Die Food and Drug Administration (FDA) hat kürzlich angekündigt, dass aktualisierte Covid-19-Impfstoffe im Herbst 2025 voraussichtlich für gesunde Kinder und Erwachsene nicht erhältlich sein werden. Diese Entscheidung markiert einen wesentlichen Wandel in der amerikanischen Impfstoffstrategie und basiert auf neuen regulatorischen Vorgaben, die eine strengere Zulassungspraxis für Covid-Impfstoffe einführen. Die Änderung hat weitreichende Auswirkungen auf den Zugang zu Auffrischimpfungen sowie die zukünftige Ausrichtung der Impfrichtlinien in den USA. Während ältere Menschen und Personen mit Vorerkrankungen weiterhin Anspruch auf Covid-Impfungen haben, stellt die FDA die bisherige Praxis der jährlichen Impfstoffaktualisierung in Frage. Die Hintergründe, Gründe und die Folgen dieser Entscheidung sollen im Folgenden umfassend erläutert werden.
Die FDA – als federführende Behörde für Arzneimittelzulassungen in den USA – veröffentlichte einen wissenschaftlichen Aufsatz im New England Journal of Medicine, in dem die neuen Anforderungen für die Zulassung aktualisierter Covid-19-Impfstoffe detailliert beschrieben werden. Demnach müssen künftige Impfstoff-Varianten einer sogenannten placebokontrollierten klinischen Prüfung unterzogen werden. Das bedeutet, dass in klinischen Studien ein Teil der Teilnehmer eine tatsächliche Impfung erhält, während die Kontrollgruppe mit einem Placebo, beispielsweise einer Kochsalzlösung, geimpft wird. Diese robuste Studienmethode soll anhaltende Zuverlässigkeit und die Wirksamkeit neuer Impfstoffe belegen. Bisher hatte die FDA die Zulassung von Covid-Booster-Impfstoffen ähnlich wie bei den saisonalen Grippeimpfungen handhabt, wobei die Hersteller auf kleinere Immunogenitätsstudien setzen konnten, die lediglich die Antikörperantwort gegenüber neuen Virusvarianten messen.
Die nun eingeführte Pflicht zu placebokontrollierten Studien ist deutlich aufwendiger, zeitintensiver und dadurch für Hersteller wie Pfizer und Moderna eine erhebliche organisatorische Herausforderung. Die Umsetzung dieser neuen Zulassungsregeln wird es kaum möglich machen, die klinischen Studien, Datenanalyse und behördliche Prüfung rechtzeitig für eine breitere Impfkampagne im Herbst 2025 abzuschließen. Dies gilt vor allem für gesunde Personen ohne Vorerkrankungen, die bisher routinemäßig jährliche Auffrischungen erhalten haben. Erfahrene Impfstoffexperten innerhalb der FDA, wie Dr. Vinay Prasad, der neue Leiter der Impfstoffabteilung, plädieren dafür, die Impfstoffaktualisierung nicht mehr starr nach einem Kalenderjahr durchzuführen.
Vielmehr soll die Wissenschaft – sprich reale Infektionswellen, Virusmutationen und klinische Daten – künftig darüber entscheiden, wann eine Aktualisierung notwendig ist. Diese Abkehr von der bisherigen jährlichen Routine ähnelt eher einer Ereignis- oder bedarfsorientierten Impfstrategie als der konsequenten jährlichen Anwendung, wie es bei der Grippeimpfung der Fall ist. Wichtig ist hierbei, dass die neuen Vorgaben Ausnahmen für bestimmte Personengruppen zulassen. Ältere Menschen ab 65 Jahren und Personen mit medizinischen Risikofaktoren – etwa chronischen Erkrankungen wie Diabetes, Herzleiden, Asthma oder auch psychischen Leiden – können weiterhin aktualisierte Covid-Impfstoffe auf Basis der kleineren Immunogenitätsstudien erhalten. Schwangere Frauen gehören ebenfalls zu den ausgewiesenen Risikogruppen mit Impfempfehlung.
Die FDA schätzt, dass etwa 100 bis 200 Millionen Menschen in den USA zu diesen Risikogruppen gehören und damit weiterhin Zugang zu Impfungen haben werden. Die Entwicklung steht in engem Zusammenhang mit neuen politischen Vorgaben aus dem US-Gesundheitsministerium (HHS), deren Leitung Robert F. Kennedy Jr. übernommen hat. Kennedy ist bekannt als umstrittener Impfkritiker und hat bereits mehrfach öffentlich gegen die Covid-19-Impfstoffe Stellung bezogen.
