Im Vorfeld der Präsidentschaftswahl in Südkorea am 3. Juni 2025 hat Lee Jae-myung, der charismatische und einflussreiche Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Partei, offiziell seine Kandidatur angekündigt. Dieses Ereignis markiert einen entscheidenden Moment in der südkoreanischen Politik, insbesondere vor dem Hintergrund der jüngsten politischen Turbulenzen, wie der Amtsenthebung von Ex-Präsident Yoon Suk Yeol zufolge einer umstrittenen Ausrufung des Kriegsrechts im Dezember 2024. Lee Jae-myung, der bereits in der Vergangenheit als ernstzunehmender Kandidat galt, steigt nun mit einem klaren und fokussierten Wahlkampf an. Seine zentrale Botschaft dreht sich um die Bekämpfung der wirtschaftlichen Ungleichheit, ein Thema, das er als fundamentalen Motor für soziale Spannungen in Südkorea sieht.
Er betont in verschiedenen öffentlichen Erklärungen, dass die Polarisierung in der Gesellschaft, verschärft durch politische Streitigkeiten und wirtschaftliche Unterschiede, dringend adressiert werden müsse, um nachhaltigen sozialen Frieden und Stabilität zu erreichen. Seit Jahren gehört Lee zu den profiliertesten Politikern Südkoreas. Seine Präsenz in den Medien und seine politische Agenda zielen darauf ab, als pragmatischer Politiker wahrgenommen zu werden, der jenseits ideologischer Grenzen handelt. Für Lee ist es nicht entscheidend, welcher politische Akteur eine Idee initiiert, sondern es kommt darauf an, ob diese Ideen dem Wohl des Landes dienen. Dieses nüchterne und ergebnisorientierte Herangehen hebt ihn von vielen Konkurrenten ab und wurde bei der Parlamentswahl im Jahr 2024 belohnt, als seine Demokratische Partei einen überwältigenden Erfolg erzielte.
Neben dem innenpolitischen Fokus spielt die Außenpolitik eine zentrale Rolle in Lees Wahlkampagne. In einer Zeit, in der das Bündnis zwischen Südkorea und den Vereinigten Staaten auf dem Prüfstand steht und die Beziehungen zu Japan weiterhin angespannt sind, garantiert Lee eine pragmatische und ausgewogene Diplomatie. Er unterstreicht, dass die Zusammenarbeit mit den USA und Japan wichtig sei, jedoch immer im Licht der nationalen Interessen Südkoreas zu betrachten sei. Diese Haltung signalisiert,dass Lee bereit ist, traditionelle Allianzen zu pflegen, gleichzeitig aber Südkoreas Eigenständigkeit und strategische Vorteile zu wahren. Dieser Stil der Politik steht in starkem Kontrast zu den Vorwürfen konservativer Kritiker, die befürchten, dass die Opposition unter Lees Führung die Beziehungen zu den Verbündeten destabilisieren könnte.
Durch seine Betonung einer lösungsorientierten Politik ist Lee bestrebt, die Wähler von seinem Ansatz zu überzeugen und eine Brücke zwischen den politischen Lagern zu schlagen. Der Wahlkampf gestaltet sich vor dem Hintergrund eines volatilen politischen Klimas, geprägt von der Amtsenthebung des amtierenden Präsidenten Yoon Suk Yeol. Die Entscheidung des Obersten Gerichts, die Amtsenthebung zu bestätigen, hat eine ungewöhnliche politische Situation geschaffen und Südkorea auf einen Neuanfang in der Führung vorbereitet. Lee tritt als Figur des Wandels an, unterstützt durch zuverlässige Umfragewerte. Eine Gallup-Umfrage aus Anfang April zeigt Lee mit etwa 34 Prozent Zustimmung weit vor dem nächsten konservativen Konkurrenten Kim Moon-soo, der lediglich neun Prozent erreicht.
Lee Jae-myung ist kein unbekanter Herausforderer. Bei der Präsidentschaftswahl 2022 verlor er nur knapp und erreichte das knirschende Ergebnis mit dem geringsten Stimmenabstand in der südkoreanischen Geschichte. Diese Niederlage hat seiner Popularität jedoch keinen Abbruch getan; stattdessen hat sie seine Position innerhalb der Demokratischen Partei gestärkt und ihn als glaubwürdigen Spitzenkandidaten etabliert. Ein weiterer Vorteil für Lee liegt in seiner aktiven Nutzung moderner Kampagnenmethoden, einschließlich digitaler Medien, um mit den Wählern in Kontakt zu treten. Seine Fähigkeit, junge und städtische Bevölkerungsgruppen anzusprechen, hebt ihn von vielen traditionellen Politikern ab.
Dies ist besonders wichtig, da diese Demografien zunehmend den politischen Kurs im Land bestimmen. Wirtschaftswachstum und soziale Gerechtigkeit sind die Eckpfeiler seiner politischen Vision. Lee plant umfangreiche staatliche Investitionen in Technologie und Entwicklung von Talenten, um Südkorea an der Spitze globaler Innovation zu halten. Dabei betont er, dass moderne und flexible Strategien notwendig seien, um die Herausforderungen der Digitalisierung und des globalen Wettbewerbs zu meistern. Darüber hinaus sieht Lee die wirtschaftliche Ungleichheit als ein Problem, das nicht nur Wohlstandskluften vergrößert, sondern auch gesellschaftliche Spaltungen verstärkt.
Für ihn ist soziale Gerechtigkeit nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern auch eine Voraussetzung für langfristigen wirtschaftlichen Erfolg und Stabilität. Seine politischen Vorschläge umfassen daher unter anderem eine Reform des Steuersystems und eine stärkere soziale Absicherung. Trotz des Optimismus um Lees Kandidatur sind die politischen Rahmenbedingungen weiterhin dynamisch. Die konservative Partei People Power wird ihre Kandidaten über eine Vorwahl im Mai bestimmen, was dem Rennen zusätzliche Spannung verleiht. Lee wird sicherlich mit verstärktem Widerstand aus konservativen Kreisen rechnen müssen, die seine pragmatische Position in Außen- und Innenpolitik kritisch sehen.