Vietnam hat einen bedeutenden Schritt in der Entwicklung seines Kryptowährungsmarktes vollzogen und damit die langjährige regulatorische Unsicherheit endgültig beendet. Am 14. Juni 2025 verabschiedete die vietnamesische Nationalversammlung mit großer Mehrheit das Gesetz zur Digitaltechnologieindustrie, das ab dem 1. Januar 2026 in Kraft tritt. Es handelt sich dabei um ein weitreichendes gesetzliches Rahmenwerk, das digitale Vermögenswerte erstmals offiziell anerkennt, reguliert und in die nationale Wirtschaftsstrategie integriert.
Mit dieser Maßnahme setzt Vietnam ein deutliches Zeichen für die Zukunft des digitalen Finanzwesens, nicht nur im eigenen Land, sondern für die gesamte Region Südostasien. Bislang befand sich Vietnam in einer sogenannten Krypto-Grauzone, die durch mangelnde Klarheit bei regulatorischen Vorgaben gekennzeichnet war. Diese Situation hemmte das Wachstum institutionalisierten Interesses, sorgte für Unübersichtlichkeit bei privaten Anlegern und schränkte die Möglichkeiten von Startups und Entwicklern im Blockchain-Bereich ein. Mit rund 17 Millionen Krypto-Nutzern, die ein geschätztes Volumen von 100 Milliarden US-Dollar an digitalen Assets halten, zählt Vietnam zu den weltweit führenden Ländern im Bereich der Kryptoadoption. Dennoch fehlte es bislang an einem verlässlichen Regelwerk, das dieses enorme Potenzial systematisch fördern und gleichzeitig Risiken minimieren könnte.
Das neue Gesetz setzt auf eine klare und differenzierte Einordnung digitaler Vermögenswerte in zwei Hauptkategorien: Krypto-Assets und virtuelle Vermögenswerte. Krypto-Assets umfassen dabei Token mit finanziellen Funktionen, die strengen Auflagen wie Lizenzierung, Kapitalanforderungen sowie Know-your-Customer- und Anti-Geldwäsche-Regeln unterliegen. Virtuelle Vermögenswerte hingegen, die nicht-finanzielle digitale Güter wie In-Game-Token oder Bonuspunkte darstellen, werden mit einem leichteren Regulierungsrahmen behandelt. Diese Zweiteilung spiegelt Vietnams Bemühen wider, einerseits Innovationskraft und technologische Entwicklung zu fördern und andererseits eine wirksame Kontrolle und Stabilität des Finanzsystems zu gewährleisten. Ein zentrales Element des neuen Gesetzes ist die Einführung eines Lizenzierungssystems für Krypto-Börsen.
Betreiber müssen zukünftig bestimmte Kapitalanforderungen erfüllen, eine physische Niederlassung im Land unterhalten und strenge Compliance-Vorgaben befolgen. Unlizenzierte Aktivitäten werden mit empfindlichen Geldstrafen belegt. Die Umsetzung ergänzender Unterverordnungen wird in den kommenden Monaten erwartet und wird weitere Details zu steuerlichen Regelungen, technischen Sicherheitsstandards und zur Behandlung von dezentralisierten Finanzplattformen (DeFi) liefern. Auch der Umgang mit Stablecoins wird im Fokus der regulatorischen Ausgestaltung stehen. Die Gesetzgebung ist auch eine Antwort auf internationalen Druck.
Vietnam wurde 2023 vom Financial Action Task Force (FATF) auf die sogenannte „Grey List“ gesetzt aufgrund von Mängeln bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Diese Einstufung hatte spürbare Folgen für die internationale Finanzintegration Vietnams, unter anderem eine eingeschränkte Cross-Border Kapitalflussfreiheit. Mit der Einführung FATF-konformer Sicherheitsstandards in der Krypto-Regulierung signalisiert Hanoi die klare Absicht, diese geforderte Aufwertung der Compliance zu vollziehen und rasch von der „Grey List“ gestrichen zu werden. Die wirtschaftlichen Ambitionen Vietnams sind dabei weitreichend. Das Land strebt nicht nur eine vollständige Einbindung des Krypto-Marktes in das bestehende Finanz- und Rechtssystem an, sondern möchte auch zu einem führenden Innovationsstandort in der Blockchain-Technologie werden.
Aus diesem Grund enthält das Gesetz verschiedene Anreize, darunter Steuervergünstigungen für Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die Schaffung von Blockchain-Pilotprogrammen sowie Subventionen für hochqualifizierte Fachkräfte aus dem Technologiesektor. Die Aussicht auf derartige Förderungen soll gezielt junge Talente und internationale Investoren anziehen und somit die Grundlage für nachhaltiges Wachstum des digitalen Ökosystems schaffen. Das Potential für Vietnam auf dem asiatischen Kryptomarkt ist enorm. Die Region Südostasien wächst rapide in ihren digitalen Finanzaktivitäten, angeführt von Ländern wie Singapur und Thailand. Mit seiner jungen, technikaffinen Bevölkerung, einem florierenden Entwicklernetzwerk und den neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen könnte Vietnam bald zu einem der wichtigsten Krypto-Hubs in der ASEAN-Region avancieren.
Diese Entwicklung wird auch von der lokalen Fintech-Szene begrüßt, die sich nun sicherer fühlt und in der Lage ist, Innovationen ohne rechtliche Risiken umzusetzen. Trotz aller positiven Ansätze bleiben einige Herausforderungen bestehen. Die kürzlich verabschiedeten Regularien sind relativ breit gefasst und lassen viele Details noch offen. Es wird essentiell sein, wie schnell und effektiv die ergänzenden Unterverordnungen umgesetzt werden und wie die Kontrollbehörden ihre Kapazitäten aufbauen. Auch die internationale Zusammenarbeit bei grenzüberschreitender Aufsicht ist von großer Bedeutung, da digitale Vermögenswerte naturgemäß globale Märkte bedienen.
Zudem steht die Gestaltung der Besteuerung im Fokus vieler Anleger und Unternehmen – hier wird Transparenz und Fairness erwartet, um die breite Nutzung weiter anzutreiben. Das Inkrafttreten der Gesetzgebung zum 1. Januar 2026 bietet allen Marktteilnehmern einen klar definierten Zeitraum zur Umstellung und Einhaltung der neuen Vorschriften. Beobachter rechnen daher mit einem deutlichen Anstieg an Neuregistrierungen von Unternehmen, der Schaffung neuer Arbeitsplätze im Krypto-Sektor sowie einer Zunahme von Partnerschaften zwischen lokalen Akteuren und internationalen Investoren bereits im vierten Quartal 2025. Abschließend lässt sich sagen, dass Vietnam mit seinem neuen Digitale Vermögenswerte-Gesetz eine wegweisende Entscheidung getroffen hat.
Das Land verabschiedet sich nicht nur von einer Phase regulatorischer Unsicherheit, sondern legt mit einem durchdachten, zukunftsorientierten Rahmen die Basis für nachhaltiges Wachstum, technologische Innovation und internationale Wettbewerbsfähigkeit im Finanzbereich. Diese Entwicklung wird nicht nur das vietnamesische Krypto-Ökosystem verändern, sondern könnte auch als Beispiel für andere Schwellenländer dienen, die sich auf den Weg in eine regulierte digitale Finanzwelt begeben möchten. Der Fokus auf Regulierung statt Verbot macht deutlich, dass Vietnam die Chancen der Digitalisierung aktiv nutzt und sich als aufstrebender Player auf der globalen Krypto-Bühne positioniert.