Seit Anfang 2025 hat er eine deutlich restriktivere Regulierung der Impfstoffzulassung durchgesetzt und fordert umfassendere klinische Studien. Diese politischen Entscheidungen beeinflussen maßgeblich die FDA-Richtlinien, wie die jüngste Ankündigung zeigt. Kritiker der neuen FDA-Strategie warnen, dass dadurch der Impfstoffzugang für gesunde Erwachsene und Kinder unnötig eingeschränkt werde. Sie argumentieren, dass das Risiko einer Covid-Erkrankung zwar für viele Menschen gering sei, das Virus jedoch bei Infektionen weiterhin schwere Verläufe und Long-Covid verursachen könne – auch bei Jüngeren ohne bekannte Vorerkrankungen. Zudem steht die Möglichkeit einer Community-Immunität und eines verbesserten Schutzes für Angehörige in Gesundheitsrisiken unterstellten Gruppen auf dem Spiel.
Die FDA-Vertreter hingegen pochen darauf, dass sich Empfehlungen und Verfügungen an evidenzbasierten Daten orientieren müssen und eine breite Impfkampagne jenseits definierter Risikogruppen nicht ausreichend validiert sei. Zudem zeigen Daten, dass die Impfbereitschaft für Covid-Booster in der Bevölkerung, ähnlich wie bei Grippeimpfungen, trotz jahrelanger Verfügbarkeit niedriger als erhofft ist. Beispielsweise lassen sich rund 25 Prozent der US-Bevölkerung jährlich gegen Covid impfen, während etwa 75 Prozent der Beschäftigten im Gesundheitswesen jährlich gegen Grippe geimpft werden. Die bisherigen Impfstrategien griffen häufig auf eine pauschale Herangehensweise zurück, bei der der breite Bevölkerungsschutz oberste Priorität hatte. Die neue FDA-Richtlinie markiert eine Abkehr von dieser Strategie hin zu einem mehr zielgerichteten Ansatz, der auf differenzierten Risikobewertungen basieren soll.
Die anstehende Sitzung des Impfstoffausschusses der FDA ist von großer Bedeutung, weil dort die Strategien für die Zusammensetzung der nächsten Covid-19-Impfstoffe diskutiert werden. Die Auswahl der Virusvarianten, gegen die der Impfstoff wirkt, soll angepasst werden, um die Wirksamkeit in der kalten Jahreszeit zu erhöhen. Dennoch ist fraglich, ob die nötigen Studien mit den neuen Zulassungsvorgaben rechtzeitig abgeschlossen werden können, um eine breite Auslieferung im Herbst zu gewährleisten. Für Impfstoffhersteller bedeutet die neue Regulierungslandschaft eine erhebliche Umstellung, sowohl was die Planung und Durchführung von klinischen Studien angeht als auch bezüglich der Zulassungs- und Markteinführungstermine. Neben Pfizer und Moderna steht auch Novavax, dessen Impfstoff kürzlich von der FDA zugelassen wurde, vor diesen Herausforderungen.
Allerdings begrenzt die FDA bereits die Anleitung für Novavax auf ältere und Risikopatienten, was praktisch die Zielgruppe einkreist und die Impfstoffnutzung bei gesunden Personen stark einschränkt. Auch Experten wie Dr. Paul Offit betonen, dass trotz niedriger Erkrankungsrisiken niemand von einer Covid-19-Infektion völlig geschützt sei. Hospitalisierungen und Todesfälle träten auch bei sogenannten „low risk“-Personen auf, weshalb eine differenzierte Impfempfehlung sinnvoll bleibt. Gleichzeitig äußern sich Kritiker kritisch gegenüber dem direkten Eingriff der FDA in Entscheidungsprozesse, die bisher eher dem unabhängigen Advisory Committee on Immunization Practices (ACIP) der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) vorbehalten waren.
Die aktuelle Entwicklung hat Diskussionen über die Rolle regulatorischer und politischer Einflüsse bei der Impfstoffstrategiefindung ausgelöst. Die Zukunft der Covid-19-Impfung wird von diesem Kurswechsel geprägt sein. Die ausgewogene Abwägung zwischen wissenschaftlicher Evidenz, öffentlicher Gesundheit und individuellen Schutzbedürfnissen bleibt eine Herausforderung. Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass Covid-19-Impfstoffe für gesunde Personen im Herbst 2025 nur eingeschränkt oder gar nicht verfügbar sein werden, während Risikogruppen weiterhin Zugang haben. Diese Neuorientierung könnte zu einer stärkeren Fokussierung auf den Schutz vulnerabler Gruppen führen und die Impfkampagnen verändert ausrichten.
Die Bevölkerung ist aufgerufen, die neuen Empfehlungen aufmerksam zu verfolgen und bei Unsicherheiten ärztlichen Rat einzuholen. Die kommende Impfstoffausschusssitzung der FDA wird weitere Klarheit über die praktische Umsetzung und Impfempfehlungen bringen. Bis dahin sorgt die neue Regelung für Diskussionen über die optimale Balance zwischen Schutz, Freiheit und evidenzbasiertem Vorgehen im Umgang mit Covid-19.