Die Europäische Kommission hat erneut klargestellt, dass Apples App Store weiterhin gegen die Vorgaben der EU-Digital Markets Act, kurz DMA, verstößt. Nach einer bereits im April verhängten Geldstrafe von 500 Millionen Euro sieht sich Apple nun mit einer endgültigen Aufforderung konfrontiert, innerhalb von 30 Tagen vollumfänglich die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen umzusetzen – ansonsten drohen zusätzliche regelmäßige Strafzahlungen. Diese neuen Sanktionen und die begleitenden Verurteilungen markieren einen weiteren schweren Rückschlag für Apples Bemühungen, seine App Store-Regeln mit den europäischen Wettbewerbsvorschriften in Einklang zu bringen. Im Zentrum des Konflikts steht insbesondere Apples Umgang mit den sogenannten Anti-Steering-Beschränkungen. Diese Regelungen verbieten es App-Entwicklern, Nutzerinnen und Nutzer direkt darauf hinzuweisen, dass alternative Zahlungsmöglichkeiten außerhalb des App Stores existieren.
Dies schränkt sowohl die Kommunikation als auch die Transparenz entscheidend ein und führt dazu, dass Kunden meist auf Apples eigene Bezahlsysteme zurückgreifen müssen. Die Digital Markets Act schreibt jedoch ausdrücklich vor, dass sogenannte Gatekeeper, zu denen Apple zählt, den Entwicklern erlauben müssen, Nutzer über alternative Zahlungswege zu informieren. Entwicklern soll es zudem möglich sein, diese Optionen innerhalb ihrer Apps zu bewerben und Transaktionen auch außerhalb des App-Store-Zahlungssystems problemlos und kostenfrei abzuschließen. Apple hatte bereits zu Beginn dieses Jahres Änderungen vorgestellt und angekündigt, diese Anforderungen umzusetzen. Allerdings waren diese Anpassungen laut der Kommission in der Praxis weiterhin unzureichend.
Zum Beispiel sind Entwickler zwar berechtigt, einen Link in ihre Apps anzugeben, der auf eine externe Bezahlmöglichkeit verweist. Doch Apple schreibt vor, dass dieser Link in dem von Apple vorgegebenen Format erscheinen muss. Zudem ist das Vorbefüllen von Nutzerdaten in der URL untersagt, was die Benutzerfreundlichkeit erheblich beeinträchtigt. Weiterhin muss vor dem Öffnen solcher Links ein Warnhinweis, ein sogenanntes "Scare Sheet", angezeigt werden, der potenzielle Nutzer von einem Klick abschrecken kann. Erschwerend kommt hinzu, dass Apple auf diese externen Käufe weiterhin eine Provision von 27 Prozent erhebt – zwar etwas weniger als die regulären 30 Prozent der In-App-Käufe, aber dennoch eine erhebliche Belastung für Entwickler.
Apples Argumentation, dass der DMA lediglich vorschreibt, das Steuern zu erlauben – nicht aber technisch zu erleichtern –, wurde von der Kommission klar zurückgewiesen. Diese betonte, dass die bestehenden technischen und regulatorischen Hürden die Wirksamkeit des Gesetzes massiv untergraben würden. So entsteht der Eindruck, dass Apple zwar formal die DMA-Anforderungen erfüllen möchte, dies jedoch in der Praxis möglichst erschwert, um Kunden auf das eigene Zahlungssystem zu lenken. Kritiker sehen darin eine bewusst anti-kompetitive Strategie, die sich aus zahlreichen Einzelmaßnahmen zusammensetzt, die für sich genommen legal erscheinen mögen, zusammen aber gezielt die Absicht verfolgen, alternative Zahlungswege auszubremsen. Die Kommission warnt daher, dass Apples Vorgehen eine systematische Missachtung des europäischen Wettbewerbsrechts darstellt, die nicht länger toleriert wird.
Die Debatte um den App Store ist dabei nicht nur ein technisches oder rechtliches Thema. Vielmehr steht ein grundlegendes wirtschaftliches und innovationspolitisches Prinzip auf dem Spiel: Die Macht großer Plattformbetreiber und deren Einfluss auf Märkte und Verbraucher. Das Digital Markets Act ist ein Instrument, das diesen Machtmissbrauch durch sogenannte Gatekeeper eindämmen und fairere Wettbewerbsbedingungen schaffen soll. Apple sieht dies anders und hat die Kommissionsentscheidungen scharf kritisiert. In einer offiziellen Stellungnahme bezeichnete das Unternehmen die Maßnahmen und Strafzahlungen als „schädlich für Innovation, Wettbewerb, Produkte und Nutzer“.
Apple beklagt zudem, dass die Kommission ihre Messlatte für Compliance wiederholt verschoben und Apple bei der Entwicklung neuer Lösungen behindert habe. Während des laufenden Berufungsverfahrens will Apple weiterhin intensiv mit der Kommission kommunizieren, um im Interesse der europäischen Kunden zu argumentieren. Aus Sicht von Branchenexperten und Nutzergemeinschaften droht durch das Verhalten von Apple jedoch eine Verstärkung der regulatorischen Maßnahmen in der Zukunft. Sollte Apple keine ernsthaften Anstrengungen unternehmen, um die vollständige Einhaltung der DMA sicherzustellen, könnten weitere und noch restriktivere Gesetze entstehen, die den Einfluss von Großkonzernen deutlich beschneiden. Die Situation ist zudem ein deutliches Signal an andere digitale Gatekeeper, dass die EU bereit ist, stufenweise harte Konsequenzen durchzusetzen, wenn grundlegende Offenlegungs- und Auswahlpflichten missachtet werden.
Für Entwickler, insbesondere kleinere Unternehmen, stellt der aktuelle Zustand eine starke Belastung dar. Die hohen Gebühren und restriktiven Richtlinien begrenzen die Möglichkeiten, eigene Zahlungswege einzusetzen und den Kunden alternative Angebote transparent zu machen. Dies wirkt sich nicht nur auf die Margen aus, sondern auch auf die Innovationskraft im digitalen Ökosystem. In Summe ist die fortdauernde Auseinandersetzung zwischen Apple und der EU-Kommission ein komplexer Rechtsstreit, der exemplarisch für die Herausforderungen der neuen digitalen Regulierungen steht. Während Apple den Spagat zwischen Geschäftspolitik und regulatorischen Anforderungen versucht, achten viele Marktteilnehmer und Regulierungsbehörden genau auf die Signalwirkung dieser Entscheidungen.
Der Ausgang wird letztlich entscheidend dafür sein, wie offen und wettbewerbsfähig App-Stores und digitale Plattformen in Europa künftig gestaltet werden. Für Verbraucher ist diese Entwicklung ebenso relevant, da sich die Vielfalt der verfügbaren Apps und Zahlungsoptionen direkt auf Nutzererlebnis und Auswahlfreiheit auswirkt. Angesichts der schnell fortschreitenden Digitalisierung und der Bedeutung mobiler Anwendungen ist es wahrscheinlich, dass die Diskussionen um Apples App Store und die Einhaltung der Digital Markets Act weiterhin viel Aufmerksamkeit erhalten werden. Unternehmen, Behörden und Nutzer sind gleichermaßen gefordert, die Balance zwischen Innovation, Marktöffnung und Verbraucherschutz aktiv mitzudenken und zu gestalten.