Südkorea steht im Jahr 2025 vor einer entscheidenden politischen Wegmarke, denn am 3. Juni wird ein neuer Präsident gewählt. Inmitten dieses intensiven und emotional geladenen Wahlkampfs hat Lee Jae-myung, der aktuelle Spitzenkandidat der Opposition, offiziell seine Präsidentschaftskandidatur eingereicht. Seine Ankündigung erfolgte gegen den Hintergrund politischer Turbulenzen, allen voran die Absetzung des ehemaligen Präsidenten Yoon Suk Yeol, die nach einer umstrittenen Verlängerung des Kriegsrechts bestätigt wurde. Lee tritt an mit dem Versprechen, die soziale Spaltung zu überwinden und die wirtschaftliche Erholung Südkoreas mit einer Reihe ambitionierter Maßnahmen voranzutreiben.
Lee Jae-myung versteht die steigende wirtschaftliche Polarisierung als Hauptursache gesellschaftlicher Spannungen sowie als Quelle politischer Instabilität im Land. Mit einem klaren Fokus auf soziale Gerechtigkeit kündigt er eine Politik an, die ganz auf die Verringerung der Ungleichheit abzielt. Dabei will er nicht nur eine Umverteilung der Ressourcen fördern, sondern auch in Zukunftstechnologien und die Entwicklung junger Talente investieren, um langfristig das wirtschaftliche Wachstum Südkoreas zu sichern und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Neben dem sozialen Aspekt stellt Lee die Wiederbelebung der südkoreanischen Wirtschaft bewusst in den Mittelpunkt seines Wahlkampfes. Er sieht die Stärkung der Tech-Branche, insbesondere der Halbleiterindustrie, als Schlüssel zur Sicherung der globalen Wettbewerbsfähigkeit des exportorientierten Landes.
Ihr wirtschaftlicher Erfolg hängt maßgeblich von geopolitischen Beziehungen und Handelsabkommen ab, weshalb Lee auch eine pragmatische und realistische Außenpolitik betont. Kritiker aus dem konservativen Lager befürchten, dass Lees Rückkehr an die Macht die engen Beziehungen zu den USA beeinträchtigen und die beginnende Annäherung an Japan gefährden könnte. Diese Vorwürfe weist Lee jedoch entschieden zurück und betont, dass die nationale Strategie vor allem auf dem Wohl Südkoreas basieren wird, wobei die Zusammenarbeit mit den regionalen Partnern USA und Japan weiter optimiert werden soll. Lee verdeutlicht, dass das südkoreanisch-amerikanische Bündnis trotz der wechselhaften internationalen Lage ein stabiler Anker bleibt. Er signalisiert die Absicht, Verhandlungen mit den USA hinsichtlich Handelszöllen behutsam zu führen, da diese für die Exportwirtschaft des Landes von herausragender Bedeutung sind.
Die aktuelle politische Situation zeigt, dass Lee, der 61 Jahre alt ist und bei der letzten Präsidentschaftswahl 2022 in einem historisch knappen Rennen gegen Yoon verloren hatte, eine bemerkenswerte politische Wiederauferstehung erlebt hat. Seine Führung der Demokratischen Partei und der damit verbundene überwältigende Wahlerfolg bei den Parlamentswahlen unterstreichen sein starkes Profil bei den weiter liberal orientierten Wählern in Südkorea. Um sich voll und ganz auf seinen Wahlkampf konzentrieren zu können, trat Lee kürzlich von seinem Amt als Vorsitzender der Hauptoppositionspartei zurück. Seine Popularität spiegelt sich auch in aktuellen Umfragen wider. Eine Gallup Korea-Umfrage vom 4.
April zeigt Lee mit 34 Prozent der Zustimmungen als Spitzenreiter, während sein konservativer Gegenkandidat, der frühere Arbeitsminister Kim Moon-soo, lediglich auf 9 Prozent kam. Auf der Seite der regierenden People Power Party (PPP) ist das Feld derzeit noch fragmentiert. Die Partei plant, ihren Kandidaten im Mai durch eine Vorwahl zu bestimmen. Neue Kandidaten wie der ehemalige Parteiführer Han Dong-hoon, welcher sich im Dezember 2023 von Präsident Yoon distanzierte und dessen Amtsenthebung unterstützte, sind in den Ring eingestiegen. Daneben scharren weitere bekannte Persönlichkeiten wie der Bürgermeister von Seoul, Oh Se-hoon, und das PPP-Mitglied Ahn Cheol-soo mit den Hufen.
Trotz dieser Bandbreite an Bewerbern bleibt es fraglich, ob jemand außer Lee tatsächlich die nennenswerte Anzahl an Unterstützern hinter sich versammeln kann. Lees programmatische Versprechen gehen über die Wirtschaftspolitik hinaus und umfassen auch soziale Reformen. Insbesondere die Frage der sozialen Ungleichheit, die durch rasche wirtschaftliche Veränderungen und politische Spannungen verschärft wurde, steht im Fokus seiner geplanten Amtszeit. Lee plant, diese Herausforderung aktiv anzugehen, indem er sozial benachteiligte Gruppen unterstützt und gleichzeitig für mehr Chancengleichheit sorgt. Die Kombination aus wirtschaftlichem Wachstum und sozialer Gerechtigkeit soll dazu beitragen, die gesellschaftlichen Spaltungen zu verringern und die politische Stabilität Südkoreas zu erhöhen.
Außenpolitisch könnte Lees Amtsantritt für einen pragmatischeren Ansatz stehen. Insbesondere im Umgang mit den USA und Japan sieht er die Notwendigkeit, sowohl die traditionellen Bündnisse zu wahren als auch gleichzeitig die nationale Unabhängigkeit Südkoreas zu stärken. Dies ist vor dem Hintergrund der derzeitigen globalen Spannungen und der komplexen geopolitischen Lage der koreanischen Halbinsel eine anspruchsvolle Herausforderung. Die Präsidentschaftswahl wird bedeutsam sein, nicht nur für Südkorea selbst, sondern auch für die gesamte Region Ostasien. Lees Fokus auf technologische Investitionen, soziale Ausgewogenheit und diplomatische Balance könnte prägend für die nächsten Jahre sein.
Angesichts der Breite der Herausforderungen - von wirtschaftlicher Erholung, sozialem Zusammenhalt bis hin zu internationaler Zusammenarbeit - haben die Wähler eine Wahl, die großen Einfluss auf die Zukunft ihres Landes haben wird. Letztlich verspricht Lee Jae-myung, mit seiner Kandidatur eine Vision von einem modernen, wirtschaftlich starken und gesellschaftlich gerechten Südkorea zu verwirklichen. Die kommenden Monate werden zeigen, ob er die Unterstützung der Mehrheit der Bevölkerung gewinnen kann, um diese ehrgeizigen Ziele umzusetzen und damit eine neue politische Ära einzuleiten.