Ross Stores, ein bedeutender Akteur im US-Einzelhandel mit seinen Marken Ross Dress for Less und DD's Discounts, sieht sich vor einer zentralen Herausforderung: Die jüngsten und anhaltenden politischen Entwicklungen in Bezug auf Handelszölle könnten die Preise für Konsumenten in naher Zukunft beeinflussen. Das Unternehmen hat während seines ersten Quartalsberichtes im Mai 2025 deutlich gemacht, dass steigende Zölle, insbesondere auf chinesische Importwaren, die eigene Rentabilität belasten und möglicherweise zu Preiserhöhungen führen könnten. Die Situation steht stellvertretend für die komplexen Zusammenhänge zwischen geostrategischen Handelsentscheidungen, Inflationsdruck und dem Druck auf Einzelhändler, attraktive Preise für Verbraucher beizubehalten. Die Handelsbeziehungen zwischen den USA und China hatten in den letzten Jahren wiederholt Schwankungen erlebt. Die Einführung hoher Zölle auf Importe aus China wurde von beiden Seiten als Antwort auf handelspolitische Spannungen implementiert.
Ursprünglich waren Zölle von bis zu 145 Prozent auf viele Waren vorgesehen, die aus China kamen, wobei China weitere 125 Prozent auf US-Güter erhob. Solche Zölle stellen für alle Akteure in der Wertschöpfungskette eine erhebliche Mehrbelastung dar, angefangen bei den Herstellern, über den Einzelhandel bis hin zu den Endverbrauchern. Im Mai 2025 kam es zu einem temporären Handelsabkommen, das die Zölle auf chinesische Importe auf 30 Prozent reduzierte, während China seine Abgaben auf US-Importe auf zehn Prozent senkte. Allerdings betonen Experten und Branchenvertreter, dass solche Vereinbarungen in der Regel befristet sind und von politischen Entwicklungen stark abhängig bleiben. Ross Stores und andere große Einzelhändler wie Walmart, Amazon und Best Buy bereiten sich daher auf eine mögliche Fortsetzung der Zollbelastungen vor und planen Maßnahmen, um auf den Druck reagieren zu können.
Das erste Quartal 2025 zeigte für Ross Stores ein insgesamt stabiles Verkaufsvolumen, obwohl der Nettogewinn leicht um rund zwei Prozent zurückging. Die Geschäftsführer des Unternehmens machten deutlich, dass tiefgreifende Unsicherheiten auf makroökonomischer und geopolitischer Ebene bestehen, die sich durch entschiedene Inflation trotz hoher Preise sowie schwankende Handelsregeln bemerkbar machen. Angesichts der Tatsache, dass etwa die Hälfte der Waren in den Ross-Geschäften aus China stammen, steht das Unternehmen vor der Herausforderung, steigende Kosten aufzufangen, ohne sofort und übermäßig an den Endkunden weiterzugeben. Um dieser Herausforderung zu begegnen, verfolgt Ross Stores eine multifaktorielle Strategie. Als eine der ersten Maßnahmen sucht das Unternehmen nach alternativen Bezugsquellen abseits von China.
Dies ist jedoch leichter gesagt als getan, denn viele Waren, die das vielfältige Angebot von Ross ausmachen, sind in China kostengünstig gefertigt und über Jahre optimiert worden. Ein vollständiger Wechsel zu anderen Produktionsstandorten erfordert Zeit, Verhandlungen mit neuen Lieferanten und möglicherweise Kompromisse bei Qualität oder Sortiment. Parallel setzt Ross darauf, mit bestehenden Lieferanten bessere Konditionen auszuhandeln. Dies beinhaltet Preisverhandlungen und Effizienzsteigerungen in der Lieferkette, um Mehrkosten zumindest teilweise zu kompensieren. CFO und COO des Unternehmens erklärten in ihren Statements, dass solche Maßnahmen bereits im zweiten Quartal 2025 greifen und kurzfristig zur Stabilisierung der Margen beitragen sollen.
Die Option, Preise an der Verkaufsfront zu erhöhen, wird bei Ross Stores mit großer Vorsicht betrachtet. Das Unternehmen möchte seine Position als „value retailer“ – also als Einzelhändler mit einem günstigen Preis-Leistungs-Verhältnis – aufrechterhalten und sich nicht als erster Händler unter Preiserhöhungsdruck darstellen. Ein zu früher oder zu starker Preisschritt könnte Kunden verschrecken und den Wettbewerbsvorteil gegenüber traditionellen Einzelhändlern untergraben. Dennoch signalisieren die Verantwortlichen, dass Preiserhöhungen unvermeidlich sein könnten, sollte die Zollbelastung langfristig auf einem hohen Niveau verbleiben. Der Verbraucher steht somit vor einem durchaus komplexen Bild: Einerseits profitieren Kunden von Ross Stores traditionell von günstigen Angeboten, die möglich sind durch effiziente Beschaffung und günstige Produktionsstandorte, vor allem in China.
Andererseits könnten aufkommende Zölle und erhöhte Importkosten zu höheren Ladenpreisen führen. Wie stark sich dieser Effekt tatsächlich auswirken wird, hängt von mehreren Variablen ab – der Entwicklung der globalen Handelspolitik, der Inflationsrate, den Anpassungen in der Lieferkette und letztlich auch vom Verhalten der Konsumenten, die auf Preisveränderungen reagieren. Für den Einzelhandel insgesamt sind solche Situationen keine Seltenheit, aber der derzeitige Kontext ist aufgrund geopolitischer Spannungen und wirtschaftlicher Unwägbarkeiten besonders herausfordernd. Einige Händler versuchen, steigende Kosten in anderer Weise abzufedern, etwa durch Optimierung der Lagerhaltung, Diversifikation beim Wareneinkauf oder durch verstärkte Investitionen in digitale Vertriebskanäle, um die Kundenerfahrung zu verbessern und Umsatzeinbußen entgegenzusteuern. Ross Stores befindet sich also an einem Scheideweg.
Das Unternehmen will seinen Kunden auch künftig ein attraktives Preisniveau bieten und verlorenes Vertrauen durch Preiserhöhungen vermeiden. Gleichzeitig ist die Lage so, dass allein die Nichtweitergabe der Mehrkosten die eigenen Margen deutlich schmälern könnte. Dies stellt ein klassisches Dilemma im modernen Einzelhandel dar und zeigt, wie stark einzelne Wirtschaftsfaktoren mit politischem Handeln verbunden sind. Der Blick nach vorn zeigt, dass Verbraucher in den USA in den kommenden Monaten besonders aufmerksam die Preisentwicklung beobachten sollten. Ob sich die leichte Preisdämpfung erstreckt oder ob Zölle und Inflation zu Preisanstiegen führen, ist derzeit schwer vorherzusagen.