Die Schweizer Regierung hat am 6. Juni 2025 eine richtungsweisende Verschärfung der Kapitalvorschriften für UBS bekannt gegeben, die den Finanzriesen vor enorme Herausforderungen stellt. Durch diese neuen Vorgaben muss UBS künftig zusätzlich 26 Milliarden US-Dollar an Kernkapital vorhalten, was als massiver Einschnitt nach der Übernahme der Credit Suisse im Jahr 2023 gewertet wird. Obwohl die Maßnahmen auf eine Stärkung der Widerstandsfähigkeit der Bank abzielen, sorgen sie für erhebliche Debatten über Wettbewerbsfähigkeit und zukünftiges Wachstum. Die Hintergründe der neuen Kapitalvorschriften sind tief in den Ereignissen rund um die Übernahme der finanziell angeschlagenen Credit Suisse durch UBS verankert.
Die Übernahme sollte die Schweizer Finanzlandschaft stabilisieren, brachte aber zugleich die Frage nach der Systemrelevanz und der Absicherung von Großbanken in den Fokus. UBS, mit einer Bilanzsumme von ungefähr 1,7 Billionen US-Dollar im Jahr 2023, entspricht in etwa doppelt so viel wie die gesamte Schweizer Wirtschaftsleistung des letzten Jahres. In diesem Kontext reagiert die Regierung mit strengeren Regeln, um die Sicherheit des Finanzsystems zu gewährleisten. Diese Änderungen bedeuten, dass UBS seine Kapitalbasis weiter ausbauen muss, insbesondere im Bereich des hartkernigen Eigenkapitals, bekannt als CET1-Kapital (Common Equity Tier 1). Die Anforderungen gehen über die bisherigen Erwartungen hinaus: UBS muss nicht nur seine Kapitalhaltung erhöhen, sondern auch seine ausländischen Tochtergesellschaften vollständig kapitalisieren.
Diese Neuerung stellt eine Herausforderung dar, da bisher nur 60 Prozent der Kapitalanforderungen für ausländische Einheiten durch das Mutterhaus abgedeckt wurden. Diese Anhebung zielt darauf ab, die Risiken im Auslandsgeschäft stärker abzusichern und den Einfluss der Risiken auf das Gesamtinstitut zu verringern. Die schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Maßnahmen ausdrücklich unterstützt und betont, dass die gestärkten Kapitalanforderungen die Widerstandsfähigkeit von UBS wesentlich erhöhen. Durch eine größere Kapitaldecke wird das Institut besser gerüstet, potenzielle Krisen selbstständig zu bewältigen, ohne auf staatliche Rettungsmaßnahmen angewiesen zu sein. Dies ist ein klares Signal für mehr Finanzstabilität und geringere Systemrisiken im Schweizer Bankensektor.
Auf Seiten von UBS gibt es jedoch klare Bedenken und Proteste gegen den geplanten Umfang der Verschärfungen. Die Bank bezeichnet die Kapitalerhöhung als extrem und weist darauf hin, dass sie auf Grundlage ihrer bisherigen Kapitalziele insgesamt ungefähr 42 Milliarden US-Dollar zusätzliches CET1-Kapital halten müsste, was eine erhebliche Belastung darstellt. Laut UBS könnte diese Maßnahme die Wettbewerbsfähigkeit des Hauses beeinträchtigen, insbesondere im internationalen Geschäft sowie bei der Finanzierung ausländischer Aktivitäten. Die Ankündigung hat an der Börse für eine positive Reaktion gesorgt: UBS-Aktien stiegen unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorschläge um rund sechs Prozent und schlossen den Handelstag im Plus bei fast vier Prozent. Dies reflektiert das Vertrauen der Anleger, dass die erhöhte Kapitalstärke langfristig die Stabilität der Bank fördert.
Allerdings wird die Umsetzung der neuen Regelungen Zeit in Anspruch nehmen. Experten schätzen, dass eine vollständige Einhaltung erst in rund acht bis neun Jahren realistisch ist, also frühestens bis 2033 oder 2034. Die langen Übergangsfristen bieten UBS die Möglichkeit, sich schrittweise auf die neuen Bedingungen einzustellen und die erforderlichen Kapitalressourcen zu generieren. Analysten von JPMorgan heben hervor, dass UBS mit den erwarteten jährlichen Gewinnen von etwa 12 Milliarden US-Dollar und Dividenden von rund drei Milliarden US-Dollar theoretisch in der Lage sei, die Kapitallücke bis zum vollständigen Inkrafttreten zu schließen und weiterhin Aktienrückkäufe zu tätigen. Dennoch dürfte das Unternehmen unter erheblichem Druck stehen, sein Kapitalmanagement grundlegend zu überdenken und auf Effizienz zu setzen.
