Der Übergang in den Ruhestand ist für viele Menschen ein bedeutender Lebensabschnitt, der nicht nur finanzielle, sondern auch emotionale und organisatorische Veränderungen mit sich bringt. Besonders für Paare stellt sich häufig die Frage, ob beide Partner gleichzeitig in Rente gehen sollten oder ob es sinnvoller ist, den Eintritt in den Ruhestand zu staffeln. Laut aktueller Forschung von Ameriprise Financial entscheiden sich die meisten Paare, ihre Renteneintritte um mindestens ein Jahr zu versetzen. Nur etwa elf Prozent gehen tatsächlich gleichzeitig in den Ruhestand. Doch welche Gründe sprechen dafür, dass Ehepaare diesen Weg wählen – und wie profitieren sie langfristig davon? Ein genauerer Blick auf die wichtigsten Aspekte zeigt, warum ein gestaffelter Renteneintritt nicht nur finanziell, sondern auch in Hinblick auf Lebensqualität und Sicherheit vorteilhaft sein kann.
Ein entscheidender Faktor bei der Entscheidung für einen zeitversetzten Ruhestand ist das Potenzial zur Maximierung der Sozialversicherungsleistungen. In Deutschland, ähnlich wie in den USA, beeinflusst der Zeitpunkt des Renteneintritts die Höhe der monatlichen Rentenzahlungen maßgeblich. Wer vorzeitig seine Rente beansprucht, bekommt in der Regel Mindestrente, während ein Aufschub höhere monatliche Beträge zur Folge hat. Indem ein Partner später in Rente geht, kann dieser so länger Beiträge einzahlen und damit die Höchstbeträge der Sozialversicherung ausschöpfen. Zudem bietet es dem anderen Partner die Möglichkeit, die eigene Rente bereits zu beziehen, wodurch sich insgesamt die finanziellen Vorteile über die gemeinsame Lebenszeit erhöhen.
Diese Strategie wirken sich positiv auf die finanzielle Basis des Paares aus und entlastet den gemeinsamen Haushalt durch eine stabilere Einkommenssituation. Neben der Maximierung der Sozialversicherungsleistungen eröffnet ein versetzter Renteneintritt zusätzliche Möglichkeiten zum Sparen. Der Übergang vom aktiven Erwerbsleben in die Phase der Entnahmen aus dem angesparten Kapital ist für viele Ruheständler herausfordernd. Nicht selten fühlt man sich unsicher, wie lange die Ersparnisse tatsächlich reichen werden. Wenn ein Partner noch arbeitet – auch nur in Teilzeit – muss das Ersparte nicht sofort angegriffen werden.
Stattdessen können weiterhin Beiträge für die Altersvorsorge eingezahlt werden, sei es direkt in die Rentenversicherung, private Rentenfonds oder andere Formen der Geldanlage. Zudem hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, betriebliche Altersvorsorgeansprüche weiter auszubauen und eventuelle Steuervorteile in Anspruch zu nehmen. So bleibt die finanzielle Lage länger stabil und der Übergang in die reine Ausgabenphase kann kontrollierter und entspannter gestaltet werden. Ein weiterer wichtiger Grund, weshalb Paare mit unterschiedlichen Zeitpunkten für den Ruhestand gute Erfahrungen machen, ist die Anpassung an die veränderte Lebenssituation und die damit verbundenen Herausforderungen. Das erste Jahr im Ruhestand gilt allgemein als die schwierigste Phase, gerade, wenn beide Partner sich gleichzeitig neu orientieren müssen.
Oft ändern sich Gewohnheiten und monatliche Ausgaben plötzlich stark – von der Mobilität bis zu Hobbys und sozialen Kontakten. Ein Partner weiterhin im Erwerbsleben bietet nicht nur ein stabiles Einkommen, sondern kann auch dafür sorgen, dass die gemeinsamen finanziellen Entscheidungen weniger abrupt und stressig ausfallen. Diese schrittweise Anpassung erleichtert die Budgetplanung und verhindert übereilte Ausgaben, die den Ersparnissen schaden könnten. Die Statistik untermauert dabei die Sorgen vieler Paare: Nur knapp ein Drittel fühlt sich sicher, dass die Ersparnisse bis ans Lebensende ausreichen. Ein weiteres Drittel ist unsicher, wie mit den Reserven umgegangen werden sollte.
Ein kontinuierlicher Einkommenszugang durch einen Partner im Berufsleben trägt maßgeblich dazu bei, diese Befürchtungen zu mindern und sorgt für ein beruhigendes finanzielles Polster. Auch psychologisch kann es eine große Stütze sein, wenn zumindest einer noch in einem gewohnten Rhythmus arbeitet, was den sonst oft empfundenen Bruch mit dem Berufsleben abfedert. Darüber hinaus sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass Menschen heute im Schnitt deutlich älter werden als frühere Generationen. Die Wahrscheinlichkeit, ein hohes Lebensalter von 90 oder sogar 95 Jahren zu erreichen, ist heute erheblich gestiegen. Diese demografische Entwicklung erfordert eine langfristige Planung, die oft überraschend viele Jahre umfasst.
Ein gestaffelter Ruhestand schafft zusätzlichen zeitlichen Spielraum für weitere Einkünfte, anhaltende Vorsorge und finanzielle Sicherheit in der langen Lebensphase jenseits der klassischen Pensionierung. Zuletzt wirkt sich der unterschiedliche Renteneintritt auch auf die Lebensqualität aus. Wer den Schritt zuerst wagt, hat die Möglichkeit, die freie Zeit individuell zu gestalten und möglicherweise neue Interessen zu entdecken. Der Partner im Berufsleben gewinnt Zeit, sich langsam auf die neue Situation vorzubereiten, ohne sich abrupt von der Routine zu verabschieden. Außerdem kann die Tätigkeit im Beruf dazu beitragen, geistig aktiv zu bleiben und soziale Kontakte aufrechtzuerhalten – beides wichtige Faktoren für die mentale und körperliche Gesundheit im Alter.