht nur dank Systemnähe, sondern vor allem durch gut überlegte Architektur und gewissenhafte Programmierung.
Die Leistung ist damit kein Selbstzweck, sondern ein Ergebnis bewussten Designs. Was nehme ich nun konkret für meine weitere Arbeit mit C# mit? Das überlegte Setzen von Mutabilität wird mein Schreibstil prägen, da bewusst nicht veränderbare Objekte die Zuverlässigkeit erhöhen. Die Modellierung von Zuständen werde ich häufiger mit Enums und Pattern Matching gestalten, was die Lesbarkeit und Robustheit meiner Anwendungen stärkt. Auch die Fehlerbehandlung wird wacher ausgestaltet, eher durch explizite Ergebniswerte als durch Ausnahmebehandlungen. Das Bewusstsein für Speicherverwaltung wird mir helfen besser über Kopien und Referenzteilen von Daten nachzudenken.