Die neuen Vorgaben werfen auch ein Schlaglicht auf die internationale Wettbewerbsposition von UBS. Während die Schweizer Regierung auf die Bedeutung nationaler Stabilität verweist, sehen Kritiker eine mögliche Benachteiligung gegenüber anderen globalen Banken. Gerade angesichts der umfangreichen US-Präsenz von UBS im Wealth-Management-Bereich sowie der bestehenden Herausforderungen durch handelspolitische Spannungen und Zölle könnten die höheren Kapitalanforderungen das Wachstum im Ausland verlangsamen oder verteuern. Die Diskussionen um die sogenannten „Too big to fail“-Problematik sind eng mit den neuen Kapitalrechten verknüpft. UBS sieht sich selbst nicht als systemrelevant, war jedoch gezwungen, durch die Übernahme der Credit Suisse eine bedeutende Rolle für das Schweizer Finanzsystem zu übernehmen.
Die strengeren Vorschriften spiegeln die Sorge wider, dass besonders große Banken bei einer Krise zunehmend staatliche Unterstützung benötigen könnten. Auswirkungen auf die Aktionäre von UBS sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. Die Kapitalerhöhungen schmälern die Mittel, die für Dividenden, Aktienrückkäufe und Boni zur Verfügung stehen. Analysten gehen davon aus, dass der Druck auf Renditen und Ausschüttungen wachsen wird, was das Interesse von Investoren beeinflussen kann. Diese Entwicklung könnte langfristig auch die Bewertung von UBS gegenüber europäischen und amerikanischen Banken verändern und den Bewertungsabschlag eher verfestigen.
Von politischer Seite betont Finanzministerin Karin Keller-Sutter, dass die neuen Kapitalregeln wichtiger Bestandteil zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Stabilität des Schweizer Finanzplatzes seien. Wachstum außerhalb der Schweiz werde sich durch die neuen Vorgaben zwar verteuern, doch die Maßnahmen seien notwendig, um künftige Krisen besser abzufedern. Die Regierung versucht, eine Balance zwischen Sicherheit und wirtschaftlichem Erfolg der Schweizer Großbank zu finden. Die erweiterte Kapitalunterlegung ist auch ein Signal an andere systemrelevante Banken in der Schweiz und weltweit. Die Finanzkrise von 2008 und die jüngsten Turbulenzen bei der Credit Suisse haben regulatorische Anforderungen verschärft und einen Trend zu höheren Eigenkapitalquoten und strengeren Risikomessungen ausgelöst.
UBS steht damit im Zentrum einer Transformation der Bankaufsicht, die auf längerfristige Stabilität und Vorsorge setzt. Kritiker der neuen Regeln weisen darauf hin, dass die vorgeschriebenen Kapitalerhöhungen eine Verknappung der Kreditvergabe und eine geringere Risikobereitschaft der Banken bedeuten könnten. Dies könnte sich negativ auf kleine und mittelständische Unternehmen auswirken sowie das Wirtschaftswachstum bremsen. Die Debatte zeigt einmal mehr die Herausforderung, Regulierung und wirtschaftliche Dynamik in Einklang zu bringen. Die wichtigsten Beteiligten haben bereits angekündigt, intensiv in den Konsultationsprozess einzusteigen.
UBS will aktiv an Vorschlägen mitwirken, um mögliche Alternativen und praktikable Lösungen zu erarbeiten, die eine angemessene Kosten-Nutzen-Bilanz ermöglichen. Für die Bank stellt sich die Frage, wie man trotz gestiegener Kapitalanforderungen rentable Wachstumsstrategien und attraktive Renditen für Aktionäre realisieren kann. Zusammenfassend lassen sich die geplanten Verschärfungen der Kapitalregeln in der Schweiz als ein bedeutender Wendepunkt für UBS und die gesamte finanzielle Infrastruktur verstehen. Während die maßgeblichen Akteure Stabilität und Krisensicherheit in den Vordergrund rücken, werden gleichzeitig die wirtschaftlichen Realitäten und internationalen Wettbewerbsbedingungen auf die Probe gestellt. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie der Spagat zwischen Sicherheitsbedürfnis und Innovationskraft gemeistert wird.
UBS steht vor einer Phase intensiver Anpassungen, die nicht nur die Bank selbst, sondern auch die Rolle der Schweiz als globaler Finanzplatz nachhaltig prägen werden.